Der Protest gegen das Neubaugebiet Dürren IV hat Nachbarn vereint – Foto: Archiv (avanti)

Der Gemeinde liegen nun alle Stellungnahmen für den Bebauungsplanentwurf vor – die Räte entscheiden am Donnerstag über das städtebauliche Konzept. Gegen das Neubaugebiet am Fuß des Lichtenbergs hat es viel Kritik aus der direkten Nachbarschaft gegeben.

Oberstenfeld - Geht ein Neubaugebiet am Fuße des Lichtenbergs – oder geht es nicht? Kaum ein Thema hat die Gemüter in den vergangenen Monaten in Oberstenfeld mehr erhitzt als die Pläne für das 2,3  Hektar große Areal Dürren IV. Die Gemeinde will neben den bestehenden Baugebieten Dürren II und III rund 100 Wohneinheiten schaffen. Der nächste Schritt für dieses Ziel steht am kommenden Donnerstag, 6. April, an. Die Verwaltung präsentiert in der Ratssitzung um 19  Uhr im Rathaus die Ergebnisse der öffentlichen Beteiligung, die sie seit Juli 2016 betrieben hat.

Das Neubaugebiet Dürren IV ist in Oberstenfeld umstritten, weil Bewohner in den benachbarten älteren Gebieten hartnäckig Widerstand leisten. Sie halten das Gebiet insbesondere wegen der sechs Mehrfamilienhäuser („Schandflecke“) für zu groß dimensioniert. Aus ihrer Sicht ist es auch wegen der ökologisch sensiblen Umgebung deplatziert, werfe Verkehrsprobleme auf und beeinträchige die Luftzufuhr bei ihnen. Die Gegner um Alfred van Zeist, einem der Sprecher der Bürgerinitiative Dürren IV, bemängeln vor allem, dass es im Vorfeld zu keiner echten Abwägung mehr mit anderen möglichen Neubaugebieten kam, die im Oberstenfelder Flächennutzungsplan eingezeichnet waren.

Die Planungen für das Neubaugebiet Düren IV sind indes schon weit vorangeschritten. Seit Jahren hatte die Gemeinde laut Bürgermeister Markus Kleemann dort Grundstücke aufgekauft, weil sie dort das nächste Baugebiet anlegen wollte. So stellte der Gemeinderat im Juni 2016 bereits den Vorentwurf für den Bebauungsplan auf. Danach beteiligte die Verwaltung die Öffentlichkeit unter anderem mit einer Bürgerzukunftswerkstatt, an der auch Dürren-IV-Kritiker teilnahmen. In den Monaten danach durften sich Behörden und andere Träger öffentlicher Belange äußern. Markus Kleemann verweist auf die große Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere durch junge Familien, aber auch durch Senioren, die barrierefrei wohnen wollen. Der Rathauschef hält alle kritisierten Probleme für lösbar – und weiß den Gemeinderat bislang geschlossen hinter sich.

Aufschluss über die Vetretbarkeit von Dürren IV sollen die Gutachten und Stellungnahmen bringen, die am Donnerstag im Gemeindrat vorgestellt werden. „Ich freue mich, wenn die Bürger kommen – wir haben sie von Anfang an beteiligt“, sagt Markus Kleemann. Von zentraler Bedeutung sei der Abwägungsvorschlag. Darin bewertet die Gemeinde als Verfahrensträgerin alle Pro- und Kontra-Punkte. Wichtige Themen sind dabei unter anderem:

Möglicher Flächenfraß und Verbrauch von Landwirtschaftsfläche:
Den Bedenken des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart wegen des Flächenverbrauchs hält die Gemeinde ihr „flächensparendes“ Bauen durch verdichtete Bauweise entgegen und betont eine „sparsame“ Bauweise. Die Gemeinde bewertet die Wahl von Dürren IV gegenüber dem ebenfalls möglichen und 2,3 Hektar großen Gebiet Nußbaum positiv, weil – bei vergleichbarer Entfernung zum Ortskern – in Dürren IV eine „abseitige Lage von emissionsträchtigen Straßen“ vorliege. Auch besitze die Gemeinde dort einen Großteil der Flurstücke und könne die Nachfrage nach Wohnraum rasch befriedigen. Zudem handele es sich im Dürren um „weniger wertvolle Böden“.

