Viele helfen beim Sortieren und packen mit an. Foto: Dominik Thewes

Ehrenamtliche Helfer um Conny Fies richten im Obergeschoss des ehemaligen Kaufhauses Gross gerade einen Laden ein, in dem Bedürftige einkaufen können. Auf einem Teil der Fläche finden auch die Sprachkurse statt.

Steinheim - Aus einer Idee ist ein reales Projekt entstanden. Eines, das Menschen helfen und Menschen zusammenbringen soll. In ein paar Wochen wird im Obergeschoss des ehemaligen Kaufhauses Gross ein Laden eröffnen, in dem Waren für den kleinen Geldbeutel angeboten werden. Und zwar – das ist den Initiatorinnen um die Stadträtin Conny Fies wichtig – für jeden. „Das hier gibt kein Geschäft, in dem Flüchtlinge und Asylbewerber umsonst etwas bekommen“, betont Fies. „Hier soll jeder einkaufen können – die alleinerziehende Mutter, die wirtschaftlich schlecht gestellte Seniorin, Familien oder eben auch Flüchtlinge.“ Eine Berechtigung zum Einkauf, in welcher Form auch immer, wird es nicht geben.

Die angebotenen Kleidungsstücke ebenso wie Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände werden etwas kosten – aber eben nicht so viel wie woanders. „Die Dinge sollen nicht verramscht werden. Gerade für die Flüchtlinge ist es wichtig, dass sie mit ihrem Geld umgehen und lernen, dass es auch hier nichts umsonst gibt.“ Die Idee des „Steinheimer Lädles“ schwirrt schon länger durch die Köpfe der Stadträtin und Mitgliedern der SPD-Fraktion. „Wir haben uns immer wieder über unsere Wegwerfgesellschaft geärgert und wollten gut erhaltene Dinge zusammenführen und für kleines Geld dann wieder abgeben“, erklärt Fies. „Auch aus ökologischen Gründen“ fügt Regina Traub an.

Auf den Raum kam Conny Fies über den Sprachkurs, den der Freundeskreis Asyl seit Mai organisiert. Der drohte sechs Wochen lang auszufallen, weil das Franziskushaus in den Ferien nicht genutzt werden kann. Da kam ihr die Idee, die leer stehenden Räume über dem NKD zu nutzen. Im Dezember 2014 kaufte die Stadt das zentrale Gebäude am Kohlereck. Die 500 Quadratmeter im ersten Obergeschoss stehen seit vielen Jahren leer. Am 2. August besichtigte Conny Fies zusammen mit Bürgermeister Thomas Rosner den Raum. Der Stadtchef stellte den Kontakt zur Blankensteinschule her und deren Leiterin Jasmin Meister stellte sofort Tische und Stühle zur Verfügung, um im vorderen hellen Teil zur Marktstraße hin, die Sprachkurse durchführen zu können.

Was dann folgte, kann Conny Fies immer noch nicht so recht glauben. „Wir wurden von einer Welle der Unterstützung und Hilfsbereitschaft regelrecht mitgerissen“, sagt sie und strahlt. Viele packten beim Putzen und Herrichten des Raumes an, wieder andere stellten Waren zur Verfügung. „Erst heute Morgen habe ich mit zwei Männern telefoniert, deren Mutter verstorben ist. Wir dürfen den kompletten Hausstand übernehmen und verkaufen“, erzählt die Steinheimerin gerührt. „Die Mutter kam selbst einmal als Flüchtling nach Deutschland und die Söhne sind sich sicher, dass es auch in ihrem Sinne ist, dass wir die Sachen bekommen.“

Derzeit lagern die ganzen Waren noch in Privaträumen. Nach und nach werden sie aussortiert und ausgezeichnet. Viele ehrenamtliche Helfer packen mit an. Mitglieder des Freundeskreises Asyl, des Bürgernetzwerkes, der Kirchen oder einfach engagierte Bürger. „Sie helfen aus menschlicher Motivation“, wie Traub betont.

Darunter auch Gabrijela Drnaki. Die 32-jährige ist seit zwei Jahren in Deutschland und lebt seit vier Monaten mit Familie in Steinheim. Der Ehemann arbeitet im Steinheimer Bauhof in Form eines Ein-Euro-Jobs. Zusammen mit der zehnjährigen Tochter Sajma hilft sie an diesem Nachmittag beim Sortieren. Für Conny Fies ist die Gemeinschaft ein Zeichen dafür, dass „Steinheim kann“, wie sie es schmunzelnd ausdrückt. Plötzlich finden sich viele Verbündete, freut sie sich. Menschen, die sich vorher nicht kannten, kommen miteinander ins Gespräch, berichtet auch Heike Biederstedt vom Freundeskreis Asyl. „Es entsteht ein Wir-Gefühl und das ist schön.“ Glücklich über den neuen Kursraum ist auch Sabrina Basara. Jeweils montags und donnerstags finden die Sprachkurse statt. Die etwa 40 Teilnehmer kommen aus dem Irak, Serbien, Syrien und Albanien. In Kleingruppen werden sie von fünf bis sechs ehrenamtlichen Helfern unterrichtet. Jede Woche wird ein anderes Thema behandelt. „Vergangene Woche haben wir den Körper durchgemacht, am Montag ging es um den Besuch beim Arzt“, erzählt Basara. Die Bereitschaft, deutsch zu lernen, sei riesig, freut sich die Pädagogin. „Es macht uns und den Flüchtlingen unheimlich Spaß.“ Und die Stadt? Die freue sich, betont der Erste Beigeordnete Norbert Gundelsweiler, über jegliches ehrenamtliches Engagement – so natürlich auch über dieses.