Franz Matsche und seine Tochter Martina Lang fühlen sich in Murr und im Böhmerwald heimisch. Deshalb wollen sie die Arbeit der Ortsgruppe Steinheim/Murr fortsetzen, die im Jahr 1957 begonnen hat. Foto: Oliver von Schaewen

Der langjährige Chef des Deutschen Böhmerwaldbundes, Franz Matsche, hat den Vereinsvorstand an seine Tochter Martina Lang übergeben. Beide wollen die Beziehung zu den befreundeten Menschen in der Gegend weiter pflegen.

Murr/Steinheim - Auf eine Generation folgt stets die nächste. Die Weitergabe klappt aber nicht überall. Auch für Vereine kann sie zur Stolperfalle werden – nämlich dann, wenn die nächste Generation das Interesse verliert. Davon bedroht ist auch der Deutsche Böhmerwaldbund. „Es gibt viele Gruppen, die sich auflösen“, sagt Franz Matsche, der im Jahr 1956 die Jugendgruppe für Murr und Steinheim gründete. Inzwischen ist der Mann der ersten Stunde 80 Jahre alt und hat den Vorstand der ein Jahr später gegründeten Ortsgruppe an seine Tochter Martina übergeben.

Viel Zeit ist vergangen seit der Vertreibung von rund drei Millionen Deutschen aus den tschechischen Gebieten nach den Gräueln des Zweiten Weltkriegs. Auch die Murrer und Steinheimer Gruppe ist geschrumpft, hat aber noch rund 100  Mitglieder.

Martina Lang, die den Vorsitz übernommen hat, will das Vereinsleben weiter erhalten. „Wir sind kein Auslaufmodell, weil wir aktiv bleiben“, sagt die 45-Jährige. Sie glaubt, dass die Familien der Böhmerwäldler in Murr und Umgebung ein ausgeprägtes Miteinander pflegen und an ihren familiären Wurzeln weiter interessiert sind. „Wenn wir Ausflüge in den Böhmerwald unternehmen, macht das allen Spaß – da sind nicht nur Oma und Opa, sondern auch junge Erwachsene mit ihren Kindern dabei.“ Enge Beziehungen bestehen zu den Pfarrgemeinden Kirchschlag, Lagau und Tweras im Kreis Krummau. Seit 1983 hat die Gemeinde Murr die Patenschaft für die kleinen christlich geprägten Ortschaften übernommen. „Dass wir in Murr so viel erreicht haben, kommt nicht vom Nichtstun“, sagt Franz Matsche, der sich auch als Imker im Ferienprogramm engagierte, mit seiner Ortsgruppe beim Steinheimer Marktplatzfest und auf der Kaisersberghütte bewirtete und Träger der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg ist. Ein Zeichen der Anerkennung war unter anderem die Übergabe der Heimatstube im Alten Rathaus von Murr am 4. Februar 1994. Seitdem treffen sich die Böhmerwäldler dort regelmäßig. „Ich möchte diese Treffen unserer älteren Mitglieder weiter ermöglichen“, sagt Martina Lang.

Geht es um die Vertreibung, wollen die Vorsitzende und ihr Vater den Blick weiter nach vorne richten. Natürlich schmerze es, an den Verlust des Kulturlandes zu denken, das die Vorfahren einst mühsam gepflegt hatten, räumt Franz Matsche ein. Schließlich sei den Menschen bei der Vertreibung großes Unrecht widerfahren. „Unsere Väter hatten kein Bett und keinen Tisch und mussten sich hier zu Beginn Sätze anhören wie: Wenn du etwas getaugt hättest, dann hätten sie dich nicht vertrieben.“

Auch wegen solcher Erfahrungen habe er ein Herz für Menschen, die heute ihr Land verlassen müssen, betont Franz Matsche: „Flüchtling bleibt Flüchtling – egal, wo er herkommt.“ Es seien doch alles Menschen, die leben wollen – „und das sollen sie auch.“ Er selbst habe zwei Heimaten: Er fühle sich immer noch als Böhmerwäldler, sei aber inzwischen auch hier zu Hause.