Der Wald ist nicht nur Profitcenter, sondern dient der Erholung und auch der Ökologie. Diese Botschaft ist Revierförster Jürgen Weis (links) Foto: Werner Kuhnle

Die Stadträte und die Verwaltung machen sich jeden Sommer mit dem Revierförster Jürgen Weis auf den Weg durch den Hardtwald. Diesmal allerdings auf Murrer Gemarkung.

Steinheim - Und wieder einmal hat sich der in Sachen Forst „best geschulte“ Gemeinderat mit einer Rundtour durch den Wald in die Sommerpause verabschiedet. Angeführt von Gremiumsmitglied und Revierförster Jürgen Weis, der mit seinem „forstlichen Götterblick“ – ein Titel, den sich Weis mit dem ihm eigenen Charme am Donnerstagabend selbst verlieh – in diesem Jahr vor allem die kultur-geschichtliche Bedeutung des Waldes erläuterte.

Eigentlich hatte er die Stadträte und die Verwaltung – vertreten durch Bürgermeister Thomas Winterhalter und den Ersten Beigeordneten Norbert Gundelsweiler – durch den Erdbeerbühl führen wollen, um ihnen die nach dem Eschentriebsterben abgeräumte Fläche zu zeigen. Doch aufgrund des starken Regens war die geplante Route zu nass. „Deshalb habe ich einen Plan B, der uns ins befreundete westliche Ausland in den Murrer Wald führt“, kündigt Weis mit einem Schmunzeln an. Und so führt er die Gruppe am Forsthof vorbei auf den rund 300 Meter langen befestigten Weg Richtung Landesstraße.

Allerdings nicht, ohne zuvor ein paar Basics loszuwerden. 272 Hektar groß ist der Steinheimer Stadtwald. Die Qualität der Böden ist mäßig – zumindest im Vergleich zu denen der Gemeinde Affalterbach, wo Weis vor zwei Wochen mit den Entscheidungsträgern auf Tour gewesen ist. „Dort sind etwa 70 Prozent sehr gute Böden, bei uns sind es nur etwa 35 Prozent.“ Dennoch liegt der jährliche Hiebsatz in Steinheim bei beachtlichen 1350 Festmetern. Die Eiche, eine extreme Lichtbaumart, die mit schweren Böden und mit Wärme gut zurechtkommt, nimmt 40 Prozent der Fläche ein. „Im Moment sind Eichen sehr gefragt und wir können gute Preise erzielen, ob das so bleibt, müssen wir abwarten“, ergänzt Gundula Gmelin, ihres Zeichens Leiterin des Fachbereichs Forst im Landratsamt Ludwigsburg, die Ausführungen von Jürgen Weis.

Was ist ein Wald? Eine im ersten Moment schlichte, und doch fast schon philosophische Frage, die Weis stellt und selbst beantwortet. „Jeder verbindet mit Wald etwas sehr Individuelles: den ersten heimlichen Kuss hinter einem Baum oder den Bau eines Lägerle.“ Beeinflusst wird das Gefüge Wald von Faktoren wie dem Klima, dem Boden, der Topografie, aber auch dem Menschen. Der intensiven Nutzung unterliegt er schon seit Jahrtausenden, erklärt er der Gruppe, nachdem er den befestigten Weg dann doch für einen Moment links liegen lässt und zielstrebig auf einen Platz zusteuert, der im ersten Moment eben wie ein von Kindern gebautes Lägerle aussieht. Doch der Förster klärt auf: „Wir stehen hier vor einem Keltengrab. Hier in der Gegend gibt es 19 verschiedene.“ Die erste urkundliche Erwähnung des Hardtwaldes datiere ins Jahr 1478. „Die Nutzung des Waldes war wichtig. Man hat das Holz für den Bau, aber auch für das Verbrennen, also die Wärmegewinnung, gebraucht.“ Regelrechter Raubbau sei betrieben worden. „Es sah richtig übel aus“, weiß Weis aus Überlieferungen. Deshalb sei 1548 eine so genannte Hardtwaldordnung festgelegt worden, die definierte, wer, wann, was, wo aus dem Wald holen darf. „Der Wald ist immer ein Spiegel des Zeitgeistes der Gesellschaft.“

Eine halbe Stunde später macht er Halt in einem Fichtenwald. Der Fichtenpreis sei derzeit wieder gut, aber der Klimawandel setze der Fichte zu. „Lange Trockenperioden machen ihr Stress. Sie sondert Pheromone ab, die wiederum Borkenkäfer anlocken“, erklärt Weis und legt seine Hand an den Stamm einer Fichte. „Auf der Größe einer Handfläche können bis zu 30 000 Brutgenerationen von Borkenkäfern entstehen“, macht er die Gefahr der Käferplage anschaulich.

Den Abschluss bildet ein riesengroßer Buchenstamm, der neben dem Weg in Richtung Landesstraße auf dem Boden liegt. Als Anschauungsobjekt habe man den „nicht aus Lust und Laune“ gefällten Stamm liegen lassen, erklärt der Revierförster. „Er soll zeigen, wie sich die Natur das Holz zurückholt.“