Die Autoren haben ausschließlich eigene Texte vorgetragen. Foto: avanti

Erstmals hat in Oberstenfeld ein Poetry-Slam stattgefunden. Bei der Premiere sicherte sich ein Schwabenreimer den Sieg.

Oberstenfeld - Ob es an „dem sympathischen Moderator“ liegt, wie Monika Streicher den Ludwigsburger Mann mit dem flott-saloppen Zungenschlag vorstellte, oder aber an der Tatsache, dass es der erste Poetry-Slam in Oberstenfeld war: die Vorsitzende des Kulturvereins Oberes Bottwartal staunte am Samstagabend jedenfalls nicht schlecht. Dichtes Gedränge herrschte im Stiftskeller, der Raum gab für ein Happening, das Dichter wie Dichtkunstfreunde in den Gewölbekeller lockte. „Und das obwohl der Vorverkauf nur äußerst schleppend anlief. Wir dürfen also gespannt sein, was heute alles abgeht“, erklärte Streicher den vielen Gästen.

Moderator Hanz erwies sich als eine sichere Größe für den launigen Ablauf des Programms. Das Publikum erweiterte das Zuhör-Vergnügen zudem auf seine Art: es ließ sich einerseits von der gewitzten Animation von Hanz anfeuern und motivierte andererseits – durch seine ausgeprägte Humorbereitschaft und die Applaus-freudige Haltung – die Redner. Und so boten Moderator wie Zuhörer einen Rahmen, der es selbst absoluten Newcomern leicht machte, sich auf der Bühne zu präsentieren. Allen voran die Großbottwarer Realschüler Celin Kazenwadel, Melissa Macun und Nico Engelhardt, die den Poetry-Slam-Workshop mit Hanz an ihrer Schule (wir berichteten) für sich genutzt hatten und ihre Texte – außer Konkurrenz – zum Besten gaben. Ebenso außerhalb der Bewertung performte Denise Hetzer vom Beilsteiner Christoph-Herzog Gymnasium ihre zu Papier gebrachten Gedanken und erhielt, wie die anderen Schüler auch, lebhaften Beifall.

„Keine Requisiten, nur eigens verfasste Texte und maximal sechs Minuten Sprechzeit“, so lauteten die Anweisungen von Hanz, der das Publikum zuvor Applaus-Intervalle in der Stärke von eins bis zehn testen ließ, um ein Gefühl dafür zu geben, wie es seiner Vorliebe für einen Text, Ausdruck verleihen sollte. Beim Oberstenfelder Poetry-Slam nämlich war jeder Zuhörer gleichzeitig Jurymitglied. Ob die akustische Wertung des Moderators der tatsächlichen phonetischen Stärke des jeweiligen Beifalls entsprach, sei dahingestellt. Festzuhalten aber ist, alle Beteiligten verfolgten das Dichtkunstereignis mit außerordentlichem Vergnügen.

Mit dem Marburger Marvin Ruppert startete der erste Block. Jeweils drei Bewerber bei drei Runden ließen ihre witzig-skurrilen, von eigenwilliger Anmut geprägten und intelligenten Wortkaskaden über die Zuhörer regnen. Sie beeindruckten dabei mit Wortakrobatik-Gedichten wie der HCG-Schüler Jan Schneider oder begeisterten charmant-geistreich mit Ausführungen zur „Orientierungsproblematik“, wie es der durch eine Tetra-Spastik auch im Sprechen gehandicapte Backnanger Kai Bosch eindrucksvoll zeigte. Mal kamen die Darbietungen mit jugendlicher Schwermut und dem Hang zur intensiven (auch sozialkritischen) Reflexion daher, wie es vor allem Lisa Back, Lyn van Gent oder Eva Stepkes für sich nutzten, oder sie waren von augenzwinkernder Persiflage getränkt, wie bei Sira Busch oder dem Münchner Andivalent. Ein anderes Mal wurden sie im Rap-Rhythmus gesprochen und zeigten knitze Geistesblitze, wie es der Schwabenreimer Andreas Rebholz ausnehmend gut beherrscht. Er war es auch, der den Wettbewerbssieg für sich verbuchte.