Phillipp Heyden war zur EM 2016 auf Reisen in Island. Foto: privat

Phillipp Heyden hat einen befreundeten Basketballer in Island besucht und sich von der Fußballstimmung der Einheimischen mitreißen lassen.

Marbach - Dieselben Ereignisse nehmen wir anders wahr, je nachdem wo wir sie erleben und mit wem. „Island schreibt weiter an seinem Fußball-Märchen“ titelte die Zeitung „Die Welt“ am 27. Juni 2016, „Die Isländer sind einfach geil“, beschreibt der Basketballer Phillipp Heyden seinen Eindruck von den isländischen Fußballfans beim Public Viewing während der Fußball-EM 2016. Und die Deutschen, die zuhause vor den Bildschirmen das Spiel der Isländer gegen die Engländer gesehen haben, dürften sich vermutlich vor allem an die besondere Kraft erinnern, die von der Wikinger-Choreografie der Spieler und der Stadionbesucher ausging.

Phillipp Heyden sah dieses Gruppenspiel der Fußball-Europameisterschaft mit seinem isländischen Freund Hörður in der Hauptstadt Reykjavík. „Ich war total beeindruckt von der gelösten Stimmung“, erzählt der gebürtige Marbacher. „Diese Geschlossenheit, mit der die Isländer vor dem Fernseher ihr Team anfeuerten, hat mich richtig mitgerissen. Über der ganzen Stadt lag eine besondere Stimmung. Alle haben sich getroffen. Jeder hat ein Trikot getragen.“ Der Profi-Basketballer hatte davor eher im Zusammenhang mit der Finanzkrise von Island gehört und erwartete ein eher ruhiges oder pessimistisches Volk. Doch die positive Energie während der EM hat ihn komplett vom Gegenteil überzeugt. „Die

isländischen Fußballspieler waren zum ersten Mal bei der EM dabei. Es gab noch keine wirklichen Stars, alle hielten zusammen“, erzählt Phillipp Heyden. Die Isländer seien sehr stolz auf ihre neuen Trainingshallen für das Nationalteam gewesen. Davor konnte das Team nämlich nur im Sommer trainieren. Im Winter waren die Bedingungen draußen zu schlecht. Begeistert war Phillipp Heyden auch von den außergewöhnlichen Englischkenntnissen der Isländer.

Auch die Tage nach dem Reykjavík-Aufenthalt haben bei dem heute 29-Jährigen einen bleibenden Eindruck hinterlassen – auch wenn er von den 350 000 Einwohnern nicht mehr viele zu Gesicht bekommen hat. Nach einem Besuch bei seinem Freund und dessen Frau in Keflavik fuhr Phillipp Heyden mit Hörður in die Hütte von dessen Eltern. Das Häuschen steht auf einer Art Campingplatz, den man allerdings nicht mit dem Plätzen in Deutschland vergleichen kann. Zwischen den einzelnen Hütten liegen etwa 300 Meter, ringsherum ist nichts außer Wald: „Im Winter, wenn es dunkel ist, könnte es schon gruselig werden“. Immerhin

hatten die beiden einen Fernseher. Von der Hütte aus erkundeten die Männer das atemberaubende Land: Strokkur-Geysire, Thingvellir-Nationalpark, Silfra-Kontinentalspalte, Gullfoss-Wasserfälle, blaue Lagune und hohe Berge. Zeitdruck hatten sie dabei keinen, immerhin war es um 15 Uhr genauso hell wie um 3 Uhr nachts. „Damit bin ich am Anfang überhaupt nicht klar gekommen“, erinnert sich Phillipp Heyden. Ungewohnt war für ihn auch die geringe

Besiedlung des Landes: „Wenn man nicht in Reykjavík wohnt und trotzdem was erleben möchte, braucht man unbedingt ein Auto. Wir sind von unserer Hütte aus nie zu Fuß losgegangen. Die Entfernungen sind riesig.“

Der Urlaub war für Phillipp Heyden ein ganz besonderes Erlebnis, aber wohnen würde er in Island nicht wollen: „Das Leben dort erscheint mir auf Dauer einsam und ein wenig trostlos. Meinem Kumpel fehlt im Winter die Sonne sehr.“ Außerdem sei das Leben sehr teuer, für ein Bier bezahlte er zehn Euro, für eine Pizza 25 Euro. Seinen zweiten Besuch auf der Insel plant er schon, hat es aber nicht sehr eilig: „Ich würde gerne zurückgehen und dann mit meiner Frau ein Campingauto mieten. Bis dahin müssen aber unsere Kinder aus dem Haus sein.“ Seine kleine Tochter ist gerade allerdings erst ein paar Monate alt…