Die Bewohner im Holzweilerhof sollen ein Industriegebiet unweit ihres Weilers dulden. Foto: Oliver von Schaewen

Die Region kann sich beim Holzweilerhof ein Gewerbegebiet vorstellen. So auch der Oberstenfelder Gemeinderat, der für die Ausweisung der Fläche votierte.

Großbottwar - Das Industriegebiet am Autobahnzwickel bei Holzweilerhof hat nicht nur im Großbottwarer sondern am Donnerstag auch im Oberstenfelder Gemeinderat für eine kontroverse Diskussion gesorgt. Am Ende stimmten jedoch nur Hanns-Otto Oechsle (SPD) und Inge Zimmermann (FW) bei der Enthaltung von Rolf Lutz (SPD) gegen das 15 Hektar große Gebiet auf Großbottwarer und Mundelsheimer Gemarkung, Dort will sich die Gemeinde Oberstenfeld in einem Zweckverband mit den beiden anderen Kommunen Flächen für Betriebe aus ihrem Ort sichern.

Bekanntlich waren in den vergangenen Jahren viele Firmen aus Oberstenfeld abgewandert. Der Bürgermeister Reinhard Rosner bezifferte den Verlust in der Sitzung auf rund 800 Arbeitsplätze. In der Kommune gibt es nur noch wenige kleine Gewerbeflächen. Grünzüge umgeben die Bebauung und verhindern die Erschließung weiterer Flächen für die Betriebe.

Der SPD-Fraktionschef Günter Perlinger griff in der Diskussion zunächst das Argument der Gegner auf. Er kenne das Gelände, es sei topografisch schwierig. Es würden sicherlich nicht die gesamten 15  Hektar übrig bleiben. „Weiß man, wie viel Netto-Fläche auf Oberstenfeld entfällt?“, fragte er. Der Bürgermeister Reinhard Rosner verwies auf die Praxis in ähnlichen Zweckverbänden. Großbottwar habe als Standort-Gemeinde einen Anspruch auf größere Flächenanteile. Erst in einem Zweckverband werde die genaue Verteilung festgelegt. Die Topografie sei „bewegt“. Aber auch für vergleichbare Gewerbegebiete werde viel Gelände bewegt.

Auf die landschaftlichen Reize am „Tor zum Bottwartal“ machte Hanns-Otto Oechsle aufmerksam. Der Sozialdemokrat möchte die Ausfahrt von der Autobahn nicht verbaut haben. Er findet es widersprüchlich, dass der Verband Region Stuttgart (VRS) Gewerbeflächen in der Nähe vor einigen Jahren nicht genehmigen wollte, jetzt aber den Bau von großen Industriehallen vorantreibe. „In den Hallen der Speditionen arbeiten nur fünf Leute.“ Das sei etwas anderes als Hoerbiger oder Werzalit, wo es auf engem Raum viele Arbeitsplätze gebe. Oechsle sieht auch die Mitbestimmung in einem Zweckverband gegenüber dem VRS begrenzt: „Wir sollen zahlen – die wollen mitbestimmen, wer da einzieht.“

Auf die Planungshoheit der beteiligten Gemeinden verwies wiederum Reinhard Rosner: „Die Region ist beteiligt, aber nicht Grundstückseigentümer.“ Deshalb könne der VRS den Kommunen nichts aufstülpen. Das Gebiet könne für die Oberstenfelder Betriebe nur ein Angebot sein. Es gebe einen freien Wettbewerb – genauso gut könnten die Firmen auch auf die Ottmarsheimer Höhe ziehen.

An die abgewanderten Betriebe erinnerte Andreas Fender von den Freien Wählern. „Ich bin froh, dass sich beim Gewerbegebiet etwas tut.“ Zuletzt habe sich die Spedition Hütter entschieden abzuwandern (wir berichteten). Möglicherweise hätte man sie halten können. Der Bürgermeister sieht die Bedeutung der Logistik steigen, „nicht zuletzt durch unsere Lebensgewohnheiten“. Nicht alle Logistiker hätten wenig Arbeitsplätze aufzuweisen. Es gebe Betriebe mit 500  Stellen, in denen Lagerung, Vorbereitung und Transport zusammenliefen.

Man könne sich an der Autobahn vor lauter Lärm kaum unterhalten, hat Michael Meder (Freie Wähler) bei Wanderungen am Holzweilerhof festgestellt. Er verstehe nicht, dass gerade diese Flächen geschützt werden sollen. „Wir können das Bottwartal nicht abschließen“, sagte er. Arbeitsplätze sollten vor Ort angeboten werden, da sonst Staus entstünden und die Leute am Ende in die Kommune des Arbeitsplatzes zögen. Das wiederum könnte die Feuerwehr im Tagdienst weiter schwächen. Natürlich koste der Zweckverband und die Erschließung Geld, „aber das müssen wir in die Hand nehmen.“

Hanns-Otto Oechsle bezifferte den Flächenanteil der Gemeinde auf 1 bis 1,2 Hektar. „Bei anderen entscheiden wir nicht.“ Karl-Heinz Helber (Freie Wähler) würde glatt dagegen wetten. Oechsle wiederum befürchtet, dass die Steuern der großen Betriebe an andere Kommunen gezahlt würden. Dagegen argumentierte Andreas Fender: Bosch etwa habe in Abstatt einen Bürgerpark und anderes ermöglicht.

Der Bürgermeister betonte, ihm gehe es vor allem um die gewerbliche Entwicklung. „Wir dürfen nicht alles auf die Gewerbesteuer-Einnahmen setzen.“ Wenn eine Gemeinde sich aber nur aufs Wohnen beschränke, werde sie keine Zukunft haben.