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Bea Hofer ist in einer schwierigen Lebensphase einfach mal weg gewesen. Auf dem Camino Frances hat sie Lasten abwerfen können.

Der Jakobsweg gilt seit Hape Kerkelings verfilmtem Buch „Ich bin dann mal weg“ als ziemlich überlaufen. Ihre Reise auf dem Camino Frances vor neun Jahren trat Bea Hofer aber nicht aufgrund der Buchlektüre an. „Ich hatte schon 1997 auf der Touristikmesse in Stuttgart einen Stand der Jakobspilger aus Paderborn gesehen und war total fasziniert.“ Doch die Erziehung ihrer beiden Töchter Jessi  und Meli, damals sieben und 13 Jahre alt, sah die Sekretärin des damaligen Oberstenfelder Bürgermeisters Reinhard Rosner als absolut vorrangig an.

Das Jahr 2009 hatte es dann in sich. Das Scheitern der Ehe, der Tod ihrer Mutter – Bea Hofer trauerte. Spürte, dass sie vor einem Umbruch stand. „Ich brauchte einfach die Zeit für mich.“ So fand sich die Bottwartälerin plötzlich in den Pyrenäen wieder. Wanderstiefel, Rucksack und Offenheit für das, was ihr der auf vier Wochen angesetzte Weg bescheren würde. Und das war jede Menge, was schon bei der Physis anfing: „Ich hatte keine einzige Blase, keine Krankheit und konnte jeden Tag etwa 27 oder 28 Kilometer laufen.“ Aber die Leistung – sie legte bis auf 150 Kilometer im Bus alles zu Fuß zurück – erschien der Teilnehmerin am New York Marathon als Nebensache:  „Der Jakobsweg  war für mich eher eine Zeit intensiver Wahrnehmung.“

Für sich sein, allein sein beim Wandern. Auch für Bea Hofer die Grundlage. Ist es doch ihr persönlicher Weg. Andere begegnen einem, gehen ein Stück Weg mit. So entsteht oft ein tiefer gehendes Gemeinschaftsgefühl. Das empfand die damals 35-Jährige als stimmig. „Ich habe nie jemanden verbittert gesehen, auch wenn es natürlich dazugehört, sich auch zurückzuziehen.“

Kuriose Erlebnisse sind auf dem Jakobsweg fast schon zwangsläufig. „Einmal kam ich sehr spät in einer Unterkunft an, und eine Frau, wohl eine Dänin, empfing mich mit den Worten: ,Ich habe schon auf dich gewartet‘, und sie servierte mir ein Essen.“ Am Ende stellte sich dann heraus, dass sie Bea Hofer mit einer anderen Pilgerin verwechselt hatte. „Wir verbrachten trotzdem einen supertollen Abend zusammen.“ Unvergessen auch die Übernachtung mit sieben Männern in einem Raum. „Sie waren am Abend beim Essen total nett, aber dann schnarchten sie alle – ich bin mir nicht sicher, ob ich den lauten Schrei geträumt habe oder nicht, aber ich konnte schlafen und sie waren am Morgen wieder alle nett.“

Das besondere Erlebnis der Reise war für Bea Hofer die Begegnung mit einem Mann, der ausgerechnet aus dem nahen Heilbronn stammte. Sich während der Reise auf Nähe einzulassen, sei ihr aufgrund ihrer Trennung nicht leicht gefallen, betont sie, „aber wir stellten eine tiefe seelische Übereinstimmung fest“. Am Cruz de Ferro, wo Pilger ihre tiefste Last abwerfen, weinte sie eine halbe Stunde lang, allein mit einem Bild ihrer Mutter, das sie in eine Muschel eingesetzt hatte. „Auch er sagte, dass er mental eine tiefe Last abgegeben habe.“ Das gegenseitige Verständnis entwickelte sich im Laufe des Caminos weiter – bis zum vorletzten Tag. Als Bea Hofer dann sagte, sie wolle alleine in Santiago einlaufen, drohten sie sich zu verlieren. „Wir hatten ja keine Handy-Nummern ausgetauscht, kannten aber unsere Namen.“ Im Laufe der Nacht bereute sie ihre abwehrende Haltung. „Ich hatte in dem Moment wohl auch gehofft, er würde versuchen, mich umzustimmen.“ Die Love-Story nahm jedoch ein glückliches Ende: „Er saß am nächsten Morgen am Monte de Gozo, dem Berg der Freude – und hatte dort schon einige Zeit wartend verbracht.“