Die SG-Mannschaft in Partylaune! Sie hat den Durchmarsch von der Württembergliga in die Dritte Liga geschafft. Foto: Avanti/Ralf Poller

In einem wahren Herzschlagfinale vor rund 650 Zuschauern gegen den TuS Steißlingen müssen die Oberliga-Handballerinnen bis zur letzten Sekunde zittern, spielen dann 21:21.

Beilstein - Bereits die Ausgangslage vor dem Oberliga-Duell am letzten Spieltag zwischen der SG Schozach-Bottwartal und dem TuS Steißlingen hatte Spannung erahnen lassen. Klar war: Der Sieger steigt in die Dritte Liga auf, der Verlierer bleibt in der Oberliga. Das Duell des Zweiten gegen den Dritten am Samstagabend in der pickepackevollen Beilsteiner Langhanshalle toppte dann aber alles Vorausgesagte. Es braucht schon Wörter wie Drama, Nervenschlacht und Herzschlagfinale, um das Geschehen wiederzugeben. Denn selbst nachdem die Schlusssirene ertönt war, musste gezittert werden: Es stand 21:21 und Steißlingen durfte noch einen Freiwurf ausführen. Hätte dieser den Weg ins Tor gefunden, wären die Gäste aufgestiegen. Doch der Ball flog über den Kasten. Und damit war klar: Die Handballerinnen der SG Schozach-Bottwartal schaffen den direkten Durchmarsch von der Württembergliga in die Dritte Liga! Und das in einem mehr als passenden Rahmen. . .

Die Kulisse: Die Tribüne der Langhanshalle war bereits eine halbe Stunde vor Anwurf fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Die letzten der rund 650 Zuschauer, die kamen, mussten mit einem Platz auf dem Boden Vorlieb nehmen. Die Heimfans bildeten eine rote Wand, hatten dazu motivierende Spruchbänder an die Wand gehängt. Die Gästefans waren allesamt blau gekleidet. Beide Lager ließen die Halle förmlich erzittern – 60 Minuten trommelten sie in ohrenbetäubender Lautstärke und klatschten dazu, schwenkten Fahnen. Überraschend kam das für die Teams aber nicht. „Wir haben in der zweiwöchigen Vorbereitung auf dieses Spiel auch einstudiert, alles per Handzeichen abzustimmen. Sonst gehst du bei so etwas unter“, wie der SG-Trainer Michael Stettner nach Abpfiff berichtete.

Die erste Halbzeit: Aufgrund des Finalcharakters und der Kulisse war die Partie anfangs auf beiden Seiten von Nervosität geprägt. Viele teils leichtsinnige Fehler schlichen sich ein, gerade bei der SG. Dazu tat diese sich schwer mit der offensiven Gästeabwehr, drang nahezu nie an den Kreis vor. Zwischen Minute acht und 22 gelang dem Heimteam sogar kein einziges Tor. So waren es die Gäste, die in Führung gingen und diese auch bis zur Pause hielten. Dass es nach 30 Minuten nur 7:9 stand, war aus SG-Sicht glücklich. Denn mehrere Möglichkeiten, auf mehr als drei Tore davonzuziehen, wusste Steißlingen nicht zu nutzen – dank der Rettungstaten der SG-Abwehr und von Torhüterin Tabea Kraft.

Die zweite Halbzeit: Die SG legte ihre Nervosität nun ab und wurde durchschlagskräftiger. In Minute 35 gelang beim 10:10 der Ausgleich – fortan sollte das Heimteam nie wieder zurückliegen. Spannend blieb es dennoch. Beim 15:13 war die SG erstmals zwei Tore vorne (46.), gerade Sina Klenk spielte sich wie in einen Rausch. Doch immer wenn man dachte, die SG könnte davonziehen, folgte ein Fehlwurf oder eine Zwei-Minuten-Strafe. Aus dem 20:18 machten die Gäste dann sogar das 20:20 (56.), auch das 21:20 egalisierten sie prompt (59.). In den letzten 90 Sekunden gelang der SG dann kein weiterer Treffer mehr, und so hatte Steißlingen die späte Chance zum Sieg. Ihr Konter nach einem SG-Ballverlust wurde aber während der Schlusssirene am Kreis unterbunden. Es folgte der Freiwurf in der Nachspielzeit.

Die Aufstiegsfeier: Dem obligatorischen Spielerkreisel folgte die La-Ola-Welle mit den Zuschauern. Gespritzt wurde gleich auch Sekt, Aufstiegsshirts durften nicht fehlen. Auf denen war zu lesen: „Chaotisch aber verdient!“ und „Alle für Ali“ – in Anlehnung an Spielmacherin Alisa Berger, die während der Saison einen Kreuzbandriss erlitten hatte. Gefeiert werden sollte dann bis tief in die Nacht im Foyer der Halle, für Sonntag war ein Besuch auf dem Beilsteiner Feuerwehrfest geplant. Clever eingefädelt: Alle SG-Spielerinnen hatten für Montag freigenommen.

Der Gegner: Bei einigen Spielerinnen des TuS Steißlingen flossen nach Spielende Tränen, groß getrauert wurde aber nicht. Stattdessen feierten Team und die mitgereisten Fans die erfolgreiche Saison, auch wenn die Krönung mit dem Aufstieg ausblieb. Bemerkenswert: Die Steißlinger Zuschauer, angereist mit Pauken und Tröten, dazu teilweise blau-weiß geschminkt, verzogen nach dem vergebenen Freiwurf am Spielende keine Miene, bejubelten ihre Mannschaft trotzdem minutenlang, als wäre auch diese aufgestiegen. Einer der besonderen Gänsehautmomente des Abends.

SG Schozach-Bottwartal:
Kraft, Schweizer – Bieser, Ziegler, Müller (4/1), Brunn, Günsoy, Benz (2), Klenk (8/2), Wehe (5/1), Wunschik (2), Mangold, Guyomard, Spieth.