Zum ersten Mal hat der neue Bürgermeister Markus Kleemann am Donnerstag am Ratstisch gesessen. Foto: Werner Kuhnle

Markus Kleemann will allen ein neutraler Partner sein. Am Donnerstag ist der neue Oberstenfelder Bürgermeister ins Amt eingesetzt worden.

Oberstenfeld - Oberstenfeld, das schönste Dorf im Bottwartal, hat gerufen – und viele sind gekommen.“ Auf diesen Punkt brachte es Michael Meder, als er am Donnerstagabend die etwa 500 Gäste im Bürgerhaus begrüßte. Der Freie-Wähler-Fraktionschef und erste Bürgermeister-Stellvertreter, im Frühjahr selbst noch bei der Stichwahl angetreten, hatte die Ehre, die Amtseinsetzung des neuen Bürgermeisters Markus Kleemann einzuleiten. Dass er den aus dem fernen Kalabrien angereisten Bürgermeister von Verbicaro, Francesco Silvestri, besonders begrüßte, sorgte für die erste Beifallswelle.

Gekommen waren aber auch viele andere Bürgermeisterkollegen. Sie erlebten, wie Hanns-Otto Oechsle (SPD) als zweiter Stellvertreter des Bürgermeisters die Amtseinsetzung vornahm. Als Beamter müsse Kleemann treu und verschwiegen sein sowie jederzeit die Interessen des Landes vertreten, „auch wenn es ihm schwerfällt“. Für das Amt wünschte Oechsle dem neuen Ortsoberhaupt, die nötige Kraft, Projekte durchzuführen, das nötige Glück und einen langen Atem, „damit am Ende alle sagen: Hut ab und alle Achtung: nun ist er einer von uns.“

Die ersten Gratulanten waren die beiden Fraktionsvorsitzenden Günter Perlinger (SPD) und Wolfgang Streufert (CDU), der dem Rathauschef neben Gesundheit unter anderem „Mut zu Neuem“ wünschte. Einen Präsentkorb in Form einer „goldenen Hand“ drückte den Wunsch nach einem glücklichen politischen Händchen zusätzlich aus. Ein Starterpaket mit „Sekt in homöopathischer Dosis“ als morgendlicher Kreislaufanreger und Beruhigungstee, „falls es mal mit dem Team im Rathaus nicht so läuft“, steuerte Perlinger bei.

Wegen der hohen Wahlbeteiligung von 60 Prozent machte Kleemanns inzwischen verabschiedeter Amtsvorgänger Reinhard Rosner den Bürgern Komplimente: „Sie haben mit der Bürgerbeteiligung ernst gemacht.“ Später erklärte der Landrat Rainer Haas, dass die Wahlbeteiligung um etwa zehn Prozent höher liege als in den meisten anderen Kommunen. „Sie waren damit Vorbild für Städte und Gemeinden.“ Kleemann habe, so Haas, eine „fulminante“ Wahl mit elf Bewerbern mit 50,8 Prozent im zweiten Urnengang für sich entschieden und einen „ganz stolzen Erfolg“ für sich verbuchen können.

Wie gewohnt humorig und sachlich zugleich verwies Reinhard Rosner darauf, dass Kleemann als ehemaliger Parlamentarischer Referent im Kommunalen nun „auf dem Boden der Tatsachen angekommen“ sei. Schließlich werde die große Politik vor Ort umgesetzt – und oft auch dort bezahlt. Ein Bürgermeister sei als Steuermann des Schiffes Gemeinde gefordert. Es gelte, mit der Verwaltung, dem Gemeinderat und den Bürgern „die Winde bestmöglichst zu nutzen“ und neue Ziele zu suchen. Nicht der schnell wechselnde Tagesgeschmack, sondern die langfristigen Ziele sollten den Ausschlag geben. Entscheidend sei die Wortwahl. Sie dürfe nicht dazu dienen, jemanden in die Ecke zu stellen, sondern um gemeinsame Lösungen anzustreben. Auf dem Schiff müsse bei allen Kontroversen und möglichen Stürmen Einigkeit herrschen. Ausdruck dieses bisher im Gremium gepflegten Geistes war Rosners Geschenk: die Sitzungsglocke aus dem Jahr 1959. Sie kam kaum zum Einsatz, weil der gegenseitige Respekt vorherrschte. „Hebt den Anker – Leinen los!“, schloss der frisch gebackene Ehrenbürger, der bald selbst wandernd zu neuen Zielen aufbricht.

