Im Labor behält Pia Veigel den Überblick über die Substanzen. Foto: Oliver von Schaewen

Im Laboer der Marbacher Schiller-Apotheke werden Medikamente hergestellt – das verlangt Präzision.

Marbach - Der Keller der Marbacher Schiller-Apotheke ist eigentlich eine Tabuzone. Kunden bekommen im Laden nur die letzten Handgriffe für ein Medikament mit. Die umfangreiche Vorarbeit bleibt ihnen verborgen. Der Gang ein Stockwerk tiefer jedoch zeugt davon, mit welcher Sorgfalt die Herstellung von Kapseln und Zäpfchen vorbereitet werden muss, um ihr Ziel nicht zu verfehlen.

Würde sich eine ihrer Mitarbeiterinnen vertun, wäre das für Sigrid Ensslin, der Inhaberin der Apotheke in der Güntterstraße, der schlechteste Fall. „Es ist der Alptraum eines jeden Apothekers – zum Glück ist er uns noch nicht passiert“, sagt die Pharmazeutin, die ihrem Personal das sogenannte Null-Fehler-Ziel ins Stammbuch schreibt. „Wir arbeiten hoch konzentriert, und wir prüfen die Stoffe, die bei uns eingehen, bevor wir sie in der Rezeptur oben verarbeiten“, erklärt die Apothekerin.

Das Labor dient vor allem auch der sachgemäßen Aufbewahrung. Gefahrenstoffe lagern in einem abschließbaren Schrank. Dort stehen vor allem Dosen mit Alkoholen: Ethanol und Isopropanol, der vergällt ist und nur zur äußeren Anwendung gebraucht werden kann. Nebenan im Kühlschrank stehen Fläschchen, wie etwa das mit Vitamin A. „Es muss kühl gelagert werden“, weiß Sigrid Ensslin. Solche Zutaten werden dann Zäpfchen, Kapseln oder Salben beigemischt, die von den pharmazeutisch-technischen Assistentinnen der Apotheke vor Ort hergestellt werden. Trotz vieler Fertigarzneien kommt das öfter vor, als man vermutet. Ein Hautarzt in der Nähe verschreibe oft Salben, die von Hand produziert werden müssen. Aber nicht nur um Zweibeiner kümmert sich die Apotheke: „Kürzlich haben wir 200 Zäpfchen für einen Tierarzt hergesetllt, der damit Katzen behandelt hat“, erzählt Ensslin, deren 2007 verstorbener Mann Michael in den 1960er-Jahren die Apotheke vom Vorgänger Hans Krembs übernommen hatte.

Was die Kunden ebenfalls im Keller nicht sehen: Ein Roboter holt Medikamente vollautomatisch aus den Regalen. Gleich nebenan lagern in einem engen Teeraum die Zutaten für das heilende Heißgetränk. „Wir können Teemischungen auch selbst herstellen“, sagt die Chefin, die den hohen Servicecharakter der Apotheken in einem Ort hervorhebt. „Kunden, die bis 16.15 Uhr zu uns kommen und ein Medikament wünschen, das wir nicht vorrätig haben, bekommen es in der Regel bis 18.45 Uhr am selben Tag – und das notfalls bis an die Haustüre.“

Weil Sigrid Ensslin einmal an einem Samstagnachmittag einem Kind die dringend benötigte Arznei eigenhändig vorbeibrachte, bekam sie zum Dank in der Woche danach von der Mutter eine Torte fürs Team gebracht. „Die Nähe zu unseren Kunden ist das, was für uns zählt“, sagt sie. Und erntet von ihrer Praktikantin Pia Veigel ein bestätigendes Nicken: „Wer Spaß daran hat, im Labor zu arbeiten und den Umgang mit Menschen mag, kann als pharmazeutisch-technischer Assistent arbeiten“, sagt sie. In der Rezeptur vorne neben der Ladentheke steht sie öfter und mischt etwa Salben zusammen. Der Raum muss bis zur Decke schließbar sein, aber durch die Glaselemente können Kunden in gebotenem Abstand sehen, was dort vor sich geht.

Ebenfalls verboten ist Unbefugten der Zutritt ins Obergeschoss. Dort schlägt das wirtschaftliche Herz der Apotheke. Rezepte werden abgerechnet, Vorgänge genau dokumentiert. „Bei uns wird der Datenschutz natürlich großgeschrieben“, erklärt Sigrid Ensslin, die an Apotheken ähnliche Anforderungen stellt wie an Arztpraxen. „Wir wollen nicht, dass die Krankheitsgeschichte unserer Kunden nach außen dringt.“ Weil sie als „Apotheke vor Ort“ sich der harten Konkurrenz der Internetapotheken erwehren muss, appelliert die Marbacherin an die Mitbürger, die Beratungsmöglichkeit einer ansässigen Apotheke mit Arbeitsplätzen vor Ort mitzuerhalten. „Rechnet man unseren 14-tägigen Nacht-, Sonntags- und Feiertagsdienst, sind wir an 320 Tagen im Jahr für unsere Kunden da.“