In der Oberstenfelder Ortsmitte haben die Demonstranten unter der Regie der IG Metall Flagge gezeigt. Foto: Oliver von Schaewen

Die IG Metall setzt sich mit einer Demonstration für die Angehörigen einer Gesellschaft ein, die liquidiert werden soll.

Oberstenfeld - Einen Auflauf mit Trillerpfeifen, roten Gewerkschaftskappen und Polizeiwagen hat es in der Oberstenfelder Ortsmitte wohl noch nie gegeben. Das Szenario bot sich am Mittwochmittag gegen 13.30 Uhr. Mehr als 50 Arbeiter hatten sich auf den Weg gemacht. Die Angehörigen der FHK Fertigungsgesellschaft Holz-Kunststoff GmbH&Co. KG, einer auf dem Gelände von Werzalit tätigen Firma, sind vom Werk des Holzverarbeiters zum Rathaus gelaufen. Mit Schildern wie „Gegen die Vernichtung unserer Arbeitsplätze bei Werzalit“ protestieren sie gegen die Liquidierung der FHK, bei der 210 Beschäftigte in Lohn und Brot stehen.

Werzalit selbst hat nach Angaben der von Geschäftsführer Jochen Werz beauftragten Remshaldener Anwaltskanzlei Flechsig „seit über drei Jahren keine operativen Mitarbeiter mehr“. Auf dem Werksgelände seien 20 Gesellschaften tätig, teilweise seien das Fremdfirmen und Dienstleister, bestätigt Jochen Werz am Mittwochnachmittag im Gespräch mit unserer Zeitung.

Trotz dieser wirtschaftlichen Trennung sehen die Protestierenden die Leitung von Werzalit in der Pflicht. „Für mich ist FHK Werzalit und Werzalit FHK – ich kämpfe für eure Arbeitsplätze“, sagt Thomas Martin, Gewerkschaftssekretär der IG Metall, nachdem er den Demonstranten erklärt hat, dass Werzalit durch Anwälte mehrere Zeitungsredaktionen auf die juristische Unterscheidung hingewiesen habe.

Zuvor hatte der Werzalit-Betriebsratsvorsitzende Werner Fischer während der Demonstration erklärt, wie es zur Gründung der FHK im Jahr 2011 gekommen ist. Die Belegschaft habe unter anderem jahrelang auf eine Lohnerhöhung verzichtet. „Im April 2011 folgte als Dankeschön von Herrn Werz der Betriebsübergang in die Industriewerke Werzalit GmbH & Co. KG.“ Im Juni 2012 sei die Gesellschaft zur FHK umbenannt worden. Fischer vermutet, dass damit Werzalit aus dem Namen verschwinden sollte. „Ein Schelm, der hierbei Böses denkt.“

Das Böse habe aber nicht lange auf sich warten lassen, sagt Fischer den Zuhörern der Kundgebung. Im Mai 2013 sei Jochen Werz als Geschäftsführer der FHK zurückgetreten. Im Juni desselben Jahres hätten die FHK-Mitarbeiter vom Beschluss der Gesellschafter erfahren, die Firma zu liquidieren und der Belegschaft zu kündigen. Die Gründe: zu viele Mitarbeiter, die Arbeitszeit sei nicht flexibel genug und die Löhne und Gehälter seien zu hoch.

Bisher gelte nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall noch ein Tarifvertrag, der im Schnitt 14,50 Euro vorsehe. Die FHK wolle diesen Lohn um drei Euro absenken. Die IG Metall habe versucht zu verhandeln, erklärt der Gewerkschaftssekretär Martin im Gespräch. Dabei habe man mit der FHK die Arbeitsplätze neu bewerten wollen. So sollten Kriterien wie etwa IT-Programmierarbeit einfließen. Auch sollte der Verzicht auf Lohn sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld zunächst akzeptiert werden. Diesen Schlichtungsvorschlag hätten aber beide Seiten abgelehnt. Vor den Demonstranten gibt sich Martin kampfbereit und kündigt für den Herbst Aktionen an.

Nach Auskunft des Betriebsrats verhandelt am 10. September eine Einigungsstelle über den Sozialplan. Und am 1. Oktober 2014 werden wohl alle FHK-Mitarbeiter die Kündigung erhalten. „Damit wird die finanzielle Existenz von 210 Familien gefährdet“, klagt Werner Fischer.

Der FHK-Geschäftsführer Jürgen Kreiter war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er hatte zuvor der Stuttgarter Zeitung erklärt, die FHK, auch in Thüringen tätig, schreibe rote Zahlen und er solle für Oberstenfeld effizienter arbeitende Unternehmen suchen, die auch Mitarbeiter übernehmen würden.