Vor dem Ludwigsburger Amtsgericht kommt es letztlich zum Täter-Opfer-Ausgleich. Foto: dpa

Vor dem Ludwigsburger Amtsgericht kommt es letztlich zum Täter-Opfer-Ausgleich.

Pleidelsheim -

Der eine beruft sich auf eine alkoholbedingte Erinnerungslücke, der andere kam mit inneren Verletzungen ins Krankenhaus, und von den befreundeten Augenzeugen wollte keiner einen Fußtritt in den Bauch des Opfers gesehen haben: Diesen Fall löste Strafrichter Florian Bollacher im Ludigsburger Amtsgericht ganz einfach mit einem Täter-Opfer-Ausgleich. Die Beteiligten mussten sich noch im Gericht darüber verständigen, wie der Täter – gegen ihn sprachen die objektiven Beweise – seinem Opfer aus Pleidelsheim den unfreiwilligen Krankenhausaufenthalt wieder gut macht. Das Tatmotiv aus der Gerichtsakte lautete: „Frauengeschichten“ bei den „Biker-Days“ in Münchingen.

Der 24-jährige Angeklagte hatte Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, um vor Gericht zu erklären, dass er von der vermeintlichen Körperverletzung nach dem Konsum von reichlich Bier und Wodka überhaupt nichts mehr wisse. Im Strafbefehl gegen den Fachhochschulstudenten stand aber, er hätte einem seiner Kumpels am 30. Juli vergangenen Jahres gegen 1.30 Uhr sein Knie in den Bauch gerammt und damit einen Nierenriss verursacht. Die Münchinger „Biker-Days“, eine Art „Dorffest“, wie Zeugen sagten, waren schon zu Ende und die Facebook-Clique wollte noch mit dem Taxi in eine Diskothek nach Freiberg. Bevor das Taxi kam, sahen einige Zeugen einen 23-Jährigen am Boden knieen. Warum, konnte oder wollte keiner sagen.

Die übrigen Kumpels wussten im Zeugenstand eigentlich noch so ziemlich alles aus jener Nacht. Nur nichts über das Knie des Angeklagten, dass so wuchtig im Bauch des Opfers gelandet sein musste, dass es innere Verletzungen gab. Der Angeklagte selber gab an, die komplette Clique sei mit dem Taxi nach Freiberg gefahren. Seinem Freund sei es plötzlich nicht mehr gut gegangen, weshalb dieser auf dem Parkplatz der Disko aus dem Taxi ausgestiegen und zu Fuß nach Hause gegangen sei. Am nächsten Morgen hätte der Freund ihm geschrieben, er sei im Krankenhaus, hätte Blut im Urin, und er sei schuld daran. Wie sich der Freund den Nierenriss zugezogen hat, konnte sich der Angklagte nicht erklären. Er wisse schon, sagte dieser, dass sich unter der Facebook-Freundschaftsgruppe in der Tatnacht irgendetwas abgespielt habe. Aber er wisse nichts Konkretes.

Das Gericht wusste aus der Akte, dass sich die tätliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern an „Frauengeschichten“ entzündet hat. Das bestätigte sich bei der Beweisaufnahme. Es ging um die Ex-Freundinnen der beiden Beteiligten, zu welchen jeder von beiden Kontakt hatte, und darum, wer was über die Frauen in der Gruppe rum erzählte.

Der 23-jährige Geschädigte aus Pleidelsheim erzählte von dem Treffen mit der Facebook-Gruppe vor Gericht, er hätte eine Weile vor der gewalttätigen Auseinandersetzung etwas mit einer aus der „Mädelsgruppe“ gehabt. Der angeklagte Gruppenführer habe ihm das „an den Kopf geworfen“ und der jungen Frau gesteckt, was er so alles über sie rumerzähle. Die Frau hätte Angst um ihren „guten Ruf“ gehabt. An Silvester zuvor, fuhr der Zeuge fort, hätte es schon mal Ärger wegen der Frauen gegeben. Denn der Angeklagte hätte seine Ex-Freundin angeschrieben. Bezüglich der Frauen, sagte der Belastungszuge, sei er mit dem Angeklagten eigentlich „quitt“ gewesen und hätte deshalb keinesfalls mehr damit gerechnet, dass dieser ihm gegenüber noch gewalttätig werden könnte.

Von seinem Heimweg vom Parkplatz der Freiberger Disko berichtete das Opfer, es hätte unterwegs zur Toilette müssen und dort festgestellt, dass Blut im Urin ist. Ein entsprechendes Foto von einer Urinprobe im Krankenhaus übermittelte er am nächsten Morgen dem Angeklagten per WhatsApp. Ein Freund war ihm in der Nacht noch zu Hilfe geeilt und hatte ihn in eine Klinik gebracht. Vor Gericht zeigte der Verletzte in seiner Zeugenaussage keinerlei Interesse mehr daran, dass der Angeklagte bestraft wird. Inzwischen gehe er mit diesem ab und an schon wieder mal „ein Bierchen trinken“. Die Kumpels der beiden Streithähne gaben als Zeugen nur so viel an, dass es „Stress“ gegeben habe in der Tatnacht. Betrunken gewesen seien alle, umgangssprachlich quasi „recht gut dabei“. Einer der Kumpls sah im Zeugenstand das Opfer „vor Schmerzen gekrümmt“ am Boden knieend noch vor sich. Vom Täter wollte jedoch auch dieser Mann keine Ahnung haben.