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Um die Vielfalt in den Weinbergen ist es dem Wein- und Landbauverein bei seiner Fahrt durch die Landschaft gegangen.

Oberstenfeld - Auf den Baden-Württemberg-Klischee-Wein Trollinger haben die 45 Gäste vergeblich gewartet. Zu kosten gab es bei der fröhlichen Ausfahrt stattdessen Samtrot und Gewürztraminer, Spätburgunder rosé, den erst 1999 zugelassenen Cabernet Mitos und andere. Was die launigen Erklärungen des Vorsitzenden Rolf Eichinger aber deutlich machten: Viele der vorgestellten Sorten wurden in der Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg, also ganz in der Nähe, gekreuzt. „Wir brauchen uns mit unserem Repertoire nicht zu verstecken“, sagte Eichinger immer wieder.

Bei strahlendem Sonnenschein zogen vier Traktoren die muntere Schar in offenen Anhängern durch die Weinberglandschaft rund um Oberstenfeld. Darunter war ein neuer, eigens für derlei Vorort-Verkostungen angeschaffter Planwagen. Auf dem Forstberg, der Scheiterburg und im Hagstolz wurde angehalten. Vereinsmitglieder schenkten pro Stopp zwei Weine aus. Rolf Eichinger kletterte auf eine Deichsel und stellte so gut verständlich die Sorten vor: den süßen „Frauenwein“ aus Tramin, den Klon vom blauen Spätburgunder namens Samtrot, den „Massenträger“ Kerner, mit dem die hiesigen Weinbauern einst „das Geld für die Schlepper erwirtschaftet haben“. Heute wird die Mischung aus Trollinger und Riesling mehr in Baden und Rheinhessen angebaut. Dafür wächst hier inzwischen die Lemberger-Dornfelder-Mischung Acolon und der noch dunklere Cabernet Mitos. Der färbt nicht nur den Trollinger blau und lässt mit seinem Saft die Lese „wie ein Schlachtfest“ aussehen. Eichinger zauberte auch mit ihm. Drei Tröpfchen aus einer kleinen Beere färbten seinen Sprudel. Nach ein paar Minuten war die Flüssigkeit wieder farblos. „Das ist Magie“, scherzte Eichinger über diese natürliche Reaktion. Falls Weinbauern wie er einmal nichts mehr verdienen würden, könnten sie sich ja als Zauberer versuchen, so Eichinger spaßhaft.

Lieber wäre es ihm freilich, wenn zügig Mittel und Wege gegen eine neue Gefahr gefunden würden, bevor sie sich allzu breit macht: die Kirschessigfliege, von ihm auch KEF genannt. Sie sei schlimmer als der Elefant im Porzellanladen. In einer Vegetationsperiode könne sie sich 16-mal vermehren. Dabei niste sich das Insekt ausgerechnet in die gesunden, reifen Beeren ein.

Als Gegenmittel sind derzeit vor allem eine Ködersubstanz und ein Nervengift bekannt. Das in einem ersten Behandlungsfall in Oberstenfeld zu spät erkannte Problem ist laut Eichinger, dass der Lockstoff acht Tage wirkte, das Nervengift aber nur vier. So kam es, dass auf einem Weinberg „der Acolon nach fünf Tagen kaputt war“. Das bienenfeindliche Nervengift Spindor darf nur morgens und abends nach dem Flug der Nützlinge ausgebracht werden. Mit der Alternative Kalk ist Eichinger auch nicht ganz glücklich. Sie schädige ebenso Bienen und andere Insekten. Eine weitere Möglichkeit sieht er darin, die Waldränder mit ihren Brombeerhecken „runter zu mulchen“ und dem Schädling die Lebensgrundlage zu entziehen.

Jeden Sommer trommelt Eichinger seine Kollegen alle zwei Wochen zu einem Info-Treffen mit einem Experten zum Thema Pflanzenschutz zusammen. In diesem Winter, so seine Vorstellung, wird es mit den Beratungen weitergehen müssen.