Ein sichtlich überwältigter Dr. Wolfgang Scheel richtet vor der Anhörung einige Worte an die Demonstranten. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Rund 150 Patienten haben Dr. Wolfgang Scheel bei seiner Anhörung vor der Kassenärztlichen Vereinigung den Rücken gestärkt und fast 9000 Unterschriften überreicht.

Steinheim/Stuttgart - Vor dem Gebäude der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in Stuttgart-Möhringen haben sich am Donnerstagnachmittag ungewöhnliche Szenen abgespielt. Trotz wolkenverhangenem Himmel, böigem Wind und Regengüssen hatten sich rund 150 Mütter, Väter und Kinder versammelt, alle dick vermummt mit Mützen und Schals. Sie alle waren oder sind Patienten des Steinheimer Kinderarztes Dr. Wolfgang Scheel, der derzeit um seine Zulassung kämpft und wollten ihre Solidarität mit ihm bezeugen.

„Unser Arzt unseres Vertrauens ist Dr. Scheel und bleibt Dr. Scheel“, stand auf einem Plakat, das ein Junge mit Dreadlocks um den Hals hängen hatte. „Nur das Beste für unsere Kinder, nur Dr. Scheel“ war auf einem anderen Plakat zu lesen.

Einige Unterstützer waren schon gut eine halbe Stunde vor der geplanten Kundgebung gekommen – und sie kamen aus ganz Baden-Württemberg angereist. „Wir haben lange nach einem so guten Arzt gesucht, und jetzt soll er uns wieder weggenommen werden“, meinte Celina Rusche aus Schwäbisch Hall, eine der Initiatorinnen einer Online-Petition für den Kinderarzt. Isabelle Baumli-Sudar, die zweite Initiatorin, schätzt an Dr. Scheel, dass er rund um die Uhr erreichbar ist, „sogar am Wochenende und im Urlaub“. Als der Steinheimer Arzt um kurz vor 14 Uhr in die Tiefgarage der KVBW fuhr, brandete Beifall auf. Noch vor seiner Anhörung bedankte er sich für die große Solidarität. „Ich bin überwältigt“, sagte er. Auch wenn man ihm nun die Zulassung entziehe, werde es weiter gehen, dann werde er in seiner Praxis als Mensch einfach Liebe weitergeben. Celina Rusche überreichte Vertretern der KVBW die Ausdrucke der Online-Petition, fast 9000  Menschen hatten unterschrieben. „Das waren etwa 140 Seiten Papier“, sagte sie. Während Dr. Scheel sich vor dem Zulassungsausschuss äußerte, berichteten zahlreiche Patienten von ihren Erlebnissen mit dem Arzt. „Wir wollen weiterhin die Ärzte unseres Vertrauens frei wählen können“, forderte eine Frau. Die KV wolle an Dr. Scheel ein Mahnmal für impfkritische Ärzte setzen.

Eine andere Frau meinte, Dr. Scheel verstehe sein Handwerk des Gesundmachens und -erhaltens. „Unsere Kinder lieben Dr. Scheel und wir auch“, rief eine Mutter. Die Menge war zeitweise so groß und ragte bis auf die Straße, dass Ordner den Verkehr um sie herum lenken mussten. Immer wieder standen Mitarbeiter der KVBW an den Fenstern und blickten auf das Geschehen herab. Am Ende wurde sogar noch gemeinsam gesungen, unter anderem auch das Volkslied „Die Gedanken sind frei“.

Über das Ergebnis des Gesprächs wollte die KVBW indes keine Stellungnahme abgeben. „Die Sitzungen sind nichtöffentlich“, erklärte die stellvertretende Pressesprecherin Swantje Middeldorf, die meinte, eine so große Solidaritätsbekundung mit einem Arzt habe es wohl noch nie gegeben. Der Steinheimer Kinderarzt verfolgt ein naturheilkundliches Konzept und hat eine kritische Haltung zur Impfpflicht. Das Stuttgarter Gesundheitsamt hatte gegen Dr. Scheel bei der KVBW eine Beschwerde eingelegt, da dieser angeblich Eltern nicht informiert habe, dass ihr Kind in einem lebensgefährlichen Zustand sei und es wochenlang homöopathisch behandelt habe. Scheel vermutet einen Zusammenhang mit einem kritischen Brief, den er wegen der Impfpflicht an einen CDU-Bundestagsabgeordneten geschrieben hatte.