Das Mobiliar im Sitzungssaal ist veraltet, die Gemeindeverwaltung steht aber zu ihrem Kurs, eine Snierung zugunsten anderer Projekte aufzuschieben. Foto: Oliver von Schwaewen Foto:  

Die Gemeinde schiebt die Sanierung des Rathauses auf und setzt andere Prioritäten.

Oberstenfeld - Die Gemeinde Oberstenfeld ist finanziell nicht auf Rosen gebettet – das spiegelt sich im Sitzungssaal wider. Die verschrammten Ratstische zählen noch zu den kleineren Problemen. Der wellige Teppich könnte aber zur Stolperfalle werden. Und die knochenharten Zuschauerbänke zehren am Sitzfleisch der Gäste. Für den Bürgermeister Markus Kleemann kommt eine Sanierung trotzdem nicht infrage: „Wir müssen unsere Prioritäten anders setzen“, sagt er, wobei er sich darüber im Klaren ist, dass die Zustände im Saal alles andere als angenehm sind.

Bei einem Rundgang mit dem Bauamtsleiter Volker Wanner treten die Schwächen des Saals deutlich zu Tage. Zunächst einmal führen nur Treppen hinauf. Wer gehbehindert ist, könnte den Versammlungsraum nur mit fremder Hilfe erreichen. Wanner legt den Finger noch auf eine andere Wunde. Er drückt auf einen Knopf, und die holzverkleidete Abdeckung hinter den Stühlen für die Verwaltung fährt nach oben. Seitlich von der großen weißen Projektionsfläche klaffen dicke Ritzen, hinter denen der nackte Beton zu sehen ist. „Das alles ist schlecht isoliert – im Sommer staut sich die Hitze im Saal.“ Machen könne man daran wenig, „aber wir lüften morgens immer stundenlang, dann geht es.“

Überhaupt sind viele der Büros im Rathaus Hitzefallen. „Im Altbau heizt es sich mächtig auf“, weiß Wanner, der noch Glück hat, mit seinem Büro im relativ schattigen Südosten zu liegen. „Es wäre Jammern auf hohem Niveau“, sagt er, wenn er an sein Büro und die hohen Kosten denkt, die eine Komplettsanierung des Rathauses nach sich zöge. „Wir improvisieren“, sagt er. Ventilatoren verschafften den Kollegen im Sommer Luft. Wichtiger sei, dass die Gemeinde den Besuchern im Jahr 2004 mit einem ebenerdig zugänglichen Bürgerbüro einen barrierefreien Zugang eröffnet hatte.

Das Rathaus steht schon seit fast zehn Jahren im mittelfristigen Finanzprogramm der Gemeinde. Es ist Teil der Ortskernsanierung, doch die fand vor allem im Außenbereich der Großbottwarer Straße sowie an Privatgebäuden statt. „Wir müssen uns erst finanziell konsolidieren“, sagt Volker Wanner, der die Kosten allein für den Ratssaal auf 80 000 bis 100 000 Euro beziffert. „Man braucht dafür ein Konzept aus einem Guss“, sagt er und zeigt als Beispiel auf den Teppich, der mit dem Bezug der Zuschauerbänke eine untrennbare Einheit bildet. „Eine Teilsanierung scheidet aus – wir würden Geld zum Fenster hinauswerfen, wenn wir später noch einmal ranmüssten“, meint Wanner, der auch mit Sorge beobachtet, dass in vielen Büros im 40 Jahre alten Rathaus-Neubau die Kabelschächte pickepackevoll sind. „Das Thema schnelles Internet beschäftigt uns.“

Mit dem Gebäude sind aber auch viele Gemeinderäte älter geworden. Sie leiden unter der schlechten Akustik im Ratssaal. „Ich tue mich mit Beiträgen von Kollegen sehr schwer, die diagonal entfernt von mir sitzen“, gesteht der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Perlinger. Er teile den Sparkurs der Verwaltung beim Rathaus und sehe das Geld für Kinder, Jugendliche und Alte besser verwendet, „aber ich wäre bereit, für eine bessere Akustik einen überschaubaren Betrag in die Hand zu nehmen“.

Rückendeckung erhält Perlinger von CDU-Fraktionschef Wolfgang Streufert, der das Thema prüfen lassen möchte. „Es ist wichtig, dass wir uns gut verstehen – sonst können wir auch zu Hause bleiben.“ Ansonsten gelte: „Am Ende muss es finanziell darstellbar bleiben.“ Das Ganze dürfe nicht in einer Teilsanierung münden, bei der unnötig Geld ausgegeben werde.

Genau eine solche schleichende Sanierung befürchtet jedoch Michael Meder, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. „Ich hielte eine Mikrofonanlage vor einer Sanierung für überflüssig.“ Gäste bestätigten regelmäßig, dass sie alles gut hören könnten. „Wenn wir Räte etwas nicht verstehen, sollten wir nachfragen – so viel Zeit muss bleiben.“ Die Räte sollten den Zustand des Saales vorerst so hinnehmen.