In Sachen TTIP will der Verein nach Berlin fahren. Foto: privat

Es soll mehr geschehen, als nur auf das Gespräch mit den Europapolitikern zu setzen: Der Verein ruft zur Teilnahme an einer Großdemonstration in Berlin auf.

Ludwigsburg
– Ein Vorstandsmitglied unseres Vereins war vom 15. bis 17. Juni als Teilnehmer einer Baden-Württemberg-Delegation zu Besuch im Europaparlament (EP) in Brüssel. Es wurden Gespräche mit dem Vizepräsidenten Rainer Wieland (CDU), Bernd Lange (MdEP SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses des EP und Mitinitiator, Maria Heubuch (Die Grünen) und Helmut Scholz (Die Linke) über das heftig diskutierte Thema Freihandelsabkommen unter anderem TTIP und CETA geführt. Die Gespräche öffneten unserer 20-köpfigen Delegation die Augen. In Gesprächen mit Bernd Lange und Rainer Wieland wurde deutlich, wie die Proteste von Millionen Europäern, aber auch die Erfahrungen mit „Freihandelsabkommen“, vorgetragen von angereisten Delegationsteilnehmern aus Mittelamerika, von den beiden Politikern selbstherrlich verharmlost beziehungsweise ignoriert wurden.

Im Anschluss an die Reise drückten Mitglieder unseres Vereins in einem Brief an den Vorsitzenden des Handelsausschusses Bernd Lange (SPD) ihre Sorgen im Zusammenhang mit der privaten Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) aus: „Solange es eine Sondergerichtsbarkeit für Investoren gegen Staaten gibt, bleibt es ISDS. Daran können auch die vielen ,Wortakrobatik-Übungen’ seitens der Befürworter im EP nichts ändern. Treffen Sie in der entscheidenden Abstimmung am 8. Juli eine historische Entscheidung, anstatt den von Ihnen in die Wege geleiteten Kompromiss mit dem konservativen Block im EP weiterhin nachzugehen.“

Mit Empörung mussten wir dann aber das Abstimmungsverhalten der Sozialdemokraten und Konservativen im Europaparlament am 8. Juli in Straßburg beobachten. Nach der abgesagten ersten Abstimmung am 10. Juni aufgrund unklarer Mehrheitsverhältnisse und über 100 Änderungsanträgen verabschiedete das EP eine TTIP-freundliche Resolution, die federführend von Sozialdemokraten und Konservativen ausgehandelt wurde. Das mag verstehen, wer will. Millionen Europäer haben Petitionen unterschrieben. Hunderte Gemeinde- und Stadtparlamente hierzulande formulieren in Beschlüssen ihre berechtigten Sorgen. Nichtregierungsorganisationen, die weltweit arbeiten, bringen seit Monaten immer wieder „Licht ins Dunkel dieser Geheimverhandlungen“, veröffentlichen brisante Unterlagen und informieren die Medien.

Vertreter aus vielen Staaten des Globalen Südens warnen Europa vor den Folgen von Freihandelsabkommen. Vor allem wurde ein klares Verbot der privaten Schiedsstellen gefordert. Auch Bürger aus unserer Regionen haben sich in Briefen und Mails an alle EU-Politiker gewandt mit der Bitte, den Widerstand aus der Zivilgesellschaft gegen TTIP und CETA ernst zu nehmen.

All das wurde aber seitens der großen Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen in Brüssel und Straßburg zur Seite geschoben. Das empört uns. Wir haben aber auch gesehen, dass es einige sozialdemokratische Abgeordnete unter anderem aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Österreich und Großbritannien gab, die sich dem Druck durch Martin Schulz und Bernd Lange nicht gebeugt und den ISDS-Kompromiss abgelehnt haben.

Viele, die diese Resolution einen „Etikettenschwindel“ nennen, kündigen bereits ihren weiteren Protest an: bei einer Großdemonstration am 10. Oktober in Berlin im Rahmen eines europäischen Aktionstages. Denn eins wissen wir: Eine andere, faire, demokratische Handelspolitik mit Transparenzauflagen und Konzernpflichten ist möglich und angesichts weltweiter großer ökonomischer wie ökologischer Aufgaben notwendig. Wir sind gespannt, wann die SPD hierzulande begreift, dass diese neoliberale Politik ins Verderben führt und nur den Konservativen hilft. Doch für uns alle gilt in diesen Tagen der Satz von Erich Kästner: „An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“ Also tun wir was! Auf geht’s mit nach Berlin am 10. Oktober.