Andreas Hennings Foto: MZ

Lukrative Werbedeals gibt es in Deutschland meist nur für Fußballer, aber kaum für andere Sportler.

Als ich kürzlich in Schottland im Urlaub war und an einem Abend britisches Fernsehen schaute, musste ich an die Auftaktveranstaltung des mz3athlon im April denken. Wie dieser Gedankensprung zustande kam? Im Werbeblock lief ein Spot mit den Brownlee-Brüdern. Kennen Sie nicht? Alistair Brownlee ist zweifacher Olympiasieger im Triathlon, sein Bruder Jonathan holte 2016 hinter ihm die Silbermedaille. Als ich diesen Spot sah, musste ich an Normann Stadler denken, der bei der Auftaktveranstaltung zum mz3athlon in Murr zu Gast war. Stadler hat zweimal den Ironman auf Hawaii gewonnen, also DEN Triathlon-Wettkampf überhaupt. Können Sie sich vorstellen, dass er in einem Werbespot im deutschen Fernsehen über die Mattscheibe flimmert? Oder um es ein wenig aktueller zu machen: Ein TV-Spot mit Jan Frodeno, Olympiasieger 2012 und zuletzt zweimal Gewinner auf Hawaii? Ich gehe jede Wette ein, dass mindestens 95 Prozent der Deutschen weder Frodeno noch Stadler auf einem Foto erkennen würden. Und bevor jetzt Nachfragen kommen: Nein, der Spot mit denBrownlee-Brüdern war weder für ein Branchen-nahes Produkt wie zum Beispiel einen Sportartikelhersteller noch lief er auf einem Spartenkanal. Alistair und Jonathan Brownlee werben auf der Insel auf allen großen Kanälen für den britischen Ableger des deutschen Discounters Aldi.

Nun muss man das Thema ja gar nicht auf Triathleten beschränken. Welche deutschen Nicht-Fußballer hatten denn in den vergangenen Jahren einen nennenswertenTV-Werbevertrag? Mir fallen nur Basketballstar Dirk Nowitzki (für eine Bank) und Tennisspielerin Angelique Kerber ein, die seit ihrem Aufstieg zur Nummer eins der Welt für eine Versicherung wirbt. Wobei ich mir bei Kerber nicht ganz sicher bin, ob dieser Spot auch außerhalb der Spartenkanäle läuft. Dabei gäbe es meines Erachtens doch genügend deutsche Sportler, die in ihrem Metier Weltspitze sind. Tischtennisspieler Timo Boll hat vermutlich in China einen höheren Bekanntheitsgrad als hierzulande. Ähnlich sieht es mit Moritz Fürste, Doppel-Olympiasieger im Hockey, in Indien aus. Doch große Werbedeals sind in diesen Sportarten nicht an Land zu ziehen. Wer hingegen in Deutschland ordentlich gegen den Ball treten kann, der darf im TV schnell mal lukrativ für muhende Milchprodukte, Herren-Kosmetik oder Rasierer werben – selbst wenn man sich bei einem wie Joshua Kimmich doch eher fragt, ob er sich ein- oder zweimal pro Jahr rasieren muss. Damit man mich nicht falsch versteht: Ich habe nichts gegen Fußball. Doch kommt die massive Überpräsenz der Kicker in allen Bereichen, insbesondere im Fernsehen, meines Erachtens einer Degradierung der grandiosen Leistungen vieler anderer Sportler gleich. Und da gäbe es wirklich viele, die wesentlich mehr Aufmerksamkeit und eine bessere Honorierung ihrer Mühen verdient hätten.