Wenn es für den Schwimmkurs noch ein wenig zu früh ist Foto: Michael Raubold Photographie

Das Mineralbad hat keine Spaßbadattraktionen und bereitet Jung und Alt dennoch großes Vergnügen

Beilstein - Ein Rentner mit sportlicher Figur pflügt mit Kraulbewegungen durch das Wasser. Kräuselnde Wellen bilden sich rechts und links von seinem Körper und verflüchtigen sich. Fast so glatt wie ein Spiegel ist die Wasseroberfläche der abgetrennten Sportbahnen an diesem Samstagnachmittag. Es ist nicht viel los im Beilsteiner Hallenbad. Der Rentner mag das.

Ähnlich geht es einem Seniorenehepaar aus Beilstein. „Seit Herbst 2011 kommen wir jeden Tag und schwimmen einen Kilometer“, sagt die Rentnerin. Es sei klein und angenehm hier, sagt sie, viele der Gäste seien jenseits der 60. Lediglich sonntags verzichten sie auf das Gesundheitsprogramm. „Da kommen die Väter mit ihren Kindern.“

Eine Familie aus Abstatt hat es schon einen Tag eher geschafft. Das Paar kommt mit seiner sechsjährigen Tochter zum Schwimmen üben. Hierfür haben sie bewusst das Beilsteiner Bädle ausgewählt. „Anderswo ist es viel zu voll – das geht gar nicht“, sagt die Mutter.

Das Beilsteiner Mineralbad ist im Jahr 1980 eingeweiht worden – der Charme der 80er-Jahre plantscht mit. Sein mineralhaltiges Wasser bekommt es aus dem Tiefbrunnen „Amtwiesen“ unter dem Sportgelände. Rund 8,7 Millionen Mark hat es damals gekostet. Es ist alles andere als ein Spaßbad. Keine atemberaubende Rutsche, kein fetziger Strudel, kein Dreimeterbrett. Hier sind die 25 auf 12,5 Meter Wasser die einzige Attraktion – und das ist gut so. Da sind sich alle Gäste an diesem Samstagnachmittag einig. Sie nehmen die die fehlenden Attraktionen nicht billigend in Kauf, sondern kommen genau deshalb hierher, so scheint es.

Zum Beispiel der 72-jährige Oskar Kurz. Er kommt seit Jahrzehnten immer samstags aus Lauffen, um die Sauna zu besuchen und zu schwimmen. „Früher konnte man im Wasser nicht umfallen, so viel war da los. Aber als das Aquatoll in Neckarsulm aufgemacht hat, war es hier wieder richtig gut. Außerdem komme ich gerne und ärgere den Bademeister ein wenig“, sagt er und lacht Jan Winkler an. Der Beilsteiner Schwimmmeister ist auch schon seit 18 Jahren im Mineralbad angestellt – zuerst als Rettungsschwimmer und seit 2011 zieht er als Betriebsleiter seine Runden an Beckenrand. Er grüßt dabei hier und dort. „Man kennt sich.“

Genutzt wird das Bad vormittags vom Beilsteiner Schulzentrum, von Beilsteiner Vorschulkindern und Schulen der Nachbargemeinden. Außerdem gehören Sportvereine zu den Gästen und eine Schwimmschule. Dass Kinder überhaupt schwimmen lernen, ist Winklers Beobachtung nach schon lange nicht mehr selbstverständlich. „Von 20 Grundschulkindern, die hier zum Unterricht kommen, können fünf schwimmen. Früher war es anders herum“, sagt der 50-Jährige. Diese Problematik kennt auch Beilsteins Bürgermeister Patrick Holl. Um so wichtiger ist es ihm, dass das Bad erhalten bleibt. Was allerdings nicht selbstverständlich ist. Denn finanziell gesehen trägt sich das Mineralbad Beilstein lange nicht. Zudem stehen seiner Einschätzung nach in den kommenden Jahren Sanierungen an, wenn auch die Technik auf dem neuesten Stand ist und die Sauna teilweise erneuert wurde. Obwohl das Bad einen großen Posten im Haushalt der Gemeinde einnimmt, werde seine Existenz nicht infrage gestellt, so der Bürgermeister. Seiner Beobachtung nach ist das Thema Nichtschwimmer landesweit jüngst in den Fokus geraten, aber das Problem könne eben nur gelöst werden, wenn es genügend Bäder gebe. Patrick Holl wünscht sich für seine Gemeinde deshalb dringend mehr Unterstützung vom Land. Damit Rentner gesund bleiben und Kinder zu tüchtigen Schwimmern werden.