Als der Buchvertrag ins Haus geflattert kam, haben Mama Manuela und Marian Freudensprünge gemacht. Foto: Marian Grau

Der seit heute 15-jährige Marian Grau will im November seinen Erstling vorlegen.

Affalterbach - Das Szenario kennt vermutlich fast jeder. Die Reise dauert noch Stunden und weit und breit ist keine vernünftige Lektüre greifbar. Vor einem ähnlichen Problem stand noch vor wenigen Wochen Marian Grau. Zwölf Stunden Flugzeit bis São Paulo – ein halber Tag – und kein Buch zur Hand! Allerdings hatte der 15-Jährige gar nicht im Sinn, es zu lesen. „Wie wäre es, wenn ich jetzt eines schreiben würde?“, dachte sich der Affalterbacher, der mittlerweile als Deutschlands jüngster Reiseblogger (wir berichteten) einen beachtlichen Ruf genießt. Kurz gesagt: Der jüngste Autor ist Marian Grau vermutlich nicht, aber er gehört definitiv zu den wenigen, die bereits in sehr jungen Jahren und mit nichts in der Hand als einer Idee einen Verlag gefunden haben.

Doch von vorne. Ein Buch ist schließlich kein Blog im Internet. Man schreibt nicht einfach drauf los und vertraut darauf, dass der Text seine Leser schon finden wird. Also hat Marian Grau die Zeit hoch über den Wolken genutzt, um Fragen an andere Autoren zu sammeln. „Mit welchen Programmen arbeitet ein Schriftsteller?“ „Was ist ein Exposé?“ „Was gehört alles in das Anschreiben an einen Verlag?“

So schwer könne es nicht sein, Antworten zu erhalten, hat sich der 15-Jährige erhofft. Zumindest nicht, wenn er seine Fragen wohldosiert in den entsprechenden Interessengruppen in den sozialen Netzen stellt. Also hat er noch im Urlaub Frage um Frage gepostet. Doch die Facebookgemeinschaft hat überwiegend geschwiegen. Oder sich wenig hilfreich geäußert. „Probier’s einfach mal.“ Ja, gut.

Ein Kommentar hinter seiner Anfrage war jedoch anders als die anderen. „Eine Frau hat geschrieben, sie wäre die richtige Ansprechpartnerin und ich solle mich bei ihr melden“, berichtet Marian Grau.

Zu seiner Überraschung hatte sie nicht nur Tipps parat, sie kannte auch bereits Marians halbe Lebensgeschichte. „Sie war gut informiert, hat viel über mich recherchiert.“ Und wichtiger noch: „Sie arbeitet für einen Verlag“, erzählt der 15-Jährige. Zwar in der Belletristik, die Kollegin von den Sachbüchern war aber auch schon im Bilde. Marian strahlt übers ganze Gesicht, während er die Geschichte auspackt. „Ich hatte mal wieder totales Glück“, sagt er überglücklich. Und das nicht zuletzt, „weil ich mich an jedem normalen Prozess vorbeigeschmuggelt habe und mit gar nichts – nicht einmal einer Vita – einen Autorenvertrag bekommen habe“.

Anfang Juni hat sich Marian Grau gedacht, „wie cool es wäre, ein Buch zu schreiben“. Sechs Wochen später , am 13. Juli, begrüßt er zwei Verlagsmitarbeiterinnen aus Berlin im heimischen Affalterbach. Die Chemie stimmt, der Nachwuchsautor fühlt sich von den Kolleginnen vom Eden-Verlag von Anfang an gut betreut. Gemeinsam arbeiten sie an einem Konzept, damit das Gesamtwerk eine runde Sache wird, in dem immer noch Marians Handschrift zu lesen ist. Ein wenig muss er selbst schmunzeln, wenn er mit seinen 15 Jahren sagt, dass es „ein autobiografisches Sachbuch“ wird.

Zum Lachen ist einem allerdings nicht mehr zumute, wenn er weiter vom Inhalt berichtet. Der Reiseblogger wird vor allem über die Familienurlaube in den ersten zehn Jahren seines Lebens schreiben. Und die führten im Grunde immer zum gleichen Ort. „In das erste deutsche Kinderhospiz nach Olpe“, sagt Marian. Sein Bruder Marlon starb vor fünf Jahren an einer seltenen Stoffwechselkrankheit. „ich denke, dass mich mein Bruder mehr geprägt hat, als es irgendjemand auf diesem Planeten jemals tun kann“, schreibt der 15-Jährige in seinem Blog. Für ihn steht fest, zwei Drittel des Buches werden der kurzen gemeinsamen Zeit der beiden Jungen gewidmet sein.

Die Erinnerungen wachwerden zu lassen und zu Papier zu bringen wird nicht leicht, darüber ist sich Marian Grau bewusst. Das Gute daran, dass es so schnell mit dem Autorenvertrag geklappt habe, sei aber, dass er sich den Sommer über damit beschäftigen kann. „Im grauen November würde es mir schwerer fallen, über den Tod und die Trauer zu schreiben.“

Wobei sich die Frage stellt, wie viel Zeit zum Nachdenken bei dem engen Zeitplan überhaupt bleibt. Der Abgabetermin für sein Erstlingswerk ist der 30. November. Und im Grunde kann er dann schon damit beginnen, die Veröffentlichungsparty vorzubereiten. Bereits im April soll das Buch im Handel erhältlich sein.