Die Geschwister Jannik, Luisa und Julia Wolf (von links) sind bereit für das Seifenkutschenrennen am 17. Juli.Michael Raubold Photographie Foto:  

Die Vorbereitungen für das traditionelle Seifenkutschenrennen in Prevorst laufen auf Hochtouren.

Oberstenfeld - In Prevorst muss man gut aufpassen, wenn man über die Straße geht. Denn hier sind Rennfahrer unterwegs. Mit ihren Seifenkutschen düsen sie durch den Weiler. Es muss geübt werden – schließlich steht am 17. Juli das Seifenkutschenrennen an. Dessen Geburtsstunde war im Sommer 1972, als Schüler aus Prevorst sich vom „Heilbronner Bergpreis“ haben inspirieren lassen, selbst gegeneinander anzutreten. Damals ging Kurt Kunz als Sieger hervor. „In einer selbst gebauten Seifenkutsche“, erinnert er sich zurück. Heute lehnt er im Schatten seiner Garage mit Blick auf die Sammlung an Fahrzeugen, die er über die Jahre für seine Verwandtschaft gebaut hat.

30 Jahre hat die älteste Seifenkutsche auf dem Buckel, den Wagen, in dem er sich den Sieg erfahren hatte, besitzt er leider nicht mehr. Die anderen beiden Kutschen sind 28 und 14 Jahre alt. „Oft werden sie in den Familien weitervererbt“, erzählt er. Kein Wunder, schließlich gehen für den Bau jeweils 350 Euro und drei bis sechs Monate Arbeit drauf.

So war es auch bei der Familie Kunz. Die blauen und roten Flitzer wurden zunächst von den eigenen Kindern Steffen, Sarah und Laura Kunz zum Sieg gefahren. Seit ein paar Jahren sitzen die Nichten und Neffen am Steuer – und das mit Erfolg. So sicherte sich etwa Julia Wolf einen Pokal für den schnellsten Einzellauf eines Mädchens. In der Gesamtwertung schaffte sie es auf den zweiten Platz in ihrer Altersklasse. „Ich bin von Anfang an dabei gewesen“, erzählt sie. Mit acht Jahren dürfen Kinder zum ersten Mal in der Soloklasse A starten. Mit zwölf wechselt man in die Soloklasse B über.

Das Seifenkutschenrennen hat für die Jugendlichen einen hohen Stellenwert. „Vergangenes Jahr war ich eigentlich auf einer Klassenfahrt“, erzählt Julia Wolf. „Ich wurde extra abgeholt, damit ich beim Rennen mitfahren kann.“ Für sie war das eine Selbstverständlichkeit. „Das ist schließlich Tradition.“ Ihre Karriere als Fahrerin ist nun allerdings fast vorbei. Beim diesjährigen Rennen darf sie noch ein letztes Mal antreten. Danach ist sie mit 17 Jahren zu alt. „Unser Rennen ist kein Altesel-Rennen“, betont Eugen Schall, der Pressewart des Seifenkutschen- und Skivereins Prevorst, der seit 1979 die Organisation der Veranstaltung inne hat.

Schall ist an diesem Tag ebenfalls im Hof von Kurt Kunz, um die Kutschen und ihre Fahrer beim Training zu beobachten. Das Seifenkutschenrennen liegt den Menschen in Prevorst eben am Herzen. „Wir machen das für die Jugend“, erklärt Schall mit Blick auf Jannik und Luisa Wolf, die die Straße vor dem Hof als Trainingsstrecke nutzen. „Da fährt weder der Bürgermeister noch der Pfarrer mit.“ Dass sich Erwachsene von den Seifenkutschen fernhalten, sei wohl auch besser so, ergänzt Schall. Da gebe es eh nur zwei Möglichkeiten: „Entweder sie werden ausgelacht, weil sie zu langsam fahren. Oder sie rennen sich das Hirn ein, weil sie die Kutschen nicht beherrschen.“

