Die beiden Iraner Mehdi Pourmahmoud (links) und Resej Rezai engagieren sich in der Radwerkstatt des Freundeskreises. Sie suchen eine Ausbildungsstelle. Foto: Oliver von Schaewen Foto:  

Der Freundeskreis-Asyl zieht ein Jahr nach Beginn der Zuweisung ein zufriedenes Fazit: Der anfängliche Unmut ist einer großen Hilfsbereitschaft gewichen.

Oberstenfeld - Integration geschieht im Kleinen. Das ist auch in Oberstenfeld nicht anders. Viele kleine Hilfestellungen ermöglichen den Flüchtlingen, allmählich Fuß zu Fassen. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Paten. „Man kann ihnen gar nicht genug danken – sie machen viel mit den Flüchtlingen, spenden und öffnen ihnen Türen“, sagt Jan Boelmann. Der Juniorprofessor der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg wohnt in Oberstenfeld – und engagiert sich ehrenamtlich im Freundeskreis Asyl des 8000-Einwohner-Ortes im oberen Bottwartal. Auch er hat sich an diesem Freitagvormittag Zeit genommen, berichtet von 70 Paten und rund 200 zusätzlichen Hilfsbereiten, die im Mailverteiler sind und sich punktuell engagieren.

Noch vor einem Jahr lag die Stimmung im Keller. Das Landratsamt Ludwigsburg hatte im August eine Zeltstadt für 100  Flüchtlinge angekündigt. Es folgten hitzige Debatten, ob das Grundstück In den Schafwiesen überhaupt geeignet ist. Mittlerweile ist es eingerichtet, allerdings nur für 72  Plätze. Wie versprochen sind Container statt Zelte aufgebaut worden. In den nur elf Quadratmeter großen Wohneinheiten leben jeweils drei Personen, derzeit sind 52 Menschen dort untergebracht. Insgesamt leben 125 Flüchtlinge im Gesamtgebiet von Oberstenfeld, die meisten in der Erstunterbringung des Landkreises, etwa 20 in der Anschlussunterbringung der Gemeinde. „Die Situation ist deutlich besser als erwartet – die Bürger sind jetzt offen“, sagt der Bürgermeister Markus Kleemann, der an diesem Vormittag ebenfalls in die Sozialräume des B 9 im alten Edeka-Gebäude in der Bottwarstraße 9 gekommen ist.

Dass Integration ein langer und schwieriger Prozess ist, sieht auch der Rathauschef Kleemann so. „Wir stellen Räume für die Sprach- und Kulturkurse zur Verfügung“, berichtet er. Denn nicht jeder Flüchtling hat Anspruch auf einen der offiziellen Kurse, die im alten Bahnhöfle stattfinden. Wer noch nicht anerkannt ist und nicht aus einem der Länder mit einer sogenannten „hohen Bleibewahrscheinlichkeit“ kommt (Iran, Irak, Syrien, Eritrea und Somalia), muss darauf länger warten. Kleemann ist froh, dass es im Freundeskreis ehrenamtliche Lehrer gibt, die Deutsch zwei- bis viermal unterrichten. „Die Gemeinde allein könnte das niemals stemmen.“ Aber das B 9 lebt nicht nur von den Sprachkursen, auch in der Radwerkstatt, einem Kochtreff, dem Näh- und Handarbeitskreis und der noch geplanten Holzwerkstatt werden Menschen zusammengebracht.

Die beiden Iraner Mehdi Pourmahmoud und Resej Rezai etwa reparieren Fahrräder. Die vorher gespendeten Drahtesel verkauft der Freundeskreis billig an Flüchtlinge. Der 30-jährige Pourmahmoud ist Bauingenieur, der 23-jährige Rezai würde gerne eine Elektrolehre machen. „Wir suchen für ihn einen Praktikumsplatz“, berichtet die Betreuerin Carmen Wirth. Sie freut sich, dass Pourmahmoud dies bereits gelang.

Die Spendenbereitschaft ist hoch, erzählt die Pfarrerin Martha Siebert. Überörtliche Großunternehmen vermerkt die Freundeskreis-Vorsitzende auf einer Dankesliste ebenso wie lokale Betriebe. Dazu kommen Privatspenden, die sich auch im Kleiderladen manifestieren. „Auch Fahrräder können wir immer gebrauchen.“