Der wenige Regen zuletzt wirkt sich auch auf die Murr aus. Foto: Werner Kuhnle

Die Murr führt zurzeit wenig Wasser mit sich. Das ist eine Folge der Dürre in den vergangenen Monaten. Ein SPD-Politiker macht sich darüber verstärkt Gedanken.

Murr - Die Murr-Regatta in Backnang ist eine Gaudi für Jung und Alt. Kein Wunder, dass das Event schon mehr als 30 Mal über die Bühne gegangen ist. Und doch läuft das Ganze offenbar nicht mehr völlig störungsfrei ab: „Ein immer stärkeres Problem ist, dass die Boote auf Grund laufen“, hat Gernot Gruber beobachtet. Allerdings war sich der SPD-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Backnang nicht sicher, ob die Murr inzwischen tatsächlich weniger Wasser führt oder ob das nur sein Eindruck ist. Deshalb und weil er sich Sorgen um die Auswirkungen machte, ging er der Sache auf den Grund und stellte eine Anfrage – die das Umweltministerium mittlerweile auch beantwortet hat. Im Kern lautet das Ergebnis: Flora und Fauna sind aktuell noch nicht gefährdet.

„Es besteht noch kein Grund zur Besorgnis“, sagt auch Joachim Lösing vom BUND Marbach-Bottwartal. Auf die Tier- und Pflanzenwelt habe der zuletzt niedrige Pegelstand der Murr bislang keine Auswirkungen. Allerdings hat auch Joachim Lösing beobachtet, dass in dem Fluss relativ wenig Wasser plätschert. Das sei aber kein Phänomen, von dem nur die Murr betroffen ist. Viele Gewässer hätten mit dem Problem zu kämpfen, dass der Grundwasserstand abgesunken ist. Das liege an der Dürre der vergangenen Monate.

An solche Perioden mit wenig Niederschlägen muss man sich wahrscheinlich in den nächsten Jahren gewöhnen. Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg weist jedenfalls darauf hin, dass Niedrigwasserstände künftig länger und häufiger auftreten werden. Verantwortlich dafür sei der Klimawandel. Wobei sich der mittlere Abfluss der Murr bei Niedrigwasser voraussichtlich in einem ähnlichen Rahmen bewegen werde wie im Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre. Heißt: Der Wasserstand dürfte nicht noch weiter absacken. Im Schnitt liegt er laut dem Ministerium bei 43 Zentimetern, in Phasen mit wenig Wasser bei 26 Zentimetern. Der Höchststand an der Messstelle in Murr wurde seit 1980 mit 367 Zentimetern im Januar 2011 erreicht, der Mindestwert im August 2003 mit 22 Zentimetern verzeichnet.

Das Ministerium macht klar, dass sich niedrige Pegelstände auf die Wasserqualität auswirken. Aus einem einfachen Grund: „Wenn der Abfluss abnimmt, nimmt der Anteil des Wassers aus den Kläranlagen im Verhältnis zum Gesamtabfluss zu“, konstatiert die Behörde. Die Konzentration der mit dem Abwasser eingetragenen Substanzen – darunter Nährstoffe wie Phosphor oder Ammonium – steige. Von diesem Effekt sei auch die Murr betroffen. Das ließ Gernot Gruber aufhorchen. Schließlich stamme bei einem geringen Abfluss 14 Prozent des Flusswassers aus Kläranlagen. „Bei Niedrigwasser verschlechtert sich die Wasserqualität entsprechend“, konstatiert der Landtagsabgeordnete.

Die damit einhergehende Nährstoffkonzentration könnte wiederum dazu führen, dass Pflanzen gefördert werden, die diese Ballung lieben, erwidert das Ministerium auf die Anfrage von Gernot Gruber. Prinzipiell seien Wasserpflanzen aber an das Auf und Ab des Pegels gewöhnt, sodass sich periodische Wasserschwankungen „mittel- bis langfristig in der Regel nur unerheblich auf die Bestände auswirken“. Ein dauerhaft niedriger Stand könnte zwar unter Umständen dazu führen, dass sich Auenwälder nur noch an gewässernahen Streifen ansiedeln. Doch besagte Wälder seien oft ohnehin nicht mehr flächig anzutreffen – weil sie beispielsweise durch die Landwirtschaft zurückgedrängt wurden. Ähnlich die Perspektiven für die Tierwelt: Wasserschwankungen wirken sich nach Aussage des Ministeriums generell nur unerheblich auf die Population aus. Langanhaltende, niedrige Stände reduzierten jedoch den Lebensraum. Und sollte es je so weit kommen, dass bestimmte Abschnitte trocken gelegt werden, so sei „mit erheblichen Beeinträchtigungen zu rechnen“.

Doch was dagegen tun? „Da habe ich auch noch keine zündende Idee“, räumt Gernot Gruber ein. Zumal die Erderwärmung dahinterstecke, die man lokal nur begrenzt bekämpfen könne. Der Politiker kann sich aber vorstellen, die Pegel über die Hochwasserrückhaltebecken, die an der Murr gebaut werden sollen, höher zu halten. So oder so wolle er in einem Jahr nachhaken, wie sich die Lage entwickelt hat.