In seiner Rede ging der Landrat Rainer Haas auf die Persönlichkeit von Markus Kleemann ein. „Ich habe den Eindruck, dass Sie eine gute Wahl getroffen haben“, sagte er zum Publikum. Kleemann, der im Jahr 2004 in Lauffen Abitur machte, habe im Studium, im Landtag, im Nordheimer Gemeinderat sowie bei den Jungen Europäern viele politische Erfahrungen gesammelt. Jetzt übernehme er in Oberstenfeld ein gut bestelltes Haus. Eine Gemeinde sei aber nie etwas Fertiges. Deshalb müssten veränderte Bedürfnisse der Bürger sachkundig begleitet werden.

Ein gutes Verhältnis zu Gemeinderat und Bürgern riet Volker Schieck, Bürgermeister von Nordheim, dem neuen Kollegen an. Er habe Markus Kleemann als „blitzgescheiten Kerl“ erlebt, der auf Menschen zugehen könne und ein „Arbeitstier“ sei. „Nehmen Sie ihn beim Wort: Er will mit Ihnen nach vorne gehen“, sagte Schieck den anwesenden Bürgern. Es habe immer geheißen, Kleemann strebe nach Höherem. Deshalb, so schlussfolgerte Schieck knitz, habe sich der Einheimische nicht den 300  Meter hohen Heuchelberg vor der Haustüre vorgenommen, sondern sich das 483 Meter hohe Prevorst nicht entgehen lassen. Schieck schenkte Kleemann einen Kompass, „damit er immer weiß, wo ‚Nordhem’ ist“ und gerne gab er den Rat der Ehefrau seines Vorgängers in Nordheim weiter: „Nimm dir bei allem, was die Arbeit verlangt, auch immer Zeit für dich und deine Familie.“

Das Menschliche rückte der Oberstenfelder Pfarrer John Walter Siebert in den Mittelpunkt seines Grußwortes. Es gehe zwar immer darum, viel Papier zu bearbeiten, doch diene dies nur dazu, die Lebensumstände zu gestalten. „Die Verwaltung ist für den Menschen da – und nicht der Mensch für die Verwaltung.“

Dem Amt seine eigene Note verleihen – diesen Mut wünscht dem Bürgermeister Matthias Hubele. Der Vorsitzende des Liederkranzes sprach für die etwa 60 Vereine im Ort. Er habe Kleemann als „tüchtig und engagiert“ erlebt. Sein Tatendrang sei bewundernswert, er wünsche ihm Durchhaltevermögen. Sein Fehlen bei einzelnen Festivitäten sei schon jetzt entschuldigt. Falls sich verärgerte Bürger mal bei ihm meldeten: „Nehmen Sie es sich zu Herzen, aber nehmen Sie es nie persönlich.“

Bei so vielen guten Worten wisse man nicht, wie einem geschieht, sagte Markus Kleemann im Schlusswort. Er sei angetan vom großen Interesse an der Gemeinde, auch an diesem Abend. „Die Kommune ist die Keimzelle des staatlichen Lebens“, zitierte der Bürgermeister Konrad Adenauer. Die Entscheidungen beträfen die Einwohner direkt. Kleemann versprach, allen „ein neutraler und unvoreingenommener Partner“ zu sein. Als Unternehmersohn sei er gewohnt, langfristig zu denken. Der Gemeinderat sei eine „wichtige Stütze“ – „nur mit vereinter Kraft können wir die sympathische Gemeinde vorwärtsbringen“.

Sein Stil werde von Wertschätzung geprägt sein, kündigte Markus Kleemann an. Fehler in der Verwaltung seien menschlich und würden besprochen. Mit einem offenen und ehrlichen Ton wolle er verhindern, dass in der Gemeinde Gräben entstehen. Er werde das Ehrenamt fördern, versprach der Bürgermeister, der auch für Gewerbeflächen eintreten und Projekte wie das 1000-Jahr-Stiftsjubiläum, die Ortskernsanierung, den Schulstandort vorantreiben will. „Es steht und fällt alles mit den Finanzen.“ Er habe nicht viel Zeit sich einzuarbeiten, doch steige er auch in einen Zug ein, der schon fahre: „Viele Projekte sind beschlossen und müssen unabhängig vom Bürgermeister umgesetzt werden.“

Längerer Applaus leitete über zum Stehempfang, bei dem die Gäste miteinander ins Gespräch kamen.