Werner Kuhnle liebt seinen Job – und die Geschichten, die er beim Fotografieren überall entdeckt. Foto: Birgit Kuhnle

Martin Heim konnte nicht zusehen, wie jahrhundertelang bestehende Kulturlandschaften kaputtgehen. Deshalb hat er zusammen mit seinem Vetter Werner Widmaier die Idee zum Projekt „Wengerter auf Probe“ entwickelt.

Benningen - Die Frage, ob ich ein heimatverbundener Mensch sei, hätte ich bis vor Kurzem ohne zu zögern mit „Ja, selbstverständlich“ beantwortet. „Selbstverständlich“ deshalb, weil ich hier in dieser Region geboren und aufgewachsen bin, weil meine Familie seit Generationen hier zuhause ist. Auch beruflich stehe ich der Region und ihren Menschen sehr nahe. Seit mehr als 40 Jahren bin ich leidenschaftlich als Fotograf für die Marbacher Zeitung unterwegs und kenne mich in ihrem Einzugsgebiet aus wie in meiner Westentasche.

Jedoch habe ich bei meinen Fototerminen Menschen kennengelernt, die sich das Wort Heimatverbundenheit mit wesentlich größerer Berechtigung auf die Fahnen schreiben dürfen. Es sind Menschen, deren Liebe zur Heimat weiter geht, als nur von ihr zu schwärmen. Es sind Menschen, die sich für den Schutz ihrer Heimat engagieren, um sie, so wie sie ist, für nachfolgende Generationen zu erhalten.

Einer dieser Menschen ist ein Benninger Urgestein, dessen Engagement für die Heimat mich besonders beeindruckt. Martin Heim ist Bankkaufmann im Ruhestand und hat als passionierter Hobbywinzer das Amt des Vorsitzenden im Aufsichtsrat der Weingärtner Marbach inne. Schon als Bub hat er „im Wengert“ beim Vater mitgeholfen, damals noch nicht ganz freiwillig, aber im Alter von 31 Jahren war er bereits stolzer Besitzer eines ersten eigenen Weinbergs. Daraus schien sich eine intensive Liebe zu seiner Heimat entwickelt zu haben.

Mit großem Bedauern hat er in den letzten Jahren beobachtet, dass es in den Benninger Steillagen immer mehr Weinberge gibt, deren Besitzer sie aus Altersgründen nicht mehr schaffen können, für die es aber es auch keine Nachfolger gibt. Weil Heim, wie er sagt, einfach nicht zusehen kann, wie jahrhundertelang bestehende Kulturlandschaften kaputtgehen, entwickelte er zusammen mit seinem Vetter Werner Widmaier die Idee zum Projekt „Wengerter auf Probe“, das vor einem Jahr gestartet wurde und jetzt schon als Erfolg gewertet werden darf.

Unterstützt von der Gemeinde Benningen und nachdem das Projekt unter anderem in der Marbacher Zeitung vorgestellt wurde, meldeten sich tatsächlich 20  Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts, die bereit waren, das „Wagnis Weinberg“ einzugehen. Jeder bekam einen Weinberg zugeteilt, und weil alle ohne jegliche fachliche Vorkenntnisse waren, wurden sie das Jahr hindurch außer von Heim und Widmaier von vier weiteren ehrenamtlichen Betreuern begleitet und angeleitet. Heute, nach einem Jahr, freut sich Heim über ein schon wesentlich verbessertes Landschaftsbild und darüber, dass die Wahlwengerter, bestehend aus, wie er sagt, „lauter tollen Leuten“, gut zusammengefunden haben und alle dabeibleiben wollen. Weitere Bewerber stehen in den Startlöchern.

Die Freude Martin Heims über den Erfolg des Projekts ist ansteckend, ebenso wie seine Begeisterung, mit der er sich für seine Heimat engagiert. Seine Einstellung hat mich zum Nachdenken gebracht. Heimatverbundenheit kann auch Aufgabe sein und sich auch darin ausdrücken, Verantwortung zu übernehmen. Selbstverständlich kann und will sich nicht jeder in dem Maße einbringen wie die „Probewengerter“, aber auch kleineres Engagement zählt. Ein Beispiel dafür sind die vielen ehrenamtlich aufgestellten Markungsputzaktionen in unseren Gemeinden. Noch besser wäre es natürlich, wenn diese Aktionen gar nicht notwendig wären. Bei mir persönlich ist es eine kleine Streuobstwiese im Familienbesitz, die es mir ermöglicht, einen kleinen Beitrag zum Heimatschutz zu leisten. In diesem Herbst gab es dort zehn Doppelzentner Äpfel aufzulesen.

Zur Person
Werner Kuhnle fing schon vor über 40 Jahren an, für die Marbacher Zeitung zu fotografieren. Damals schon aus Begeisterung, aber auch, um sein „BAföG“ aufzubessern. Seither hat ihn die Faszination für die Zeitungsfotografie nicht mehr losgelassen. Er betrieb sie selbst dann noch nebenbei, als ihm seine Stelle bei einem internationalen Fördertechnikunternehmen wenig Zeit dazu ließ. Vor 25  Jahren entschied er sich, dem Maschinenbau den Rücken zu kehren und seine Leidenschaft vollends zum Beruf zu machen, was er nie bereut hat. Werner Kuhnle ist in Freiberg am Neckar geboren, wo er heute noch mit seiner Familie lebt.