Foto: Oliver von Schaewen

Die Familie Heß will ihr Geflügel ohne importiertes Futtermittel versorgen. Immer mehr Bauern wagen diesen Schritt.

Oberstenfeld - Zufrieden betrachtet Markus Heß die längliche grüne Pflanze in seiner Hand. „Die Schoten haben sich deutlich herausgebildet“, sagt der Landwirt aus Oberstenfeld, der im September ernten will. Auf sieben Hektar baut er erstmals Soja an – und fährt gut damit. „Natürlich kann immer noch Hagel den Pflanzen zusetzen, aber bis jetzt wachsen sie hervorragend.“ Das ist nicht selbstverständlich. Denn der Soja-Anbau galt in hiesigen Lagen lange Zeit als riskant und unrentabel.

Der 33-jährige Heß spielte bereits seit etwa fünf Jahren mit dem Gedanken. Erst der Bau einer genossenschaftlichen Mühle in Eppingen ebnete ihm den Weg. „Das Soja muss wärmebehandelt werden, damit die Hühner das darin enthaltene Eiweiß knacken können.“ Toasten nennt sich das im Fachjargon. Kommt das Soja zurück auf den Hof, wird Heß es zu 20  Prozent dem Hühnerfutter beimischen. Den darin ebenfalls enthaltenen Mais und Weizen baut die Familie auf ihren Flächen schon länger selbst an.

Auf die Karte Soja zu setzen, trauen sich in diesem Jahr im Landkreis Ludwigsburg mehr Bauern als zuvor (siehe Bericht unten). Für sie – wie auch für den nach eigenen Angaben „risikofreudigen“ Heß – bedeutet es Neuland. „Ich könnte mit dem Anbau von Weizen leichter Geld verdienen“, sagt der Geflügelzüchter. Die Feldfrucht Soja brauche eigentlich eine Bodentemperatur von 20 Grad und wachse vor allem in warmen Gefilden Südamerikas. Aber gerade dort seien viele Felder mit gentechnisch veränderten Organismen durchsetzt. „Wir wollen unabhängig von Importen werden und unser Hühnerfutter selbst anbauen“, erklärt Heß, der die Eier seiner 3500 Legehennen im Hofladen verkauft.

Gemessen an anderen Eierproduzenten gilt der Betrieb als kleiner Fisch. Auf den Vertrieb in Supermärkten wollen sie sich nicht einlassen. „Da werden die Preise ständig gedrückt“, weiß Vater Werner Heß, der früher für die CDU im Gemeinderat saß und Vorsitzender des evangelischen Kirchengemeinderats war. Die Familie setze auf die Kundschaft im eigenen Ort. Das soll auch so bleiben, wenn quasi nebenan der große Edeka-Markt im Herbst fertig gestellt sein wird. „Wir hoffen, dass die Leute dann noch einmal hundert Meter weiter fahren.“

Die Kenntnisse für einen gelungenen Anbau hat sich Markus Heß hauptsächlich im Internet angeeignet. Kollegen aus der Rheinebene und Österreich gaben ihre Erfahrungen weiter. Erfreulich: der Soja braucht keine Düngemittel. „Er holt sich den Stickstoff aus der Luft“, erzählt der Seniorchef Werner Heß. Ganz ohne Zusatz gehe es aber nicht. Kleine weiße Knöllchen-Bakterien mussten die Landwirte der Wurzel anfügen. „Damit sie haften bleiben, haben wir Bier genommen“, verrät Heß und verweist schmunzelnd auf eine Stuttgarter Sorte.

Es habe sich bereits viel zum Guten verändert in der deutschen Geflügelzucht, meint Werner Heß – und erinnert daran, dass noch vor Jahrzehnten Fisch- und Tierkörpermehl dem Futter beigemengt wurde. Von diesem Träger tierischen Eiweißes sei man aber spätestens nach dem Rinderwahnsinn-Skandal weggekommen. Die Kunden verlangten heutzutage pflanzliche Eiweiße als Futterstoffe. „Unsere Hühner sind seit 30 Jahren Vegetarier.“