Mit einer Tätowiermaschine wird die Farbe unter die Haut gestochen. Das kann auch mal weh tun . . Camatcho (links) und Joe haben ihr Studio in der Marktstraße eingerichtet. Foto: imago stock&people

Rolf Amann und Johannes Knödler sind Tätowierer in Marbach. Mit ihnen beginnt die Sommerserie „Unter die Haut“, die sich der Körperkunst widmet.

Marbach - Ja, es tut weh“, steht auf dem kleinen gelben Schild an der Wand des Marbacher Tattoo-Studios Jekyll & Hyde. Und da ist was dran, das weiß jeder, der sich je hat tätowieren lassen. Rolf Amann, besser bekannt als Camatcho, ist selbst Tätowierer – und spricht aus Erfahrung. Er lässt sich lieber tätowieren, als es selbst zu tun. Warum? „Die Haut straffen, den Schmerz verbeißen und dann noch gut tätowieren . . .“, sagt er. Das sei nicht ganz einfach.

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Dennoch hält der Schmerz offenkundig immer weniger Menschen davon ab, ihre Haut mit farbigen Nadelstichen verschönern zu lassen. Der Trend ist eindeutig da, sagt Camatcho. Deshalb haben er und Johannes – Joe – Knödler im vergangenen September auch das Studio in der Marktstraße 40 eröffnet. Allein die Zahl der Studios spreche für sich, findet Camatcho. „Früher gab es zum Beispiel in Stuttgart drei Läden, heute sind es hunderte.“ Wobei es ihm alles andere als recht ist, dass sich praktisch jeder Tätowierer nennen kann. „Es ist leider kein anerkannter Ausbildungsberuf“, sagt Rolf Amann.Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des DOT, des Deutschen Tätowierer Verbandes. „Damit sich nicht einfach jeder Farbe und eine Tätowiermaschine holt. Da passieren die übelsten Sachen.“

Denn tatsächlich gibt es in dem Job viel zu lernen. „Die Hygiene ist das wichtigste“, betont der 58-Jährige. Dazu kommt Wissenswertes über die Haut an sich und nicht zuletzt über die Tätowiermaschine, die Farben, und, und, und . . . Über allem steht aber das Talent. „Entweder einer kann’s oder einer kann’s nicht“, sagt Joe. Der 35-Jährige kam über das Zeichnen zum Tätowieren. Schon in der Schule hat er für seine Mitschüler Porträts von deren Freundinnen gemalt. „So hab’ ich mir das Geld für Zigaretten verdient“, berichtet er grinsend. Die Freunde waren es schließlich auch, die Johannes Knödler nahelegten, Tätowierer zu werden.

Zwei Jahre dauert eine Ausbildung in der Regel. Das komme aber auch darauf an, ob der Lehrling nebenher arbeite, erklärt Joe. Denn ein Ausbildungsgehalt gibt es nicht, vielmehr bezahlt der Lehrling für seine Ausbildung. Nicht wenige müssen daher nebenher arbeiten. Und weil Lehrjahre keine Herrenjahre sind, heißt es erst einmal putzen und alles über Hygiene lernen und den Arbeitsplatz ordentlich vorbereiten. Wenn dann einer soweit ist, darf er auch tätowieren. Dazu sollte er im Laufe seiner Ausbildung zehn bis 15 Freunde mitbringen, denn an die Kunden darf der Azubi noch nicht ran.

Apropos Kunden. Sie sind, so Joe und Camatcho, zwischen 18 und Ende 60 und „vom Arbeitslosen bis zum Banker ist alles dabei“. Lieblingsmotive? Gibt es nicht. „Die Trends ändern sich von heute auf morgen“, weiß Camatcho, der seit 32 Jahren tätowiert. „Die Motive sind breit gefächert.“ So wurden in der vergangenen Woche in dem Marbacher Studio bereits eine Feenwelt tätowiert, ein Poseidon, ein Mandala, ein Engel, ein Porträt von Lemmy Kilmister . . .

Und Schriften, immer wieder Schriften. Hier kann Camatcho zumindest einen Trend erkennen. „Früher haben sich die Leute Bilder tätowieren lassen, die als Symbole für etwas standen. Heute werden ganze Sprüche und Texte tätowiert – bis hin zum Shakespeare-Gedicht.“

Auch Namen stehen hoch im Kurs. Besonders die der Kinder. Von Partner-Namen raten Joe und Camatcho allerdings ab. „Wir versuchen, das den Leuten auszureden. Besser wäre doch beispielsweise ein gemeinsames Tattoo, das könne man auch nach einem möglichen Ende der Beziehung noch als Symbol für eine schöne Zeit sehen.

Ablehnen würden es Johannes Knödler und Rolf Amann aber nicht, einen Partner-Namen zu stechen. „Wenn wir nein sagen, macht es ein anderer“, sind sie sich einig. Und sollte es mit der Beziehung dann doch schief gehen, können die Tätowierer auch weiterhelfen. Camatcho hat sich nämlich auf so genannte Cover-Ups spezialisiert. Das heißt, er lässt mit neuen Tattoos alte verschwinden. Auch er selbst ist so schon mal einen Frauennamen losgeworden . . .