Beim Beilsteiner Weinbergfest Wie weit dürfen Kräfte gehen? Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Ein Gast des Weinbergfestes wird ausgesperrt, gelangt trotzdem hinein und wird mit Handschellen gefesselt.

Beilstein - Das Beilsteiner Weinbergfest gilt als ausgesprochen friedlich. Ein Security-Dienst sorgt seit vielen Jahren dafür, dass dies auch so bleibt. Jetzt jedoch erhebt die 55-jährige Mutter eines 19-Jährigen aus Oberstenfeld Vorwürfe. Sie kritisiert das Verhalten einzelner Mitarbeiter ihrem Sohn gegenüber, das schikanös und brutal gewesen sein soll. Der Sicherheitsdienst bestreitet dies hingegen vehement.

Der Vorfall ereignete sich am Freitagabend. Ihr Sohn sei gegen 21 Uhr aufs Fest gegangen, teilt die Mutter mit. Am Eingang habe ein Security-Mitarbeiter den 19-Jährigen festgehalten. „Er war dieses Jahr auf dem Pfingstturnier zu besoffen und auffällig“, soll der Mitarbeiter gesagt haben, schreibt die Oberstenfelderin in einem offenen Brief an den Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl, der auch dieser Zeitung vorliegt.

Der Konflikt spitzt sich zu, als der junge Mann widerspricht. Er habe das Pfingstturnier der Oberstenfelder Handballer in diesem Jahr überhaupt nicht besucht. Er zückt sein Handy mit dem Online-Ticket für das Nürnberger Rock-im-Park-Festival, das zeitgleich stattfand, bekommt aber nur „interessiert mich nicht“ zu hören. Der Ausgesperrte, der das Fest mit Freunden besuchen wollte, gibt nicht auf und probiert es an einem anderen Eingang – mit Erfolg. Doch die Freude währt nur eine begrenzte Zeit. Gegen 23.30 Uhr fordert, so die Mutter, ein Security-Mitarbeiter den jungen Mann auf, ihn nach draußen zu begleiten. Wieder will der Gast beweisen, dass er nicht auf dem Oberstenfelder Fest war – auch Freunde hätten ihm helfen wollen, seien aber abgeschirmt und nicht angehört worden. „Mein Sohn hat sich natürlich aufgeregt und wollte nicht akzeptieren, was ihm fälschlicherweise angehängt wurde“, berichtet die Mutter. Dann sei er von den Security-Männern zu Boden gedrückt und mit Handschellen gefesselt worden. Dabei habe er sich an der Schulter starke Schürfwunden zugefügt.

Später kommt die Mutter hinzu, um ihren Sohn abzuholen. Die Polizei habe der Security mehr geglaubt als ihrem Sohn, da er Alkohol im Blut gehabt habe, erzählt sie. Sie wollte den Sohn durchs Festgelände mit zu ihrem Auto nehmen – die Security habe ihr den Eintritt verwehrt und in Kauf genommen, dass die Mutter durch die Dunkelheit ums Festgelände laufen muss, während ihr Sohn zwischenzeitlich frustriert das Weite gesucht aber von einem DRK-Mitarbeiter zurückgeholt worden sei, so die empörte 55-Jährige. Die Mutter wendet sich an die Polizei, die dafür sorgt, dass sie samt Sohn durchs Festgelände zum Auto auf der anderen Seite laufen darf – „wie eine Schwerverbrecherin“ von drei oder vier Security-Männern begleitet.

Der Sohn habe randaliert, sagt hingegen Jürgen Revesz, Chef des Ilsfelder Security-Unternehmens R & F, der angibt, selbst an dem Abend den Vorfall mitbekommen zu haben. Der 19-Jährige sei der Firma von anderen Festen her bekannt gewesen. „Wir haben alles richtig gemacht“, betont Revesz. Der junge Mann habe viel Alkohol intus gehabt, sei aggressiv geworden und habe um sich geschlagen. Der Einsatz von Handschellen schütze andere Gäste vor einer beginnenden Schlägerei.

Die Polizei sieht keinen Zweifel, den Schilderungen der Sicherheitskräfte zu misstrauen. Der junge Mann sei kurz vor Mitternacht stark alkoholisiert gewesen, ein Test habe einen Wert von mehr als 2,0  Promille ergeben, teilt Rainer Köller, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn mit. Der 19-Jährige habe zu randalieren begonnen und Absperrpylonen eingetreten. Auch gegenüber den Polizeibeamten habe er sich verbal sehr aggressiv verhalten. Die Polizei habe dann die Mutter verständigt, die ihn abgeholt habe.

Der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl hält es für „sehr schwierig“, die Differenz zwischen den beiden Sichtweisen aufzulösen. Die Stadt arbeite schon lange mit dem Sicherheitsdienst zusammen, und es habe fast noch nie einen Vorfall auf dem Fest zu beklagen gegeben – obwohl in jedem Jahr viele tausende Besucher kämen. Er gehe nicht davon aus, dass der Security-Dienst willkürlich vorgegangen sei. Die Mitarbeiter hätten dem 19-Jährigen keine gute Prognose für den Festbesuch gegeben und entschieden. Ob dies oder der Einsatz von Handschellen verhältnismäßig gewesen sei, könne er selbst nicht beurteilen, da er nicht unmittelbar dabeigewesen sei, so Holl. Gleichwohl trage der Wachdienst eine Verantwortung für die Allgemeinheit. Passiere etwas, müsse der Dienst sich fragen lassen, ob er richtig gehandelt habe.