Ankunft am Saarbrücker Hauptbahnhof nach der Fahrt im roten Kleinwagen. Vom Bahnhof ging es mit dem Bus zum Grenzpunkt Goldene Brenn und an dem Tag noch weiter bis nach Tours in Frankreich. Foto: privat

Unser Redakteur Oliver von Schaewen trampte vor 25 Jahren quer durch Europa nach Spanien. Er erlebte Höhen und Tiefen, besonders in Erinnerung geblieben sind ihm hilfreiche Franzosen.

Unser Redakteur Oliver von Schaewen trampte vor 25 Jahren quer durch Europa nach Spanien. Er erlebte Höhen und Tiefen, besonders in Erinnerung geblieben sind ihm hilfreiche Franzosen.

Ich erinnere mich gerne an meine Reise, die ich im September 1993 unternahm. Ich hatte meinen Studienabschluss als katholischer Diplom-Theologe in der Tasche und noch einige Wochen Zeit, bis mein Volontariat bei einer Zeitung in Osnabrück begann. So beschloss ich, von Münster nach Spanien zu trampen, um meinen Studienfreund Antonio, der inzwischen wieder als Priester im 2000 Kilometer entfernten Murcia lebte, zu besuchen. Per Autostopp tausende Kilometer zurückzulegen – das hatte ich als nahezu mittelloser Student schon in den Jahren zuvor einige Male gebracht. Nach Holland, Italien und Spanien gelangte ich während meiner vier Reisen. Erlebte unvergessliche Momente, es gäbe viel zu erzählen. Nun gut, ich war inzwischen 28 Jahre alt und schon beim Aufbruch im herbstlich-diesigen Münster, als ich morgens um 8 Uhr in den Bus stieg, der mich in die Nähe der Autobahnraststätte Münsterland-West brachte, wo ich Autofahrer ansprechen konnte, war mir klar: Der fünfte Trip als Tramper würde der letzte sein – und so etwas wie die Abschiedsreise von meiner Studienzeit.

Am ersten Tag gelangte ich nach Trier, am zweiten über Saarbrücken nach Tours in Frankreich – es lief also gut, da ich mich immer an Autobahnraststätten absetzen ließ und mit meiner Ansprache das nötige Vertrauen schuf. Der dritte Tag begann etwas schleppend, dann aber kutschierte mich ein portugiesischer Truckfahrer bis nach Nordspanien in die Nähe von Pamplona. Wir redeten französisch, was ganz gut klappte, bis ich um fünf Uhr morgens aus seinem schlingernden Lastwagen stieg, weil er übermüdet war und er nicht daran dachte, eine Pause zu machen und zu schlafen. Aber das ist nicht die eigentlich Geschichte…Auch Anna, eine junge Studentin, die ich am Morgen danach im Bus nach Bilbao kennenlernte und mit der ich den Tag dort verbrachte, weil sie offenbar nicht an einer Prüfung an der Uni teilnehmen wollte, ist nicht der Kern der Geschichte. Wir redeten übrigens den ganzen Tag über die Liebe und ich fuhr am nächsten Tag hoffnungsvoll in einen Badeort namens Zarautz, um sie wiederzusehen. Sie kam aber nicht, was zum wolkenverhangenen, menschenleeren und deshalb besonders trostlosen Strand passte.

Um nicht mehr lange um den heißen Brei herum zu schwafeln: Die eigentliche Geschichte spielte sich in der Depri-Phase nach Zarautz ab. Ich beschloss, möglichst schnell zu Antonio zu gelangen und in einem Rutsch quer durch Spanien an die Südwestküste nach Murcia durch zu trampen. Und ich hatte Glück: Ein Pärchen hielt und nahm mich in ihrem Kleinwagen mit. Franzosen aus der Nähe von Bordeaux, die auch quer durch Spanien wollten. Unterwegs öffneten sie auf einem Parkplatz die Schatztruhe ihres Picknickkorbes. Sie hatten nämlich daheim einen Lebensmittelladen, erzählten sie und breiteten auf einem Parkplatz alles aus: Baguette, Leberpastete, würziger Käse, …ach, war das lecker, Kindheitserinnerungen an unsere Campingurlaube in Südfrankreich wurden wach – ich selbst hatte natürlich nichts mit. Und obwohl mein Schulfranzösisch begrenzt war, verstanden wir uns richtig gut.

Und jetzt strebt diese kleine Erzählung endlich ihrem Höhepunkt entgegen. Denn als Tramper bist du dir bewusst, dass du außer deiner guten Laune wenig hast, um die Benzinkosten deiner Fahrer auch nur einigermaßen zu kompensieren. Und natürlich ging es auch nicht darum, sie zu entlohnen, als wir am Abend am Autobahn-Motel in der Nähe von Madrid ankamen und einchecken wollten. Wir mussten viel mehr ein Problem lösen: Das bestand darin, dass die beiden weder Englisch noch Spanisch konnten, der Portier aber wiederum des Französischen nicht mächtig war. Zum Glück gab’s mich als Übersetzer. Ich konnte also sprachlich eine Brücke bauen. Das fühlte sich wirklich gut an: Ein Deutscher, der Franzosen und Spanier im Südwesten Europas zusammenbrachte, das hatte was, sagte ich mir. Der Abend im Hotel war noch sehr nett, und am nächsten Morgen fuhren wir weiter Richtung Süden. 

Später schickten mir die beiden noch Fotos von der Reise. Ich habe sie aufgehoben, unsere Spuren haben sich leider verloren, aber heute schicke ich ein umso dickeres Merci nach Bordeaux.

Die Fakten

Urlaubsjahr: 1993
Land: Deutschland, Frankreich, Spanien
Mit wem: alleine
Wie lange: drei Wochen

Zur Person

Oliver von Schaewen, geboren 1965 in Kreuztal, Kreis Siegen
Zivildienst und Theologie-Studium in Münster von 1985 bis 1993
Redakteur bei der Marbacher Zeitung seit 1997