Bürgermeister Holl, Dietmar Rupp vom Historischen Verein sowie Wolfram Berner, Oliver Kämpf und Hans-Joachim Knupfer von der Bürgeraktion Bottwartal (von links) halten das Andenken an die Bottwartalbahn unter anderem mit einem Geburtstagsfeier am Leben. Zu dieser gehörte auch eine Ausstellung in der Stadthalle. Foto: avanti

125 Jahre Bottwartalbahn sind ein Grund zum Feiern, auch wenn die Bahn schon seit 50 Jahren nicht mehr fährt.

Beilstein - Nur große Berühmtheiten werden gefeiert, obwohl sie schon lange tot sind. Und eine davon ist die Bottwartalbahn, deren 125. Geburtstag am Wochenende in der Beilsteiner Stadthalle festlich begangen wurde. Die Erinnerung an die Bahn ist bei den Menschen an der Bottwar und Schozach auch heute noch so lebendig, dass zum Festvortrag am Freitagabend trotz herrlichem Sommerwetter mehr als 200 Gäste gekommen sind. Die Grußworte von Bürgermeister Patrick Holl aus Beilstein, Dietmar Rupp vom Historischen Verein Bottwartal, Stadtrat Oliver Kämpf sowie der Vortrag selbst von Wolfram Berner und Hans-Joachim Knupfer haben nicht nur einen Rückblick auf das liebevoll auch „Entenmörder“ genannte Bähnle gegeben, sie haben auch einen Ausblick auf eine mögliche Wiederbelebung gewährt.

Die Bottwartalbahn war zu ihrer Zeit so berühmt, dass Postkarten von ihr gedruckt worden sind. Und doch war sie immer auch ein ganz selbstverständlicher Bestandteil des Alltagslebens der Bottwartaler. Ein Schmalspurzügle, mit dem man zur Arbeit und wieder zurück fuhr, mit dem die Erzeugnisse lokaler Bauern und Wengerter in die Städte transportiert wurden – und an den Wochenenden die Bewohner der Städte ins Tal zur Naherholung. Zum Ende der 60erJahre wurde sie unter Anteilnahme der Bevölkerung und unter Protest zu Grabe getragen, wie die Festredner berichteten. In der Marbacher Zeitung erschien sogar eine Todesanzeige, als die Gleise endgültig abgebaut wurden. „Als die Eisenbahn am 16. Januar 1969 zum letzten Mal fuhr, war das in Beilstein ein Ereignis, zu dem die Kinder schulfrei bekamen“, erinnerte sich Dietmar Rupp vom Historischen Verein Bottwartal. Und es gab einen regelrechten Bummelstreik auf der Straße, der den Verkehr zum Erliegen gebracht hat.

50 Jahre später kommt der Verkehr in der Region auch ohne solchen Streik zum Erliegen. Einer der Gründe, warum sich die Bürgeraktion Bottwartalbahn um Wolfram Berner, Hans-Joachim Knupfer und Oliver Kämpf schon seit Jahren dafür einsetzt, die Strecke mit einem „Tramtrain“ wiederzubeleben. Auch Beilsteins Bürgermeister Patrick Holl sieht dafür Potential und verwies auf eine Machbarkeitsstudie, deren Ergebnisse Ende des Jahres vorliegen sollen.

Beim Geburtstagsvortrag, den sich Knupfer und Berner teilten, gab es nicht nur jede Menge Infos und historische Fotos, sondern auch immer wieder etwas zu lachen – zum Beispiel über die Anekdote von Königin Charlotte, die wegen des vergessenen Toilettenwagens ein in einer Hutschachtel verstecktes Nachtgeschirr benutzen musste. Ein anderer Bahnfahrer hatte keine guten Erfahrungen mit dem Gedränge der Ausflügler gemacht und schrieb einen bis heute erhaltenen Beschwerdebrief, der in der Empfehlung gipfelte: „Man sollte von August bis Oktober nicht in das Bottwartal gehen, jedenfalls Frau und Kinder zu Hause lassen.“ Weniger heiter: Als Ilsfeld anno 1904 fast niederbrannte, saßen die Gaffer sogar auf den Dächern der Wagen, um den Ort der Katastrophe zu besuchen.

Am eindrücklichsten war es jedoch, als das Geburtstagskind selbst zu hören war. Manfred Läpple hatte vor mehr als 50  Jahren auf Tonband verewigt, wie die Bahn, von Heilbronn her kommend, auf Beilstein zufuhr: ein immer lauter werdendes Rattern, ein lang gezogener Pfiff, das Warnklingeln an einer sich senkenden Schranke, und gegen Ende schien die Bahn schließlich direkt an der Stadthalle vorbeizufahren. Der Applaus, der am Ende des einzigartigen Tondokuments ertönte, war einer lokalen Berühmtheit wie der Bottwartalbahn würdig.