Wie viele Familien der Geflüchteten wirklich nachkommen, weiß niemand. Foto: dpa-Zentralbild

Die Kommune muss für Flüchtlinge 22 Plätze mehr bereitstellen als ursprünglich gedacht.

Steinheim - Unter dem Punkt Sonstiges gibt es in den Gemeinderatssitzungen in Steinheim ab und an die ein oder andere Überraschung. Das war am Dienstagabend nicht anders. Für sie sorgte Uwe Löder, indem er ein Thema anschnitt, das erst auf der Tagesordnung der Technischen Ausschusssitzung kommenden Dienstag steht und bislang nur Verwaltung und Räten bekannt gewesen ist. Die hinter der WaschWelt geplante Flüchtlingsunterkunft, für deren Bau das Gremium in der Sitzung Anfang April ein Ja gegeben hatte, soll größer werden als geplant. „Es sollen 60 statt der von uns zugestimmten 40 Plätze werden“, verriet Uwe Löder. Dass die Abstimmung darüber im Ausschuss und nicht im Gesamtgremium getroffen werden soll, schmeckt dem CDU-Rat nicht. Grund für die Planänderung und die Aufstockung der Plätze sind die neuesten Zuweisungszahlen des Landkreises. Die Stadt Steinheim muss im Jahr 2017 insgesamt 94 Personen in der Anschlussunterbringung aufnehmen. Das sind rund 22 Personen mehr als bisher angenommen und vom Kreis kommuniziert. Diese Zahl sei vom zuständigen Mitarbeiter des Landratsamtes so „hingerechnet“ worden, monierte Löder. Die Behörde operiere ständig mit neuen Zahlen und ziehe die Stadt über den Tisch. Seines Wissens nach hätten sich andere Kommune schon beim Landkreis beschwert.

Den Vorwurf, die Kreisbehörde ziehe die Kommune über den Tisch, ließ Bürgermeister Thomas Winterhalter nicht unwidersprochen stehen. „Wir haben die Zahlen nachgeprüft. Hier wird keiner über den Tisch gezogen“, betonte er. Von den 39 Kreiskommunen hätten sieben oder acht ihre Aufgaben erfüllt, alle anderen müssten wie Steinheim nachlegen. „Das tut uns weh. Wenn Sie mir am Dienstag die 20 wieder rausstreichen, muss ich damit leben, aber es bringt uns nicht weiter.“ In der Sitzung am 4. April hatte das Gremium dem Bau von zwei Unterkünften zugestimmt: 40 Geflüchtete sollen auf der Fläche hinter der WaschWelt in der Kernstadt und weitere 40 auf dem Parkplatz Stangenwiesen in Kleinbottwar untergebracht werden. Beide Unterkünfte sollen in Stahl-Modulbauweise erstellt werden. Die Kostenschätzungen liegen bei rund 3,3 Millionen Euro.

Um Platz für die weiteren 22 Personen zu haben, soll die Unterkunft in Steinheim nicht zweigeschossig, sondern jetzt dreigeschossig werden. So zumindest der Antrag der Verwaltung für die Sitzung am kommenden Dienstag. Auch für das Jahr 2018 rechnet der Rathauschef mit rund 22 Personen mehr als bisher gedacht.

Die höhere Zuweisung treffe alle Kommunen, betonte Thomas Winterhalter auch gestern Vormittag im Gespräch mit unserer Zeitung noch einmal. „Aber manche haben halt schon so viele in der Erstunterbringung, dass sie damit auskommen.“ Im Dezember habe das Innenministerium des Landes Familiennachzug nicht angerechnet, inzwischen vertrete das Ministerium in diesem Punkt jedoch eine andere Position. Eine Kehrtwende, die für die Kommunen Folgen habe, für die das Landratsamt aber nicht verantwortlich sei. „Und grundsätzlich ist es so, dass keiner wirklich weiß, wie viele kommen. Es handelt sich alles nur um Hochrechnungen.“ Kommenden Dienstag wäre das Baugesuch für die Unterkunft bei der WaschWelt sowieso auf der Tagesordnung gestanden. Zum Erstellen einer Vorlage für eine Diskussion im Gesamtgremium vergangenen Dienstag habe die Zeit nicht gereicht. Und es eine Sitzungsrunde aufzuschieben, das dauere zu lang, erklärt Winterhalter.

Auch Marbach muss nachlegen. Das ist seit Mitte April klar. Noch unklar ist allerdings, wo genau ein weiteres Flüchtlingsheim entstehen wird. „Das muss politisch diskutiert werden“, hatte Rathauschef Jan Trost damals betont. Zwei Standorte kämen dafür infrage, so Trost. Zum einen der Bereich beim Festplatz in der Poppenweilerstraße, zum anderen ein Areal bei der Gemeindehalle in Rielingshausen.