Die Stuttgarter Galerie Braunbehrens hat Süßes von Peter Anton im Angebot. Foto: Art Karlsruhe

Die 17. Kunstmesse Art Karlsruhe will das Augenmerk vor allem auf weibliche Positionen lenken. Etliche Galerien würdigen Künstlerinnen, die bislang von Markt und Museen vernachlässigt wurden.

Karlsruhe - Unter den Kunstmessen mit internationaler Ausstrahlung ist die Art Karlsruhe, die am Donnerstag fürs große Publikum ihre Tore öffnete, womöglich diejenige mit der stärksten Bodenhaftung, nämlich der stärksten lokalen und regionalen Verwurzelung. Baden-Württemberg ist Sammlerland – das Interesse für Kunst wie das nötige Kleingeld, um sie sich zu leisten, ist im Südweststaat reichlich vorhanden. Und so war die Karlsruher Leistungsschau in Sachen Kunst schon immer eine Art Hausmesse und jedenfalls ein Heimspiel für die Galerien im Ländle. Dass sie, die noch bis Sonntag bereits zum 17. Mal die Hallen der Messe in Rheinstetten vor den Toren der Fächerstadt bespielt, in diesem Jahr neben Teilnehmern aus ganz Deutschland auf Anbieter aus 14 weiteren Ländern verweisen kann, dürften freilich auch die angereisten schwäbischen und badischen Galeristen nicht ungern sehen.

210 Aussteller, darunter 59 Galerien aus dem Ausland und 40, die zum ersten Mal dabei sind, zeigen Kunst von der Klassischen Moderne bis zur unmittelbaren Gegenwart. Natürlich warten auf die prognostizierten 50 000 Besucher auch in diesem Jahr wieder ausgedehnte Skulpturenplätze, die längst zum Bild dieser Messe gehören. Geboten werden aufs Neue aber auch verschiedene Sonderausstellungen - wie eine sehenswerte Präsentation von Seriegrafien teils bedeutender Künstler, für die der Siebdrucker Hans-Peter Haas verantwortlich zeichnet. Oder eine eindrucksvolle Schau mit den vielschichtigen Malereien und Skulpturen von Helga Schmidhuber, der diesjährigen Trägerin des Hans-Platschek-Preises. Am heutigen Freitag um 14 Uhr wird der Loth-Skulpturenpreis verliehen (der Preisträger xxx yyy), am Sonntag der Preis für die beste One-Artist-Show.

Skulpturen bieten reichlich Anschauungsmaterial

Wie die in diesem Jahr 20 Skulpturenplätze sind die zahlreichen One-Artist-Shows – Präsentationen einzelner Künstler in größerem Rahmen, 2020 nicht weniger als 195 – ein Alleinstellungsmerkmal der Art Karlsruhe. Auf dem alljährlich stattfindenden Artima Art Forum unterhielt sich der Kunstkritiker Carl Friedrich Schröer unter anderem mit dem Bildhauer Olaf Metzel sowie mit Ewald Karl Schrade, der seit ihrer ersten Ausgabe im Jahr 2004 Kurator der Art Karlsruhe ist.

Das Thema des Art Meetings ist zugleich der Schwerpunkt der diesjährigen Art: die Skulptur, für die der Parcours nicht nur in den bildhauerischen Arbeiten an den Ständen der Galerien, sondern vor allem auch auf den Skulpturenplätzen reichlich Anschauungsmaterial liefert. So präsentiert die Freiburger Galerie Baumgarten Holzskulpturen des Stuttgarter Bildhauers Werner Pokorny: Gefäßformen sowie stelenartige Gebilde, in denen - stark abstrahiert - die menschliche Figur aufscheint. Die Stuttgarter Galerie Braunbehrens verköstigt das Auge mit Sündhaft-Süßem: Kunstpralinés im XXL-Format von Peter Anton. Ein Boxenstopp empfiehlt sich am Skulpturenplatz der Frankfurter Galerie Barbara von Stechow, die mit einem Sportwagen mit Pop-Art-Dekor von Heiner Meyer angereist ist.

Fulminante Stoffskulpturen von Stefanie Ehrenreich - liegende Köpfe, hängende mehrgesichtige Figuren und andere Fantasiegestalten – präsentiert der Skulpturenplatz der Galerie Cyprian Brenner aus Schwäbisch-Hall. Der Galerist Markus Döbele aus dem unterfränkischen Dettelbach bietet dazu das Kontrastprogramm: Angelika Summas abstrakt-geometrische Metallskulpturen von filigran bis robust. An einem weiteren Skulpturenplatz – dem von Dorothea von der Koelen, Mainz und Venedig – werden installative Arbeiten von Lore Bert geboten. Frauen, dieser Eindruck drängt sich auch sonst auf, sind in der Kunst auf dem Vormarsch: nicht nur, aber eben auch in der bisherigen Männerdomäne Skulptur.

Wieder entdeckt: Lotte Laserstein

Zeichnungen und Ölskizzen der wieder entdeckten Lotte Laserstein findet man am Stand von Kunsthandel Dr. Nöth aus Potsdam und Ansbach. Hinreißend gezeichnete Straßenszenen in Kohle von Lesser Ury, Bleistiftzeichnungen von Ernst Ludwig Kirchner und Egon Schiele oder auch ein Aquarell von Sam Francis brachte der Kölner Kunsthändler Johannes Eggerbauer mit in die Fächerstadt. Werke der Klassischen Moderne gibt es zudem am Stand der Homburger Galerie Scheffel – wie Ernst Wilhelm Nays Ölgemälde „Paar am Sund“ von 1938.

Das Stuttgarter Kunsthaus Fischer ist unter anderem mit Bildern und Grafiken von Willi Baumeister und Max Ackermann vertreten. Bei Gilden’s Art Gallery wiederum gibt’s Radierungen und Lithografien von Chagall und Miró zu Preisen um 30 000 Euro. Für einen etwas geringeren Betrag, nämlich 28 000 Euro ist Tom Wesselmanns Siebdruck „Bedroom Face with Lichtenstein“ bei Braunbehrens erhältlich, ein Schnäppchen dagegen Andy Warhols Lithografie „Lion“ für 2800 Euro. Noch günstiger sind bei der Londoner Galerie handsignierte Promotionscards mit Frauenmotiven Wesselmanns für je 950 Euro.

„Blowin’ in the wind“: Nach der Auszeichnung Bob Dylans mit dem Literaturnobelpreis lernen wir den Sänger und Songwriter auf der Art Karlsruhe nun auch als Künstler kennen. Premium Modern Art aus Heilbronn offeriert die Lithografie mit dem handgeschriebenen Text des besagten Songs nebst einer grafischen Arbeit für 3950 Euro; daneben auch buntfarbige Drucke von der Hand des Meisters wie „Man on a Bridge“ für 2950 Euro. Auch Druckgrafiken von Rolling Stone Ron Wood hat die Galerie im Sortiment.

Termin Messeallee 1, Rheinstetten. Bis 16 Februar, 11-19 Uhr.