Martin Föll hat die Biogasanlage 2020 übernommen und möchte damit künftig mehr Energie produzieren. Foto: avanti

Die Leistung der Beilsteiner Biogasanlage soll hochgefahren werden. Zudem wird nur noch Bio-Material verarbeitet. Die Anlieferungswege treiben die Stadt um.

Beilstein - Wer Martin Föll ein bisschen kennt, weiß: Der Mann macht keine halben Sachen. Im Sauserhof hat er über die Jahre einen der wohl größten Geflügelhöfe im Landkreis Ludwigsburg aufgebaut, auf dem auch längst eine Biogasanlage läuft. Am Oberstenfelder Lichtenberg will er nun eine von seiner Tochter geführte Dependance schaffen mit zwei weiteren Hühnerställen. In Beilstein hat er zudem im September 2020 die Biogasanlage am Feldweg Richtung Ilsfeld übernommen. Und eben diese Anlage möchte er jetzt aufrüsten: Statt 1,7 Millionen Kubikmeter Gas pro Jahr wie bisher sollen künftig auf dem Gelände fast 2,3 Millionen Kubikmeter produziert werden. Das Landratsamt habe bereits seine Zustimmung in Aussicht gestellt, sagt Föll.

Keine Umbauten erforderlich

Baulich, beteuert der Landwirt, müsse dazu nichts auf dem Grundstück verändert werden. Die zusätzlichen Gärreste, die nach der Energieerzeugung übrig bleiben, könne er auf seinem Heimatdomizil im Sauserhof lagern. Dort habe er noch Spielraum. Klar ist aber, dass es bei der Strommenge, die von der Anlage ins öffentliche Netz eingespeist wird, einen deutlichen Sprung nach oben gibt.

Aktuell liefert die Konstruktion pro Jahr etwa 3,8 Millionen Kilowattstunden, bald schon sollen es 5,1 Millionen sein. „Damit können rund 1500 Haushalte mit Strom beliefert werden. Das wären etwa zwei Drittel von Beilstein“, erklärt Föll. Außerdem ließen sich nach der Erweiterung der Kapazitäten etwa 4200 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen – und damit rund 1000 Tonnen mehr als bislang. Föll weist zudem darauf hin, dass in der Biogasanlage aus Gras, Dung und Co. nicht nur Strom gewonnen wird, sondern auch Abwärme entsteht. Diese fließe in ein Nahwärmenetz in Ilsfeld.

Landwirt hat die Anlage zertifizieren lassen

Für die Konstruktion in der Langhansstadt hat der Landwirt nun auch eine Bio-Zertifizierung in der Tasche. Aus der Biogasanlage wird dadurch gewissermaßen eine Bio-Biogasanlage. Bedeutet: Das Material, das in den Großbehältern vergärt, muss bestimmte ökologische Maßstäbe erfüllen. Die Gülle dürfe zum Beispiel nicht von Bauern stammen, die einen bestimmten Grenzwert bei der Haltung von Kühen pro Hektar überschreiten und damit quasi in die Kategorie Industriebetrieb fielen, erklärt Föll. Die Gärreste könnten nach der Umstellung auf das grüne Label dann wieder bei Partnern ausgebracht werden, die sich der nachhaltigen Bewirtschaftung verschrieben und ein Öko-Siegel haben. Im Prinzip habe man auch bislang schon die erforderlichen Kriterien erfüllt, nun sei es aber auch verbrieft. Von Vorteil ist das Prädikat nicht zuletzt für den geplanten Bio-Hühnerhof beim Lichtenberg. Von dort kann zum Beispiel der Mist, den das gefiederte Getier produziert, angeliefert werden. Die nicht mehr stinkenden Gärreste sollen umgekehrt auch wieder an dem neuen Standort bei Oberstenfeld ausgebracht werden, womit den Böden frischer Nährstoff zugeführt wird. Ziel ist unterm Strich, einen nachhaltigen Kreislauf entstehen zu lassen.

Verkehr beschäftigt den Gemeinderat

Der hat aber auch einen Pferdefuß. Denn all das zieht Transportwege nach sich. Ein Thema, das auch dem Beilsteiner Gemeinderat seit jeher im Zusammenhang mit der Biogasanlage im Magen liegt. So erteilte das Gremium nun zwar der immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung für die Erweiterung der Anlage mehrheitlich seinen Segen, allerdings habe man dem Betreiber auch eine Auflage mit auf den Weg gegeben, sagt Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld. Demnach müsse in der Bahnhofstraße der Verkehr von und zu der Biogasanlage möglichst reduziert werden. Dahinter stecke die Absicht, die Zahl der Fahrten durch die Innenstadt zu minimieren, erläutert die Rathauschefin. Das Anliegen sei auch vonseiten der Bürger an sie herangetragen worden. „An der Bahnhofstraße steht eine Verdichtung der Wohnbebauung an. Es geht auch um den Sicherheitsaspekt. Es wird versucht, die Bahnhofstraße zu entlasten“, erläutert sie.

Teil des Materials wird vor Ort hergestellt

Martin Föll versichert, dass er diesem Anliegen nachkommen will. Ganz vermeiden lasse es sich jedoch nicht, dass Materialien für die Biogasanlage über die Bahnhofstraße angeliefert werden. Sonst müssten die Transporter aus Richtung Schmidhausen zu große Umwege in Kauf nehmen. Aber von dort kämen ohnehin lediglich rund 20 Prozent aller Fahrten, betont der Landwirt. Das restliche Gros der Lieferungen stamme aus Richtung Abstetter Hof und Ilsfeld-Auenstein. Ein Teil des benötigten Natur-Treibstoffs für die Anlage wird sogar vor Ort generiert: Föll hält auf dem Hof rund 45 Limpurger Rinder. Gülle und Mist der uralten württembergischen Rasse wandern in die Gärbehälter.

Insgesamt, betont Föll, würden die Straßen trotz der Erweiterung der Anlage künftig sogar weniger stark belastet. Genehmigt seien bis dato 675 Fahrten pro Jahr, anfallen würden aber nun 594. Der Rückgang liege daran, dass mit einem Schlepper sechs Tonnen mehr Ladung von A nach B befördert werde als in früheren Zeiten.

Futter für die Anlage

Tonnen
Rund 30 Tonnen Material sollen künftig pro Tag in die Beilsteiner Biogasanlage von Martin Föll wandern, die im Schnitt etwa 600 Kilowatt pro Stunde leistet. Verwendet werde Rindergülle, Pferdemist, Mais, viel Gras, aber auch die Durchwachsene Silphie. „Das ist eine interessante Energiepflanze, die viel für die Insekten bringt und sich in Methan umwandeln lässt“, erläutert Föll.

Stromerzeugung
Die Ausgangsmasse wird gehäckselt und verdichtet, ehe eine Tagesration in den so genannten Fütterer gelangt, von wo aus es weiter in den Fermenter geht, wo die Gasproduktion startet. Am Ende des Prozesses fallen auch flüssige und feste Gärreste an, die von einem Separator getrennt und später auf die Felder zum Düngen aufgebracht werden. Wann welche Menge Strom produziert wird, hänge von der jeweiligen Vergütung am Markt ab, erläutert Föll. Wenn die finanziellen Erträge niedrig sind oder wie nachts wenig Energie benötigt werde, sei der Motor aus.