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Franz Theiß lässt seine Streuobstwiesen, die allesamt am Hang liegen, umweltverträglich von Schafen beweiden.

Oberstenfeld-Gronau – Vielerorts freuen sich Spaziergänger und Wanderer, wenn sie einer Schafherde begegnen. Auch im kleineren Umfang sind die wolligen Grasfresser äußerst nützlich. Im Bottwartal gibt es Freizeitschäfer, die sich ihre Eigenschaften schon seit Jahrzehnten zunutze machen. Zu ihnen zählt Franz Theiß. Seit rund 30 Jahren lässt der Gronauer Schreiner und Holzbildhauer seine Streuobstwiesen, die allesamt am Hang liegen, von den wolligen Vierbeinern umweltverträglich beweiden.

An geografisch schwierigen Plätzen, an denen der Einsatz von Mähern äußerst komplex und anstrengend ist, sind die Kletterfreunde und Gehkünstler der schiefen Ebene nicht nur höchst willkommen, sie sind auch ideal für die Landschaftspflege. Schafe nämlich knabbern mit Vorliebe an Sträuchern und Wildtrieben junger Bäume und regulieren somit den Baumbestand. „Außerdem verdichten die Tiere den Boden durch die kleinen Klauen“, so Theiß. Allen gepflegten Streuobstbeständen gemeinsam sei die regelmäßige Nutzung sowohl der Obstbäume als auch der Flächen unter den Bäumen, die so genannte Unternutzung. Und wird diese etwa durch eine fehlende regelmäßige Mahd vernachlässigt, verwildere der Grund und Boden.

Wie rasch diese Entwicklung überhandnehmen kann, weiß auch Theiß. Der Gronauer kann ein Lied davon singen, was sich ereignet, wenn auf einem benachbarten Grundstück nichts getan wird. Seit 30 Jahren ist eines der Grundstücke, das an sein eigenes grenzt, nicht mehr bearbeitet worden, da jegliche Spur vom Eigner fehlt. „30 Jahre ohne Mahd und ohne Tiere, das zeigt heftige Spuren“, sagt der Schafliebhaber, der den Zustand bereits nach zwei Jahren Nichtstun als kritisch einstuft. Die Beweidung seiner eigenen Grünflächen mit Schafen begann vor etwa drei Jahrzehnten, als er die Wiesen vererbt bekam. „Anfangs hatten wir das Erbe als Strafe empfunden, als wir erkannten, wie beschwerlich es ist, eine Hangwiese zu mähen“, erinnert sich Theiß. Schließlich aber habe ihn seine Frau auf die Schafe gebracht. „Das war zunächst ein ganz naiver Einstieg, der meine Frau von Schafwolle träumen ließ, die sie zu Pullovern verstricken wollte“, fügt Theiß lächelnd hinzu – der jedoch zunächst abwehrend reagierte. „Dann aber dachte ich darüber nach und habe sogar ein Fachbuch gekauft.“

Schließlich hat das Ehepaar mit zwei ostfriesischen Milchschafen angefangen. Im Lauf der Jahre wurden es wesentlich mehr, und zu Spitzenzeiten hatten sie sogar 40 von den Tieren. Trotzdem rät der erfahrene Schafhalter, der derzeit sieben Mufflons sein Eigen nennt, davon ab, sich Schafe einfach blindäugig anzuschaffen und zu meinen, es reiche, das Grundstück einzuzäunen und dann ist gut. „Wer nicht die richtige Einstellung zu den Tieren hat, sollte die Finger davon lassen“, sagt der Schäfer entschieden, der 16 Jahre lang Vorsitzender der Milchschafhaltervereinigung Baden-Württemberg war. „Es ist nämlich wichtig, täglich mindestens einmal bei den Tieren vorbeizuschauen. Im Winter müssen sie zudem gefüttert werden, und überdies brauchen sie täglich Wasser.“ Und natürlich benötige ein Schäfer Gerätschaften, wie beispielsweise einen Weidezaun, der mit Strom gespeist, die Tiere vom Ausbüchsen abhält. „Der Aufwand also ist keineswegs geringer, als wenn ich das Grundstück einfach mit der Sense mähen würde“, bekennt Theiß. Aber der große Vorteil liegt seiner Ansicht nach im vollendeten Kreislauf, der mit der Ernte guten Obstes beginnt. „Und auch das, was ich den Tieren gebe, bekomme ich von ihnen zurück.“ In Form frischen, gesunden Fleisches, Milch und noch vielem mehr. Denn auch die Wolle ist ein willkommenes Nebenprodukt. Mit rund vier Kilo pro Schaf und Jahr könne man rechnen. Das weiß Theiss noch gut aus den Jahren seiner Vorstandschaft zu beurteilen. Da nämlich wussten die Mitglieder oft nicht, wohin mit dem Schafschurergebnis. Bis Theiss eine kollektive Vermarktungsmöglichkeit fand.