Bürgermeister Torsten Bartzsch überreicht den Schlüssel an den CFM-Vorsitzenden Andreas Butz. Damit übernehmen die Carnevalisten das Regiment. Foto: Dominik Thewes

Die Carnevalsfreunde Murr haben das Regiment übernommen. Beim Rathaussturm stießen sie aber auf unerwartete Schwierigkeiten.

Murr - Seit 41 Jahren stürmen die Carnevalsfreunde das Rathaus und hatten dabei nie nennenswerte Probleme. Ganz anders gestern: Nicht nur das von Bürgermeister Torsten Bartzsch „extra bestellte“ schlechte Wetter machte den Narren zu schaffen, sie stießen auf unerwarteten Widerstand: Das ganze Jahr hätten sie im Rathaus „nix g’schafft und nur geübt, geprobt und trainiert“. Die Rathausmitarbeiterinnen hatten sich in eine wehrhafte Mäusegarde verwandelt und bombardierten die Narren mit nassen Schwämmchen und Plastikbällen.

Die Kinder aus den Kindergärten waren als Katzen geschminkt, aber statt die Mäuse anzufauchen, hatten die Kleinen mächtig viel Spaß, den Bällen hinterherzuspringen und die Schwämmchen einzusammeln, die es vom Balkon herunterregnete. „Wir geben den Schlüssel und unseren Chef nicht her“, stand auf dem Transparent, das die standhaften Mäuschen gehisst hatten.

Alles Anrennen war vergebens: Die Carnevalsfreunde, angeheizt von Vize-Präsident Ulrich Szüsz, machten mächtig Radau und wurden angefeuert vom Fasnetsverein Steinheim, den Bottwartaler Schlehbeuchern, den Saubachhexen aus Bissingen, den Neckartalhexen aus Neckarweihingen und auch aus dem fernen Strohgäu waren die Hexen mit ihren Besen hergeflogen.

Bartzsch gab den Narren den Rat, statt des Rathaussturms doch lieber den Katz- und Mausbrunnen zu putzen. Szüsz konterte mit dem Vorschlag, den Rathausvorplatz zu überdachen, damit die Narren nicht länger im Regen stehen müssen. Letztlich musste die Mäusegarde aufgeben. Man fürchtete wohl, der im Rathaus gehortete Käse reiche für eine längere Belagerung nicht aus. Ein kleiner Scherz noch: Als quasi letzte Amtshandlung wollte der Bürgermeister den Schlüssel vom Balkon herunterlassen. Aber die Schnur war zu kurz.

Also ließ man die Narren doch durch die Tür ein. Wie fleißig das Rathausteam war, merkte man im Inneren: Zahlreiche Pappkameraden versperrten den Narren den Weg, zusätzlich war die Treppe mit bunten Bändern blockiert. Doch die Abordnung der Carnelvalsfreunde durchbrach wagemutig die Absperrungen und führte den entmachteten Rathauschef ins Freie.

Dort hatte sich Präsident Andreas Butz einen netten Trick überlegt, um dem 1,98 Meter großen Bartzsch auf Augenhöhe zu begegnen: Er stellte sich für die Schlüsselübergabe auf einen Schemel. Damit dem ehemaligen Bürgermeister die Zeit bis Aschermittwoch nicht langweilig wird, ernannte der Elferrat Torsten Bartzsch zum „Gardeinspector“. Die Tanzgarde der Carnevalsfreunde feiert nämlich Jubiläum: Genau 33 Jahre gibt es die Murrtalfunken, rote Fünkchen und Sternchen, Sternschnuppen und Tanzmariechen.

Als Arbeitskleidung bekam Bartzsch zwar eine Gardeuniform, auf’s Vortanzen verzichtete man aber: „Wir bleiben unserer Linie treu, wir wollen niemand veräppeln“, betonte Szüsz. „Das weiß doch jeder, dass ich jeden Morgen mit einem Flickflack ins Büro gesprungen komme“, erwiderte Bartzsch. Und bewies gleich als eine der wichtigen Aufgabe als „Gardeinspector“, dass er Fünkchen-Schuhe binden kann. „Nur das Schminken lass ich lieber, das Ergebnis wäre wahrscheinlich nicht so gut.“

Das Jubiläum der Garde ziert den Orden und ist damit das Motto der diesjährigen Kampagne der Carnevalsfreunde Murr, die mit dreimal „Murrtal Helau“, „Murr’mer Narr“ und „Rats-Weiber“ eingeläutet wurde, worauf dieses Mal noch ein kräftiges „Mäuse-Käse“ hinterherschallte. Die fünfte Jahreszeit wurde gestern dann gestern Abend mit dem Ordensball und den Ehrungen gefeiert (Bericht folgt in unserer Montagsausgabe).