Philipp Eberle setzt die zehn bis 15 Zentimeter großen Farmaale vorsichtig in die Murr ein. Foto: Oliver Buerkle

Der Angelverein Murr hat zusammen mit der Hegemeinschaft Murr rund 2500 Farmaale in die Murr eingesetzt. Sie sollen den Bestand der Signalkrebse zurückdrängen.

Murr - Samstagnachmittag, 15 Uhr. Auf dem Parkplatz beim Vereinsheim des SGV Murr treffen immer mehr Autos ein. Aus ihnen steigen junge Männer in Gummistiefeln. Ein ungewohntes Bild. Auch Bürgermeister Torsten Bartzsch kommt. Allerdings nicht in Gummistiefeln, sondern im legeren Freizeit-Outfit. Der Einladung der Hegegemeinschaft Murr und des örtlichen Angelvereins ist der Rathauschef gern gefolgt – auch an seinem ersten offiziellen Urlaubstag. Am Nachmittag zuvor wurde er zum Brand im Jugendwohnheim in der Raiffeisenstraße gerufen, da ist so ein Termin bei strahlendem Sonnenschein nahe der Murr eine willkommene Einladung.

45 aktive Mitglieder hat der 1983 gegründete Angelverein Murr. Für die Aktion, bei der zwischen Backnang und Murr rund 2500 Farmaale in die Murr eingesetzt werden, arbeiten die Murrer mit der Hegegemeinschaft zusammen. Zehn Angelvereine entlang der Murr haben sich Anfang 2019 zu ihr zusammengetan. Ihr Ziel: Den Bewohnern des Flusses zu mehr Aufmerksamkeit und besseren Lebensbedingungen verhelfen, den Flussverlauf renaturieren und die einheimischen Flussbewohner neu ansiedeln und in ihrem Bestand stärken. „Es ist unglaublich, was der Angelverein zusammen mit der Hegegemeinschaft alles macht“, lobt Torsten Bartzsch, der sich als Fischliebhaber outet. „Ich habe aber keine Fische, sondern esse sie gern“, sagt er und schmunzelt.

Kurze Zeit später haben sich alle Mitstreiter um Philipp Eberle von den Murrer Angelfreunden versammelt. Auch Justin Guest, der beratende Biologe der Hegegemeinschaft, ist inzwischen da. Es kann losgehen. Aus einem Auto werden vier große Pappkartons ausgeladen. Dort warten die Tiere darauf, in ihre neue Heimat entlassen zu werden. In großen Plastikbeuteln drehen sie ihre Runden. In einem Fischzuchtbetrieb in Gersfeld in der Rhön wurden die Farmaale herangefüttert. Als sie in Murr in die kleinen grünen Eimer umgefüllt werden, sind die Fischfreunde ganz angetan von der Größe der Tiere. Zwischen zehn und 15 Zentimeter schlängeln sich im Wasser.

Der Temperaturunterschied in den Transportbeuteln und kurz darauf in der Murr macht den Aalen nichts, sagt Justin Guest. Und dennoch werden die Tiere ganz vorsichtig in Käschern in die Murr gesetzt. Auch der Platz will gut ausgewählt sein. „Hier ist ein ganzer Schwarm Döbel“, sagt Philipp Eberle nach einem Blick ins Gewässer und geht weiter flussaufwärts, um eine bessere und damit sicherere Stelle für die Jungtiere zu finden. Die Männer haben sich in vier Gruppen aufgeteilt. Schließlich sollen die Fische auf einer Strecke von rund zwei Kilometer – vom Flößersteg bis zur Brücke bei der Umgehungsstraße – eingesetzt werden.

Die Aale, die früher in der Murr heimisch gewesen sind, durch Wanderbarrieren jedoch „ausgebremst“ wurden, wie Guest es nennt, sollen helfen, die Signalkrebse, die es in der Murr zuhauf gibt, zurückzudrängen (wir berichteten). „Der Signalkrebs frisst Nährtiere weg und dadurch leidet die Biodiversität und die Artenvielfalt unter Wasser nimmt ab“, so Guest. In einem halben Jahr könnten die Aale schon so groß sein, dass sie auch schon kleinere Krebse fressen. Nichtsdestotrotz wird es nicht die letzte Besatzaktion in der Murr sein. „Wir werden immer wieder welche einsetzen“, kündigt Justin Guest an.