Auf die Stangenwiesen soll jetzt doch eine Unterkunft kommen. Foto: Archiv (Sandra Brock)

Auf den Stangenwiesen in Kleinbottwar und hinter der WaschWelt in Steinheim entstehen Unterkünfte für Flüchtlinge.

Steinheim - Das Signal der Stadträte in der Sitzung am Dienstag war eindeutig: Ja, wir sind uns der Pflichtaufgabe, Unterkünfte für geflüchtete Menschen zu schaffen, nicht nur bewusst, sondern wollen sie auch erfüllen. Nein, wir möchten keine Gettoisierung und sind deshalb gegen eine große Unterkunft für 90 Menschen. Die Verwaltung ging damit auf den ersten Blick mit ihrem Antrag zwar baden, auf den Grundstücken hinter der WaschWelt und der Minigolfanlage 90 Geflüchteten eine Bleibe zu bieten. Doch eben nur auf den ersten Blick. Denn das Wichtigste haben Bürgermeister Thomas Winterhalter und sein Team erreicht: Sie sind mit einer Entscheidung aus der Sitzung gegangen, die den vorgesehenen straffen Zeitplan möglich macht. Bis zum Jahresende wird nicht nur das dann fertig umgebaute Schafhaus Platz bieten, sondern neue Unterkünfte sollen die Lücke in der Anschlussunterbringung schließen. Aber nicht auf dem ehemaligen Minigolfgelände. Dagegen sprach sich das Gremium gestern aus. Sondern ausschließlich auf dem Grundstück hinter der WaschWelt.

Dafür hatten CDU und SPD geworben. Renate Eggers (CDU) plädierte im Namen ihrer Fraktion für eine maximale Belegung des Areals. Als Gemeinschaftsgebäude könne eventuell das Gebäude der Golfanlage genutzt werden. Darüber hinaus müsse man auf der Suche nach weiteren Gebäuden bleiben, in denen Flüchtlinge untergebracht werden könnten.

Bürgermeister Thomas Winterhalter hatte zu Beginn der Aussprache auf den zeitlichen Druck hingewiesen, dem die Stadt ausgesetzt sei. Die Zahlen, die das Landratsamt Ludwigsburg am 12. Dezember des Vorjahres geliefert habe, ließen relativ wenig Spielraum für Spekulationen. „Wir müssen für 74 bis 77 Personen in der Anschlussunterbringung Raum schaffen. Die endgültigen Zahlen bekommen wir im Laufe des Monats.“ Das Landratsamt habe für die Erstunterbringung auf der Steinheimer Markung 81 Plätze, zwölf mehr mehr als erforderlich. „Diese bekommen wir auf die Anschlussunterbringung angerechnet.“ Allerdings werde die Überkapazität nach den Signalen aus dem Kreishaus wohl das letzte Mal angerechnet.

Die Zahl der Geflüchteten sei weniger geworden. Das sei in den Zeitungen nachzulesen. „Warum haben wir also gerade so einen Druck?“, fragte Winterhalter, um gleich darauf die Antwort zu liefern. Das Asylverfahren dauere zwischen zwölf und 24 Monaten, „dann erst kommen die Menschen bei uns in der Anschlussunterbringung an“. Da die Spitze des Zustroms Ende 2015, Anfang 2016 gewesen sei, treffe es die Kommunen jetzt. Bis dato habe Steinheim für das laufende Jahr acht Menschen aufgenommen. Mit dem Schafhaus gebe es Platz für weitere 26, „aber rund 40 Geflüchtete können wir nicht unterbringen, denn wir haben keine eigenen Immobilien mehr“. Zumal die Prognose des Landratsamtes für 2018 nahezu die gleiche Anzahl an Personen umfasse. In der Sitzung gehe es darum, der Verwaltung einen Arbeitsauftrag zu erteilen, damit Architekt Jürgen Meinhardt eine Planung erstellen könne. Bereits im Technischen Ausschuss Ende März wolle er die Planungen vorlegen. Das was Meinhardt bereits für beide Grundstücke angefertigt habe, sei lediglich eine Ideenskizze, betonte Winterhalter. „Sie können sicher sein, dass ich mir meine ersten fünf Wochen anders vorgestellt habe, aber wir müssen den Karren jetzt zusammen aus dem Dreck ziehen und wir haben großen Zeitdruck.“

