Starker Flug: Auch ohne Thermometer wüsste Stefan Moser, dass die Masse fertig ist. Foto: Michael Raubold Photographie

Von Mitte Oktober an entstehen in der Backstube der Bäckerei Hofmann hunderte Weihnachtsgutsle.

Steinheim-Kleinbottwar - Wärme und der Duft nach süßem Gebackenem, da kommt einem schnell das Lied – vorsicht, Ohrwurm – „In der Weihnachtsbäckerei“ in den Sinn. Auch, wenn es, wie bei diesem Besuch in der Konditorei der Bäckerei Hofmann in Kleinbottwar erst Anfang November ist. Die Produktion der Gutsle ist in vollem Gange.

Während Konditormeister Ingolf Groner die Oberteile der Spitzbuben aussticht – 720 müssen es am Ende sein –, macht sich sein Kollege Stefan Moser, ebenfalls Konditormeister, an die Schokoschäumle. Die Teigherstellung hat es ein wenig in sich. Damit die Schäumle am Ende nicht nach oben aufgehen, sondern so genannte Füßle bekommen, bedient sich der Profi einer übersättigten Zuckerlösung. Diese blubbert in einem Kupferkessel auf dem Gasherd vor sich hin, Stefan Moser rührt und überprüft immer wieder die Temperatur. Exakt 118 Grad muss die Zuckerlösung haben, erklärt er. Hätte er, wie es anno dazumal der Fall war, kein Thermometer, der Konditormeister würde den richtigen Zeitpunkt dennoch feststellen können, wie er verrät: und zwar anhand einer Zuckerprobe. „Diese Stufe heißt ,starker Flug‘“, erklärt Moser und pustet auf ein wenig Zuckerlösung am Löffel. Sofort bilden sich Zuckerblasen, ähnlich den Seifenblasen.

Die Lösung ist also fertig, der Kessel kommt kurz ins kalte Wasser, dann der noch heiße, flüssige Zucker ganz langsam ins steif geschlagene Eiweiß. Kakaopulver macht aus dem Ganzen Schokoschäumlemasse, die dann in zwei Spritzbeuteln landet, aus denen Stefan Moser und die Auszubildende Leonie Hübner in Windeseile kleine Achter in Baisermasse auf Bleche drücken. „Ich kann das gar nicht langsam“, sagt Stefan Moser lachend und formt weiter schnelle Achter, bis neun große Bleche gefüllt sind.

Um 3 Uhr morgens haben Moser und seine Kollegen an diesem Tag angefangen. Eigentlich hätte die Mannschaft bald Feierabend, aber neben dem normalen Geschäft wie Kuchen, Torten, Klein- und Dauergebäck stehen jetzt eben noch Gutsle auf dem Programm. Zwölf Sorten sind im Angebot, in der Konditorei in Kleinbottwar werden täglich immer wieder andere gebacken. Während die Vanillebrötle schon auf dem Blech trocknen, bevor sie gebacken werden, hat Konditorgesellin Martina Neuberger den Teig für das Spritzgebäck in der Mache. Er wird in ein rollendes Maschinchen gefüllt, das ein wenig militärisch anmutet und tatsächlich Teigkanone heißt. Durch einen bestimmten Aufsatz und die Rädchen kann Martina Neuberger lange Spritzgebäck-Schlangen auf ihre Arbeitsplatte zaubern. Anschließend werden sie mit dem Lineal abgemessen, in Stücke geschnitten und zu Ringen, U’s und geraden Schlangen weiterverarbeitet.

Das Spritzgebäck gehört übrigens zu den Favoriten der Kunden, berichtet Stefan Moser, ebenso wie die Zimtsterne. Der Konditormeister selbst ist bei Weihnachtsgebäck ein wenig hin- und hergerissen. Einerseits könne das Gutslebacken schon mal nerven, gibt er augenzwinkernd zu. Andererseits freue er sich drauf, wenn es Mitte Oktober damit losgeht. „Man hat es ja immerhin schon lange nicht mehr gemacht“, so der Konditormeister. Langsam komme auch bei ihm Weihnachtsstimmung auf. „Wenn das Wetter ein bisschen kühler wird, dann passt das ganz gut. Wenn es draußen noch 25 Grad hat, wird es eher schwierig.“

Inzwischen sind die Spitzbubenböden aus dem Ofen gekommen. Wieder kommt der Spritzbeutel zum Einsatz. Diesmal ist er mit Himbeer-Johannisbeer-Konfitüre gefüllt. Jeder große Keks bekommt ein rotes Kleckschen und dann einen kleinen Mandelmürbteig-Bruder obendrauf geklebt. Wenn alles abgekühlt ist, wird der Spitzbube noch mit Puderzucker bestäubt.

Sortiert nach Sorten oder auch gemischt in Becher oder Tütchen abgefüllt werden die Gutsle dann auf die Filialen der Bäckerei Hofmann verteilt. „Von etwa Mitte November bis Mitte Dezember werden die meisten gekauft“, weiß Stefan Moser. Und so lange herrscht in der Konditorei in Kleinbottwar auch noch Ausnahmezustand. In der Weihnachtsbäckerei . . .