Lars Laucke. Foto: MZ

Manch eine Begegnung bringt uns zum Nachdenken – und bewegt uns im besten Fall zum Handeln.

Murr - Es gibt gewisse Momente im Leben, da merkt man, wie unwichtig die eigenen Probleme eigentlich sind und was wirklich zählt im Leben. Ich weiß, dass dieser Satz eine Binsenweisheit und ziemlich abgegriffen ist. Und würde bei uns in der Redaktion ein Phrasenschwein stehen, ich würde es sofort befüllen. Das Dumme an diesem Satz ist jedoch: Er ist leider wahr, und diese Momente begegnen einem immer wieder – dem einen häufiger, dem anderen seltener.

Für mich war die Begegnung mit Alexandra Funk aus Murr solch ein Moment. Der 20-Jährigen musste eine Niere transplantiert werden, jetzt will die sportliche junge Frau an Wettkämpfen für Transplantierte teilnehmen (siehe nebenstehender Artikel). Und nur wenige Tage später habe ich dann zufällig eine Ausgabe der Talksendung von Markus Lantz gesehen, in der Sportjournalist Jörg Wontorra zu Gast war. Neben ihm saß die Tochter seiner Lebensgefährtin. Diese junge Frau hat eine Herztransplantation hinter sich und will in diesem Sommer an den Deutschen und Weltmeisterschaften für Transplantierte starten – dieselben Wettkämpfe, die auch in Alexandra Funks Terminkalender stehen. Lediglich die Sportarten sind unterschiedlich. Während die Murrerin in der Leichtathletik auf die Bahn geht, sind es bei Wontorras Stieftochter Tennis und Golf. Und die junge Dame steht sogar im Regelspielbetrieb in der Hockey-Regionalliga im Tor.

Innerhalb kürzester Zeit sind mir also zwei Menschen begegnet – einmal medial, einmal persönlich – die ein ähnliches Schicksal beeindruckend meistern. Und innerhalb weniger Tage habe ich mich zum zweiten Mal dabei „ertappt“, wie ich mir ein paar Fragen stelle: Wie unwichtig ist es angesichts solcher Schicksale eigentlich, ob Mannschaft X den Aufstieg schafft oder Team Y den Abstieg vermeidet? Warum ärgere ich mich oft so sehr über die kleinen (oder auch großen) Macken meiner Töchter, statt mich vielmehr darüber zu freuen, dass sie beide gesund, hübsch und im Großen und Ganzen wirklich lieb sind? Und warum sage ich ihnen Letzteres nicht viel öfter? Ich denke, je häufiger man solche eingangs erwähnten Momente erlebt und je direkter sie einen selbst betreffen, desto eher schafft man es, das zu schätzen, was im Leben wirklich zählt. Vielleicht kann man die kleinen und großen Erfolge – ob im Sport oder im sonstigen Alltag – umso mehr genießen, je mehr man sich bewusst ist, dass viele Dinge eben nicht selbstverständlich sind. Dinge wie zum Beispiel ein funktionierender Satz Organe.

Und bevor das Ganze hier gefühlsduselig wird und in Richtung Rosamunde-Pilcher-Roman abgleitet, noch eine ganz andere Frage, die ich mir in Folge dieser Begegnungen gestellt habe: Warum zum Teufel habe ich keinen Organspendeausweis? Die Antwort lautete: Ich war zu bequem. Die Betonung liegt hierbei auf „war“. Denn seit ein paar Tagen steckt der Ausweis immer in meiner Tasche – und das dank einer besonderen Begegnung.