Besagten Druck sieht auch Regina Traub (SPD). „Die Verwaltung ist im Zugzwang.“ Ihre Fraktion trage eine Bebauung der Fläche hinter der WaschWelt mit. Allerdings könne es sich nur um ein Provisorium handeln, betonte sie. Und nur mit einer Belegung für 40 bis maximal 50 Personen. Wenn man für 90 Menschen Raum schaffe, brauche man das Wort Integration nicht mehr in den Mund zu nehmen, sprach sie sich gegen eine große Lösung aus. Wie die CDU halte ihre Fraktion die Nutzung des Minigolfgebäudes als Gemeinschaftsraum für denkbar. Darüber hinaus sprach sich Regina Traub für den Einstieg in den sozialen Wohnungsbau aus – etwa in der Lehenstraße, in den Scheibenäckern in Kleinbottwar oder auf einem Grundstück in Höpfigheim Richtung Mundelsheim.

Rainer Breimaier von den Grünen brachte die Fläche „Stangenwiesen“ in Kleinbottwar wieder ins Spiel. Ein Standort, zu dem es auch schon ein Ja des Kleinbottwarer Ortschaftsrates gibt. Dort könnten 40, 50 oder gar 60 Flüchtlinge Platz finden. Dass die Aufwendungen für die Erschließung oder für das Bauen in dem vom Landratsamt als Jahrhunderthochwasser-Gebiet eingestuften Areal, in dem die Stangenwiesen liegen, viel höher seien als bei den beiden Steinheimer Grundstücken, sei noch mit Zahlen zu unterlegen, so Breimaier. Er habe ein gewisses Maß an Verständnis für die Verwaltung, sich mit einer ganz großen Lösung für die nächste Zeit Ruhe zu verschaffen bei diesem Thema. Dennoch hielten auch die Grünen eine Konzentration für problematisch. „Wir wollten bisher immer, dass wir uns auf eine Höchstzahl an Flüchtlingen an einem Ort verständigen. Das Maximum, das wir bisher mitgegangen sind, waren 60 Flüchtlinge an einem Standort“, erinnerte Breimaier. Anders als SPD und CDU sprach der Grüne sich jedoch gegen das Areal hinter der WaschWelt und für eine Bebauung der Minigolfanlage aus. Der Grund: Das von der Stadt beauftragte Büro Zeese habe im vergangenen September in einem Schreiben auf den Lärm von der Waschanlage hingewiesen. „Gesunde Lebensverhältnisse – das muss für alle Menschen gelten, da darf es keine Klassenunterschiede geben. Wir reden hier grundsätzlich von einer längerfristig angelegten Anschlussunterbringung und nicht von Erstunterbringung.“

Für den erkrankten Fraktionssprecher Timo Renz ergriff Andreas Sumser von den Freien Wählern das Wort. Die Standorte seien zwar nicht ganz optimal, sagte er. Aber irgendwann müsse man mal einen Knopf an die Sache machen. Deshalb stimme seine Fraktion der Bebauung des Grundstücks hinter der WaschWelt zu.

Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung, in der sich die Verwaltung mit den Fraktionssprechern beriet und gemeinsam die Beschlussanträge neu formulierte, sprach sich die deutliche Mehrheit des Gremiums gegen den ursprünglichen Antrag der Verwaltung, also gegen eine Belegung mit 90 Plätzen, aber für eine Planung auf den Stangenwiesen sowie auf der Wiese hinter der WaschWelt aus. Damit kann die Verwaltung zusammen mit dem Architekten aufs Gaspedal drücken. Und das ist laut Bürgermeister Thomas Winterhalter das wichtigste Ergebnis der Sitzung. „Wir haben eine Entscheidung und können loslegen.“ Er mache keinen Hehl daraus, dass er die Belegung beider Grundstücke in Steinheim nach wie vor für die beste Lösung gehalten hätte, so Winterhalter gestern Vormittag auf Nachfrage. „Ein Standort hat eventuell das von den Räten befürchtete Problem einer Gettoisierung, aber es hat auch den Vorteil, dass man leichter alles unter Kontrolle hat. So muss man sich um zwei Standorte kümmern. Das wird sicher auch personalintensiver von der Betreuung her sein. Aber es ist demokratisch eine Entscheidung getroffen worden – mit der ich gut leben kann.“