Foto: Werner Kuhnle

Michael Binder ist spät zum neuen Stück des Theaterhaufens dazugestoßen. Jetzt spielt er im „Entenmörder“ die Hauptrolle.

Steinheim-Kleinbottwar Am 26. September feiert das Theaterstück „‘s Bähnle“ in der alten Kelter in Kleinbottwar Premiere. Michael Binder spielt die Hauptrolle des alten Lokführers Heinz Bütterer. Bütterer in jungen Jahren wird von zwei anderen Laienschauspielern dargestellt. Im Interview spricht Binder darüber, was ihn an der Figur fasziniert, was die Zuschauer erwartet – und über Lampenfieber vor dem Auftritt.
Herr Binder, sind Sie ein Eisenbahnfan?
Eisenbahnfan ist zu viel gesagt. Aber natürlich wollte ich als kleiner Junge, wie viele andere auch, Lokführer werden. Und heute fahre ich im Urlaub noch sehr gerne mit der Eisenbahn. Vor ein paar Jahren habe ich mit meiner Frau eine Interrailtour durch Südeuropa gemacht. Und wir sind auch schon mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking gefahren. Ich finde es schön, mit der Bahn zu verreisen.
Haben Sie auch einen Bezug zur Bottwartalbahn?
Ja, obwohl ich erst 1977 nach Kleinbottwar gezogen bin, als die Bahn schon stillgelegt war. Aber meine Eltern haben mit uns fünf Jungs jeden Sonntag einen Ausflug gemacht. Und ich erinnere mich noch gut daran, dass wir auch einmal mit der Bottwartalbahn nach Beilstein gefahren sind und dass das viel Spaß gemacht hat. Damals war ich sieben oder acht Jahre alt. Einer meiner älteren Brüder hat damals sogar ein kleines Gedicht über den „Entenmörder“ geschrieben. Ich erinnere mich nur noch an zwei Zeilen: „Das eine bricht den Hals, das andere bricht den Fuß, sodass man Entenmörder sagen muss.“ Es ist eine nette Fügung, dass ich nun den alten Lokführer der Bahn spiele. Und viele Erlebnisse, die er während seiner Dienstzeit hatte, als Schauspieler zeigen kann.
Wie lange sind Sie schon beim Theaterhaufen Bottwar?
Ich bin eigentlich gar nicht beim Theaterhaufen. Ich spiele normalerweise im Verein Burgfestspiele Stettenfels. Zum Theaterhaufen bin ich gestoßen, als mich Sandra Werner, die Regieassistentin des Theaterhaufens, anrief und fragte, ob ich für einen Schauspieler, der ausgefallen ist, einspringen könne. Das war vor etwa sieben Wochen. Ich bin also sozusagen auf den fahrenden Zug aufgesprungen, um im Bild zu bleiben.
Das ist ja sehr kurzfristig. Haben Sie trotzdem gleich zugesagt?
Ja, und dafür gab es gleich mehrere Gründe. Zum einen finde ich es selbstverständlich, dass man einander in einer Notlage hilft. Dann wollte ich wie erwähnt als Kind auch Lokführer werden und finde es schön, dass ich das nun in einer Rolle sein kann. Die Tochter des Lokführers Heinz Bütterer heißt zudem Marlene, so wie eine meiner Töchter. Als Lokführer gehe ich in Pension. Ich selber bin auch mit dem Beginn der Sommerferien als Lehrer in Pension gegangen. Nur deshalb konnte ich so kurzfristig einspringen. Eigentlich hatten meine Frau und ich für diese Zeit nämlich Urlaub eingeplant, und den hätte ich auch gebraucht, wenn es nach den Sommerferien mit der Arbeit weitergegangen wäre. So jedoch konnte ich den Urlaub verschieben. Und schließlich ist es ein alter Traum von mir, mal in der Gutskelter zu spielen. Es ist einfach ein toller Raum. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man dort ein Shakespeare-Theater einrichtet, ähnlich wie das Globe Theatre in London.
War es kein Problem, so kurzfristig die Rolle einzustudieren? Immerhin ist es ja quasi die Hauptrolle . . .
. . . die ich mit zwei anderen teile, ja. Aber der reine Text ist gar nicht so viel. Wenn ich ihn am Stück sagen würde, wäre das etwa eine Viertelstunde. Ich habe ihn auf 30 Karteikarten geschrieben, zusammen mit den Stichwörtern meiner Mitspieler, und ihn immer wieder im Liegestuhl im Garten durchgelesen. Dann habe ich das Ganze erst noch einmal sacken lassen, bevor ich mich wieder auf etwas anderes konzentriert habe. So ging das ganz gut. Für mich hätten es lediglich ein wenig mehr Proben sein können, um noch mehr Sicherheit in den Bewegungen zu bekommen und den Text fest mit den Aktionen zu verknüpfen. Aber hinter uns liegt jetzt ein ganz intensives Probenwochenende, da konnte ich das aufholen.
Was sagt Ihre Frau zu Ihrem Engagement? Immerhin musste auch sie den Urlaub verschieben.
Das war überhaupt kein Problem. Sie ist selber großer Theaterfan. Und sie kennt auch die Arbeit des Theaterhaufens unter der Regie von Ewa Horke. Vom Stück „Matern Feuerbacher“ war sie so begeistert, dass sie es gleich zweimal gesehen hat. Wir wussten also beide, dass Ewa eine tolle Inszenierungsarbeit macht. Das war auch mit ein Grund für meine Zusage.
Wie viel können Sie selber am Text mitgestalten?
Ich habe einiges aus dem Hochdeutschen ins Schwäbische „übersetzt“, weil Ewa ja keine Dialektsprecherin ist. Wenn man dann dabei auf so Wendungen kommt wie „‘s isch höchschde Eisenbahn“, macht das besonders viel Spaß. Aber abgesehen von diesen Übersetzungen stand der Text schon, als ich zum Theaterhaufen dazugestoßen bin. Die Phase der Improvisation, durch die manche Szenen entstanden sind, war da schon vorbei.
Was reizt Sie an der Schauspielerei?
Es ist einfach ein tolles Hobby. Früher habe ich viel Volleyball gespielt und davon kaputte Knie bekommen. Als Schauspieler kann ich mich ganz und gar in eine andere Person hineinversetzen und diese Person dann 90 oder 120 Minuten lang wirklich sein. Man gibt zwar immer ein ganzes Stück von sich selber mit hinein; jeder Schauspieler spielt ja ein und dieselbe Rolle anders. Aber so entdecke ich auch verschiedene Seiten in mir selbst. An Heinz Bütterer speziell hat mich gereizt, dass er aus einem ganz anderen Milieu kommt. Einerseits eher Arbeitermilieu, andererseits ist er als Lokomotivführer aber auch eine gewisse Respektsperson. Und natürlich ist es toll, wenn am Ende so viele Leute durch ihren Applaus zeigen, dass es ihnen gefallen hat.
Ihre Rolle ist der rote Faden, der die einzelnen Szenen zusammenhält. Haben Sie so etwas schon einmal gemacht?
Nein, das ist auch für mich eine ganz neue Erfahrung. Das Stück ist ja tatsächlich kein klassisches Theaterstück mit einer durchgängigen Handlung, sondern eher eine Hommage an die Eisenbahn. Das finde ich aber auch sehr spannend und interessant.
Und wie steht es mit dem Lampenfieber? Es ist ja nur noch etwa eine Woche bis zur Premiere . . .
Lampenfieber bekomme ich immer erst ganz kurz vor der Aufführung. Dann aber heftig.