Bedenken wegen des Natur- und Artenschutzes:
Die Gemeinde kennt jetzt die Ergebnisse des Artenschutzberichts. Sie hält einen Verstoß gegen Artenschutzgesetze für vermeidbar, wenn sie „vorgezogene Maßnahmen“ ergreife. Dazu zähle unter anderem, sich früh genug um die Vergrämung von Zauneidechsen zu kümmern. Dem Rat der beauftragten Experten der Arbeitsgruppe Trautner will die Gemeinde auf jeden Fall folgen. Sie rechnet mit ein bis eineinhalb Jahren für die Aktion – die Gruppe Trautner werde die Umsiedlung begleiten. Ebenfalls wichtig: Laut Trautner werde der Wildwegekorridor nicht beeinträchtigt, so die Gemeinde in ihrer Antwort auf Einwände des BUND und des Landratsamts Ludwigsburg. Außerdem setze die Gemeinde Ausgleichsmaßnahmen für die verbrauchte Fläche in der Nähe des Landschaftsschutzgebietes um.

Einwände wegen Verkehrsproblemen:
Bereits in der Juni-Sitzung im Vorjahr hat die Gemeinde durch ein Gutachten nachweisen können, dass sich die zusätzlichen Belastungen für die Nachbarschaft in Grenzen halten (wir berichteten). Inzwischen haben die Fachplaner noch einmal nachjustiert. Demnach wird die Ziegelstraße als Sackgasse mit Wendemöglichkeit geschlossen – eine Durchfahrt zur Planstraße in Dürren IV wäre nicht möglich. Zweite Änderung: Die Parkplätze in der Dürrenstraße werden anders angeordnet, um einzelne Zufahrten freizuhalten. Auch wird die Fahrbahn zur Planstraße verengt. Im Neubaugebiet selbst sind keine Mischverkehrsflächen oder verkehrsberuhigte Bereiche vorgesehen.

Entscheidung über Spielplatz:
Der Spielplatz am Ende der Dürrenstraße soll laut Abwägungsvorschlag erhalten bleiben. Anwohner in der Straße befürchten Lärm durch Kinder aus dem neuen Wohngebiet, weil der zweite Spielplatz weit entfernt liege. Die Gemeindeverwaltung sieht jedoch auch in Dürren II den Generationenwechsel in vollem Gange.

Höhe der Mehrfamilienhäuser:
Die Gemeinde hat die Höhe von 14 Meter auf zwölf Meter reduziert. Das Konzept in Dürren IV sehe 50 bis 60   Wohneinheiten für Geschosswohnungen in sechs Häusern sowie 40  Wohneinheiten für 30 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäuser vor. Die Frischluftzufuhr zu Dürren II und III werde nicht beeinträchtigt, heißt es im Abwägungsvorschlag.

Der weitere Zeitplan bei positivem Beschluss:
Angenommen, die Räte befürworten die Planung des Büro KPS aus Ostfildern am Donnerstag, wäre das nächste Ziel der Bebauungsplanentwurf. Dieser Entwurf würde vom Gemeinderat zunächst festgestellt und Ende 2017 oder Anfang 2018 dann beschlossen. Vor diesem Beschluss sind weitere Anhörungsrunden vorgeschaltet. Die Erschließung ist bisher für Anfang 2019 vorgesehen, der Verkauf ab Mitte 2019. Der Gemeinderat soll laut Verwaltung die Kaufbedingungen im Herbst 2018 festsetzen.