Die Mitwirkenden haben ihr Können grandios unter Beweis gestellt. Foto: avanti

Das Vokalensemble de Cantata und das Streicherensemble haben „Membra Jesu nostri“ meisterhaft vorgetragen.

Grandiose barocke Musizierkunst haben die Besucher am gestrigen Karfreitag in der romanischen Stiftskirche in Oberstenfeld erleben und genießen dürfen. Mit dem Vokalensemble de Cantata und dem Streicherensemble il Capriccio hat der ehemalige Chorleiter der evangelischen Kirchengemeinde, Thomas Meyer, mit Dietrich Buxtehudes „Membra Jesu nostri“ die traditionelle Musik zur Sterbestunde Jesu gestaltet.

In einem Zyklus von sieben Kantaten hat Buxtehude für die Passionszeit im Jahr 1680 das Werk komponiert, das „die allerheiligsten Gliedmaßen unseres den Tod am Kreuz erleidenden Jesus“ verherrlicht. Füße, Knie, Hände, Seite, Brust. Herz und Antlitz des Gekreuzigten werden allegorisch gedeutet. Der Text dazu stammt im Wesentlichen aus dem mittelalterlichen Gedicht „Salve mundi salutare“ des Arnulf von Löwen (um 1200). Die Verbindung von lateinischer Hymnendichtung und erotischem Mystizismus spiegelt die pietistischen Strömungen jener Zeit wider. Das bekannte Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ von Gerhardt Hauptmann ist eine Paraphrase über den letzten Teil des Gedichtes, wie Dr. Gunilla Eschenbach im Einführungsvortrag wissen ließ. Sie erläuterte auch den Aufbau des Zyklus im Stil der Concerto-Aria-Kantaten. Buxtehude stellte die mittelalterliche Dichtung in den Mittelpunkt und macht sie zum Einheit stiftenden Element des gesamten Zyklus.

Es ist ein Werk voller Allegorien mit emotionalen, schwärmerischen Texten und gefühlsbetonten Arien. Den Bibeltextvertonungen hat Buxtehude die innigste und am stärksten affektgeladene Musik zugedacht. In der sechsten Kantate werden die „plagae“ (die Wunden) durch schneidende Dissonanzen verdeutlicht.

Das Ensemble il Capriccio mit den Streichern Friedemann Wezel, Dietlind Mayer, Benjamin Herre, Dmitry Dichtiar und Judith Wagner musizierten – ergänzt vom musikalischen Leiter Thomas Meyer (Orgel) – in perfektem Zusammenspiel. Die Vokalisten Ute Gerteis, Eva Wenniges, Alexandra Kirschner, Andreas Gerteis und Daniel Fritsch – alle stimmlich großartig ausgestattet – bildeten ein harmonisches Quintett und überzeugten durch fantastisch gesungene Solo-Arien. Sie ließen die Musik zur Sterbestunde Jesu zum musikalischen Erlebnis werden.

Die qualitative Gestaltung der Oberstenfelder Musik am Karfreitag hat sich herumgesprochen – die Stiftskirche war auch in diesem Jahr wieder voll besetzt. Pfarrer John-Walter Siebert ergänzte den musikalischen Part mit einer Schriftlesung zur Kreuzigung Jesu und sprach Segensworte. An die Mitwirkenden der Karfreitagsmusik richtete Pfarrer Siebert zudem sehr herzliche Worte des Dankes.