Dieses Problem kennen die Geschwister Wolf nicht. Sie sind derweil wieder dabei, die Wagen den Berg hinauf zu schieben, um zu einem weiteren Probelauf zu starten. Damit im Ernstfall nichts passiert, gibt es klare Sicherheitsvorgaben. „Es wird nur mit Helm und Handschuhen gefahren“, so Eugen Schall. Bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 Kilometern die Stunde müsse man solche Vorkehrungen treffen. Auch an der Strecke werden Maßnahmen ergriffen – mit Hilfe der sogenannte „Schikanen“, das sind kurvenreiche Streckenabschnitte mit Autoreifen als Begrenzungslinie, die die Seifenkutschen ausbremsen sollen. Der Aufbau und die Bewirtung vor und beim Rennen erfolgt ehrenamtlich. Und hier werden immer Helfer gesucht.

Auch Jannik Wolf, der mit seinen neun Jahren in diesem Jahr seine Premiere in der Soloklasse A feiert, ist auf der Suche nach Hilfe. Die Bremsen funktionieren nicht so, wie er es möchte. „Die Kutsche ist ja auch noch nicht auf dich eingestellt“, ruft Kurt Kunz ihm zu. Generell sei aber vor dem Rennen nur wenig Vorbereitung an den Wagen nötig. „Räder schmieren und Luft reinlassen, mehr nicht“, erklärt er. Deutlich schwieriger war es da, über die Jahre die Seifenkutschen zu perfektionieren. Ein roter Wagen, angelehnt an die Modelle von Ferrari, hat mittlerweile schon 13 Siege in Folge eingefahren.

„Wobei es ja immer Verbesserungen gibt, die man noch vornehmen könnte“, lenkt Kurt Kunz ein. Was hier zählt, sei der Erfindergeist, und von dem hat Kunz viel. So hat er etwa den Unterboden eines Wagens in einer Wannenform gebaut, damit dieser nicht beim Fahren angesaugt wird: „Dann ist seitlich mehr Luft, wodurch man weniger Geschwindigkeit verliert.“ Knifflig sei es gewesen, die Lenkung der Kutschen so zu gestalten, dass sie wie bei einem Auto funktionieren. „Das innere Rad muss sich steiler eindrehen, als das Äußere.“ Die Rennstrecke gebe außerdem Größe und Funktion vor. So müsse man die Wagen klein und wendig bauen, aber dennoch so groß, dass die Fahrer gut sitzen können. „Die ersten Rennen sind wir strümpfig gefahren, weil die Schuhe nicht mit in die Kutsche gepasst haben“, erzählt Kurt Kunz. Inspiriert von den Seitenwagen der Motorräder, die am Bergpreis teilnehmen, habe man auch diese in Seifenkutschenform adaptiert. Hier liegt oder kniet ein Beifahrer auf dem Wagen, während der Fahrer lenkt. „Das gibt es nur hier bei uns“, so Kunz stolz.

Worauf die Prevorster viel Wert legen ist, dass man mit ‚Kutschen’ und nicht mit ‚Kisten’ unterwegs ist. Seifenkistenrennen sind nämlich in einem Verband organisiert, der Europa- und Weltmeisterschaften hat. Dadurch sind die Vorgaben strenger. „Man hat keine freie Wahl. Räder werden etwa teilweise zugelost. Rennkommissare prüfen außerdem alle Strecken“, zählt Schall einen Teil der Unterschiede auf. In Prevorst habe man dagegen viel mehr Freiheit, was die Gestaltung der Wagen angeht. Modifizierungen sind hier generell nötig, denn „eine regelkonforme Seifenkiste kommt gar nicht durch den Parcours“, so Schall.

Diesen möchte Julia Wolf in diesem Jahr wieder besonders schnell abfahren. „Ich will noch mal gewinnen“, gibt sich die 16-Jährige kämpferisch: „Dann darf ich den Mädchenpokal behalten.“ Gern hätte sie auch einen Preis für das Seitenwagen-Rennen gewonnen, aber hier werden nur die Erfolge des Fahrers gezählt. „Du hast zu spät mit dem Gewinnen angefangen“, zieht Eugen Schall Bilanz.