Nicht immer geht es auf dem Platz zwischen Jugendhaus und Peterskirche so ruhig zu, wie auf dem Schild angezeigt. Foto: Oliver von Schaewen

Der Jahresbericht zeigt: Die Gemeinde ist gut beraten, für das Publikum neue Angebote zu schaffen.

Murr - Der Bau des neuen Jugendhauses am Murrer Hermannsplatz im neuen Jahr ist beschlossene Sache. Wie es im alten Haus mit dem Namen Magnet läuft, darüber hat der Leiter Ulrich Harsch am Dienstag im Gemeinderat berichtet. Sein Report über das Jahr 2017 machte deutlich: Die Sozialpädagogen haben viel zu tun. Der Umgang mit den Besuchern ist nicht immer einfach. Deshalb müssen Angebote zur Freizeitgestaltung und konkreten Lebenshilfe geschaffen werden.

Für die meisten Besucher ist das Haus „die zweite, wenn nicht gar die erste Heimat“, führte Harsch aus. Er registriere, dass unter den acht- bis 21-jährigen Gästen weniger Kinder seien, seitdem die Ganztagsschule mancherorts eingeführt worden sei. „Am Wochenende sind sie dann aber bei den Angeboten in voller Zahl da.“ Bei jährlich insgesamt 3556 Gästen schwanke der Tagesbesuch zwischen zehn und 49, der Durchschnitt liege bei 21.

Das Personal hat es mit den Jugendlichen nicht immer einfach. Harsch berichtete von „emotional aufgeladenen Situationen“, teilweise verbalen Drohungen und Lärm im Haus. „Mitarbeiter müssen immer damit rechnen, dass Videoaufnahmen gemacht und ins Netz gestellt werden“, sagte er. Das sei zwar noch nicht passiert, aber möglich. Auch spiele das Thema „Ehre“ unter männlichen Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund eine Rolle – bis zu Entgegnungen wie „Du hast mir nichts zu sagen, du bist nicht mein Vater.“ Damit müsse man sensibel umgehen.

Die Ursachen solcher Verhaltensweisen lägen in desolaten familiären Situationen. Teilweise kämen Jugendliche ohne Mittagessen ins Magnet. Nach Wochenenden zeigten sich, so Harsch, die Auswirkungen eines extrem hohen PC- und Fernsehkonsums in einer erhöhten Aggressivität. Es kämen auch mehr Besucher aus Förderschulen – die Inklusion erfordere „viel Manpower“. Rund 80 Prozent der Gäste haben einen Migrationshintergrund. Ins Magnet kommen zu einem Drittel Mädchen, zu zwei Drittel Jungen.

Um zu helfen, sei eine „aushaltende Grundeinstellung“ wichtig, erklärte Ulrich Harsch. Im Jugendhaus erhielten die Gäste Schutz vor Gewalt, Abwertung und Respektlosigkeit. Die Magnet-Mitarbeiter bemühten sich, die Beziehungen im Haus positiv und stabil zu gestalten.

Das Personal könne die Arbeit aktuell leisten, sagte Ulrich Harsch auf die Frage von SPD-Rat Guido Seitz, ob mehr Personal erforderlich sei. Derzeit hat der Leiter eine 60-Prozent-Stelle, seine Kollegin Maria Viúdez ist zu 50 Prozent in Murr und Pleidelsheim angestellt. Es engagiere sich zudem mit Katharina Schulz eine Praktikantin im Freiwilligen Sozialen Jahr.

Der Bau des neuen Jugendhauses werde aber zusätzliche Angebote mit sich bringen, was mehr Personal erforderlich machen könnte, meinte Harsch. Auch Bürgermeister Torsten Bartzsch hält das für wahrscheinlich, wie er am Mittwoch unserer Zeitung erklärte. „Der Bericht hat uns gezeigt, dass wir uns mit den Jugendlichen in der offenen Arbeit beschäftigen müssen.“

Positiv äußerte sich auch Rainer Fröbel in der Sitzung am Dienstag: „Die Blitzlichter machen deutlich, was für harte Arbeit da drin steckt.“ Jeder Jugendliche sei aber ein Mitglied der Gesellschaft, das es verdient habe, dass sich um es gekümmert werde. Ein Jugendhaus sei deshalb keine Einrichtung, „um Happy hour“ zu machen. Dass Jugendliche sich manchmal auf ihre Weise äußern, gehöre dazu.

Ob denn alles nur negativ sei, wollte Ellen Mohr-Essig von den Grünen wissen. Dies sei beileibe nicht so, sagte Ulrich Harsch und verwies auf die vielen gelungenen Projekte und darauf, wie gut Jugendliche in Vereinen integriert seien. Er wolle in der Zeitung nicht lesen, dass es im Jugendhaus nur Problemfälle gebe. Das belegten dann auch ermutigende Bilder vom Jahr.