Wildkatzen sind in etwa so groß wie Hauskatzen. Foto: dpa

BUND will den Korridor für Tiere bepflanzen. Zum Startschuss der Aktion gibt es eine Schau.

Oberstenfeld - Es wäre fast wie ein Sechser im Lotto, wenn jemand in Baden-Württemberg eine Wildkatze erspähen sollte. Und das liegt nicht nur daran, dass die geschickten Jäger nachts auf die Pirsch gehen und als ausgesprochen scheu gelten. Vielmehr galt die Art hierzulande als ausgestorben. Inzwischen wurden aber zumindest wieder einige Exemplare in den hiesigen Wäldern nachgewiesen, vor allem im Stromberg. Von dort hinüber zum Schwäbisch-Fränkischen Wald sind es nur rund 20 Kilometer, sodass sich vielleicht auch dort Wildkatzen ansiedeln könnten. Doch die Strecke ist für die Tiere stellenweise brandgefährlich, weshalb der BUND sie über einen bestimmten Korridor lotsen möchte. Dazu müssen aber neue, grüne Inseln geschaffen werden, in denen die Katzen Schutz finden. Ein Projekt, für das nun in Oberstenfeld nach jahrelanger Vorbereitung der Startschuss fällt.

„Das ist der erste Teil, der umgesetzt wird“, freut sich Joachim Lösing aus dem Vorstand des BUND Marbach-Bottwartal. Auf welchen Grundstücken genau, stehe noch nicht fest. „Die Kommune hat uns die Flächen gezeigt, die in öffentlicher Hand sind. Wir müssen jetzt schauen, welche davon am sinnvollsten sind“, erklärt Joachim Lösing. Wenn diese Frage geklärt ist, werde das Areal noch in diesem Jahr entsprechend bepflanzt. Angedacht ist eine Mischung aus Bäumen und Sträuchern. In der Auswahl seien Gewächse wie Ahorn, Eiche, Vogelkirsche, Weißdorn oder Roter Hartriegel. Mit einer Investition von 100 Euro könne man in dem Bereich schon etwas erreichen, weiß der Biologe.

Welche Bedeutung die Naturschützer dem Korridor beimessen, dokumentiert die Tatsache, dass es flankierend zur ersten in Aussicht stehenden Pflanzaktion eine Ausstellung im Oberstenfelder Bürgerhaus geben wird. Bei der Vernissage am Montag, 5. März, wird sogar der Landrat Rainer Haas mit von der Partie sein, der die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen hat. Dass der Startschuss für das Vorhaben ausgerechnet in Oberstenfeld fällt, ist kein Zufall. Vielmehr hängt das mit den Diskussionen um das Neubaugebiet Dürren IV zusammen, gegen das die Naturschützer Bedenken vortrugen. „Das klemmt den nördlichen Korridor ein, wenn Oberstenfeld sich nach Süden ausdehnt“, sagt Joachim Lösing. Er und seine Mitstreiter hatten in der Debatte jedoch schlechte Karten. Denn Dürren IV war längst im Flächennutzungsplan verankert, entscheidende Pflöcke somit schon eingerammt. Am Ende habe man mit dem Bürgermeister Markus Kleemann allerdings zumindest einen Kompromiss ausgehandelt, um den Korridor zu sichern, berichtet Joachim Lösing. Demnach sollte sich die Gemeinde nach der Umsetzung von Dürren IV nicht noch weiter nach Süden ausdehnen und dabei helfen, geeignete Grundstücke für die Bepflanzung der Wildwegestraße zu finden.

Besagter Korridor führt im Landkreis Ludwigsburg grob gesagt von Freudental über Besigheim und zwischen Hessigheim und Kleiningersheim hindurch an Mundelsheim vorbei. Dann schlängelt sich die nördliche Schneise weiter zum Pfahlhofwald und über Winzerhausen nach Oberstenfeld, die südliche über den Kälbling nach Großbottwar und Kleinbottwar. Ziel ist beides Mal der Schwäbisch-Fränkische Wald. Der Weg ist für Wildkatzen vor allem deshalb enorm tückisch, weil dabei Straßen wie die A81 überwunden werden müssen, die sich oft als tödliche Fallen entpuppen. Und die Tiere spazieren natürlich bislang nicht unbedingt den planerisch freigehaltenen Korridor entlang. „Da sind zu viele Entscheidungsmöglichkeiten, um links oder rechts abzubiegen. Wir versuchen deshalb, die Tiere auf den Korridor zu lotsen“, erläutert Joachim Lösing. Helfen sollen dabei eben die grünen Trittsteine, die auf der Route angelegt werden.

Auf welchen Parzellen diese realisiert werden könnten, hat ein externer Fachmann für den BUND überprüft. „Dabei sind tausende Grundstücke bewertet worden“, berichtet Joachim Lösing. In einem nächsten Schritt werde man jetzt mit den Kommunen Kontakt aufnehmen und nachhaken, wo sich weitere Trittsteine verwirklichen lassen. Gespräche sollen beispielsweise mit Vertretern von Großbottwar und Steinheim oder mit den Verantwortlichen in Mundelsheim geführt werden. „Das geplante Neubaugebiet Seelhofen IV in Mundelsheim liegt gleich auf dem Korridor, das schnürt ihn eng zusammen“, erläutert Joachim Lösing, der betont, dass sich die Städte und Gemeinden ihre bereitgestellten Flächen aufs Ökokonto gutschreiben lassen können. Die Natur sei ohnehin ein Nutznießer der Trasse, die im Generalwildwegeplan des Landes festgehalten ist. „Das ist die Chance, in vielen Gemeinden des Kreises eine Biotopvernetzung zu machen. Davon profitieren auch Pflanzen und Insekten und andere Tiere wie Fledermäuse und Vögel“, betont Joachim Lösing. Außerdem könne der Korridor von sämtlichen wandernden Tierarten wie Marder, Iltis oder Hermelin benutzt werden.