Bürgermeister Thomas Winterhalter hat keinen Verwendungszweck für den Safe. Foto: Werner Kuhnle

Im künftigen Tante-M-Laden in Kleinbottwar steht im Keller ein schwerer Safe, den die Kommune mit den Räumlichkeiten von der Volksbank quasi mitgekauft hat.

Steinheim-Kleinbottwar - Es fühlt sich an wie eine Reise in die Vergangenheit, wie ein Ausflug in die 80er-Jahre, als die digitale Welt noch ein kühner Zukunftstraum war. Der Türöffner ist wahrscheinlich seit Ewigkeiten nicht angefasst worden, steht aber nach wie vor hinter den Schutzscheiben auf einem Seitbord. Er sieht aus wie ein altes Telefon, nur ohne Drehscheibe. Die voll mechanische Kasse lässt sich hinter dem Tresen vor und zurück schieben. Öffnet man eine Tür in der Schrankwand, steht man plötzlich direkt vor dem Schalter. Hier ist auch der rote Alarmknopf montiert, auf den die Mitarbeiter drücken konnten, wenn es ein Räuber auf die Geldvorräte abgesehen hatte. Und als Höhepunkt findet sich im Keller der ehemaligen Volksbankfiliale in Kleinbottwar praktisch im Originalzustand: der Tresorraum.

In die Räumlichkeiten zieht ein Supermarkt ein

Die Räumlichkeiten hat die Stadt von dem Kreditinstitut übernommen. In Bälde soll dort ein Tante-M-Laden einziehen, in dem die Bürger Dinge des täglichen Bedarfs einkaufen können. Furchtbar viel umbauen muss die Kommune dazu nicht. Die alten Möbel kommen raus, ein neuer Boden rein, eine Wand wird noch eingezogen. Der Rest sind eher kleinere Arbeiten. Der Aufwand sei überschaubar, fasst der Steinheimer Bürgermeister Thomas Winterhalter zusammen. Komplett die Finger lässt die Stadt zunächst von dem Tresorraum im Keller – von dem die Kommune wie die Jungfrau zum Kinde kam, für den aber nun keinerlei Verwendungszweck besteht.

Safe steht den Plänen nicht im Weg

Natürlich, sagt Winterhalter, habe man vor dem Kauf gewusst, dass im Untergeschoss der Safe verschraubt ist, der zusätzlich mit einer Gittertür gesichert werden kann, wie man es aus Filmen kennt. Schließlich seien die Räumlichkeiten vorab mit dem Tante-M-Geschäftsführer Christian Maresch daraufhin gecheckt worden, ob sie sich für einen Supermarkt eignen. Und der Tresorraum stehe den Plänen nicht im Wege. Man habe sich auch noch keine tieferen Gedanken gemacht, was mit dem Tresor geschehen könnte, sagt der Rathauschef.

Geldfächer waren leer

Auf Ebay soll der zweieinhalb Tonnen schwere Koloss allerdings nicht verkauft werden, der Aufwand sei zu groß, sagt Winterhalter. Dazu kommt: Selbst wenn der Safe mit seinen drei Sicherheitsschlössern auf der Onlineplattform einen Abnehmer fände, könnte er wegen seiner Maße und des Gewichts nicht an einem Stück aus dem Gebäude geschleppt werden. „Für den Tante-M-Laden brauchen wir ihn nicht, er stört aber auch nicht“, sagt der Bürgermeister achselzuckend. Und natürlich, fügt er schmunzelnd hinzu, seien die Geldfächer leer gewesen, als die Volksbank das Gebäude an die Stadt übergeben hat.

Üblicherweise werden die Kolosse verschrottet

Damit bleibt offen, was mit der Dreingabe geschieht, die die VR-Bank Ludwigsburg der Stadt mit der alten Filiale vermacht hat. Das Kreditinstitut selbst musste für solche Fälle in der Vergangenheit auch schon Lösungen finden. In der Regel seien die Tresore fest eingebaut, konstatiert Pressesprecher Bernd Weisheit. Würden die Räumlichkeiten also anderweitig genutzt, lasse man die Kolosse freilegen und dann per Kran heraushieven und verschrotten. Alternativ, wenn ein Raum in Gänze als Geldspeicher diente, könne auch nur die Sicherungstür entfernt werden, um einer Umgestaltung den Weg zu ebnen.

Bei Liebhabern nicht hoch im Kurs

Frei stehende Safes, die nicht mehr als 200 Kilogramm wiegen, könne man vor einer Umnutzung zur Not mit viel Manpower heraustragen. Aber auch dann würden die Aufbewahrungsgeräte in der Regel anschließend verschrottet. „Es kommt ganz selten vor, dass sich auf dem Liebhabermarkt jemand für einen ausgedienten Tresor interessiert“, sagt Weisheit. Zumal auch die etwas leichteren Exemplare im Boden verschraubt und verankert seien. Wolle man die bei der Bank ausrangierten Tresore zuhause ebenfalls zur Verwahrung von Wertgegenständen oder Geld verwenden, müssten sie dort im Grunde genauso gesichert werden – wolle man nicht Gefahr laufen, dass sie gestohlen werden.

Baujahr 1986

Dass die Banktresore auf dem Liebhabermarkt nicht unbedingt hoch im Kurs stehen, liegt laut Bernd Weisheit auch daran, dass es sich nicht um historische Preziosen handelt. Sie stammten meist aus den 50er- oder 60er-Jahren. Der Tresor in Kleinbottwar ist sogar noch neueren Datums, wie der Bürgermeister an dem massiven Aufbewahrungsgerät mit der ultraschweren Tür abliest: Das Fabrikat ist aus dem Jahr 1986 – und würde damit wie das restliche Inventar der einstigen Filiale in Kleinbottwar eine prächtige Filmkulisse für eine Zeitreise in das Jahrzehnt von Neuer Deutscher Welle, Mauerfall und Zauberwürfel abgeben.

Tresorraum in Marbach

Bücherei
Einen ganzen Raum, der früher als Geldspeicher genutzt wurde, gibt es in der Stadtbücherei in Marbach. Das liegt an der Historie des Gebäudes in der Hauffstraße 7, die einstmals Champignystraße hieß. Das Anwesen sei 1923/24 errichtet worden, erklärt der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring. Es habe der Amtskörperschaft für das Oberamt Marbach gedient, zudem sei am 14. Oktober 1924 die Oberamtssparkasse ins Erdgeschoss eingezogen, wo nun die Bücherei ihre Besucher empfängt. 1934 sei die Oberamts- in der Kreissparkasse aufgegangen.

Umzug
Das neue Gebäude der Kreissparkasse in der Güntterstraße wurde nach Angaben von Albrecht Gühring am 18. August 1951 eingeweiht. Das Haus in der Hauffstraße wurde zum Domizil der Stadtbücherei, nachdem dort die zwischenzeitlich untergebrachten Kriegsflüchtlinge und Heimatvertriebenen 1950 ausgezogen waren. Der einstige Tresorraum wird heute von dem Team der Bibliothek vor allem als Lager genutzt, manchmal auch für Veranstaltungen.