Foto: Archiv (Susanne Mathes)

Über muslimische Beerdigungsbräuche ist informiert worden. Die Gemeinde Pleidelsheim legt besondere Grabstätten an.

Pleidelsheim - Der baden-württembergische Landtag hat im März dieses Jahres das Bestattungsgesetz geändert. Aufgehoben wurden die Sargpflicht sowie die Forderung, dass erst frühestens 48 Stunden nach Todeseintritt beerdigt werden darf. Diese beiden Erneuerungen bereiten Bestattungen nach islamischer Art eine gesetzliche Grundlage. Einen weiteren Beschluss fasste der Pleidelsheimer Gemeinderat im Juli: Auf dem Friedhof der Gemeinde werden Plätze für zwölf nach Mekka ausgerichtete Gräber ausgewiesen. Bürgermeister Ralf Trettner geht von mindestens zehn Prozent Mitbürgern muslimischen Glaubens aus.

Weil Hintergründe und weitere Besonderheiten islamischer Bestattungen noch wenig bekannt sind, hatte Trettner den Vorsitzenden der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg, Muhittin Soylu, und dessen Vorgänger im Amt, Riad Ghalaini, eingeladen.

Die konnten einige Unklarheiten, die mit dem Gemeinderatsbeschluss entstanden waren, klären. So sei es im Islam nicht verboten, nach der Verwesung die verbliebenen Gebeine aus dem Grab herauszunehmen und so Platz für einen anderen Leichnam zu schaffen. Keine Rolle spiele dabei, welcher Religion die aufeinander folgenden Toten angehörten.

Einer der wenigen Zuhörer wollte wissen, ob Gräber bei der Pleidelsheimer Moschee denkbar wären, denn der Platz auf dem Gemeindefriedhof sei begrenzt. Zwar bejahten dies die im Publikum anwesenden Vertreter der muslimischen Gemeinde. Doch Trettner erinnerte daran, dass Friedhöfe per Gesetz nur von Kommunen oder den als Einheit registrierten – das sind die katholischen und evangelischen – Glaubensgemeinschaften unterhalten werden dürfen. Demnach müsste die Kommune selbst den Friedhof bei der Moschee anlegen. Dazu sieht Trettner aktuell keinen Anlass. Der Gemeindefriedhof werde die nächsten zwei Jahrzehnte für alle ausreichen, meint er.

Weil der Trend zu den kleineren Urnengräber geht, sieht er sogar eher das Problem, den Friedhof optimal auszulasten. Er müsse da auch als Verwaltungsbeamter sprechen und die finanzielle Seite betrachten, so der Bürgermeister. Je mehr Gräber, desto geringer ist der chronische Abmangel. Der rührt von den Kosten für Unterhalt und Pflege der gesamten Anlage. Bei jeder Bestattung fließt Geld an die Gemeinde.

Als noch ungeklärt stellte sich die Frage der Haftung heraus für den Fall, dass Personen bei einer islamischen Bestattung ins Grab fallen und sich verletzen. Das könnte passieren, wenn die nur in Tücher gehüllte Leiche nach der Grablegung mit Stein- oder Holzplatten abgedeckt wird. Die Erde darf nämlich nicht direkt auf sie fallen.

Vorschrift ist außerdem, dass die Toten dreimal gewaschen werden. Sanitäre Einrichtungen dazu gibt es heutzutage in Moscheen größerer Städte. Zu der Anregung aus der Runde, dass dies auch eines Tages in der Pleidelsheimer Moschee möglich ist, machten deren Vertreter keine konkreten Aussagen.

Die bisher weit verbreitete Überführung von Leichen per Flugzeug zur Bestattung im Herkunftsland sieht der Islam laut Riad Ghalaini eigentlich nicht vor. „Eigentlich sollen sie am Ort des Todes so schnell wie möglich begraben werden“, beruft er sich auf die Sunna, Handlungskodex des Propheten Mohammed. Doch dem stand neben der Verbundenheit der ersten Gastarbeitergeneration zur Heimat bislang die hiesige Sargpflicht im Wege. Mit deren Wegfall und mit den nachwachsenden, in Deutschland stärker verwurzelten Generationen, werden mehr Muslime hier beerdigt werden, glaubt Ghalaini. Der Libanese ist Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Islamische Begegnung und Zusammenarbeit in Stuttgart.