Das Bild zeigt, wie das obere auf das untere Stockwerk aufgesetzt wird.Eine 400 Kilo schwere Traverse unterstützt den Transport per Kran. Foto: KS-Images.de

Ein Unternehmen liefert die mobilen Wohnmodule für Flüchtlinge an der Hindenburgstraße 15 an. Das Land fördert den Erwerb zu 25 Prozent.

Murr - Noch schläft die Baustelle an diesem Dienstagmorgen um 7 Uhr. Vier große Lastwagen stehen auf dem Vorplatz an der Hindenburgstraße 15 in Murr bereit. Unter den roten Planen warten die Baukörper, die der Bauleiter Michael Stebel an diesem Tag mit seinen acht Männern zu einem zweistöckigen Fertighaus zusammensetzen soll. „Wir haben hier in Murr übernachtet“, erzählt Stebel, dessen Firma Variahome aus dem bayerischen Neusäß (bei Augsburg) den Auftrag bekommen hat, in den nächsten Tagen bis zum 4. April drei mobile Fertighäuser zum Stückpreis von 420 000 Euro für die Gemeinde Murr aufzubauen. Den Erwerb fördert das Land Baden-Württemberg zu 25 Prozent.

Die drei Häuser werden Asylbewerbern dienen. Der Murrer Gemeinderat hatte den Beschluss im Dezember 2015 gefasst. „Es handelt sich um eine langfristige Anschlussunterbringung“, erklärte der Bürgermeister Torsten Bartzsch damals. Angesichts knappen Wohnraums böten die Module mit einer Mindesthaltbarkeit von 80  Jahren und je zwei 90 Quadratmeter großen Etagen später auch anderen sozial Schwachen eine Behausung, sollten die Flüchtlingswelle einmal wieder abebben. Weil jedoch besonders größere Flüchtlingsfamilien einen gemeinsamen Wohnraum bräuchten, hat der Gemeinderat inzwischen beschlossen, auch ein viertes Fertighaus in der Steinheimer Straße 29 aufzustellen (wir berichteten).

Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Das bekommt an diesem Morgen um 7 Uhr auch der Bauleiter Michael Stebel zu spüren. „Als ich gestern das Baugelände gesehen habe, dachte ich, mich trifft der Schlag“, sagt der Polier, der mit einem relativ kleinen, noch dazu leicht abschüssigen Gelände fertig werden muss. Dabei sind ihm Probleme auf Baustellen nicht fremd. „Als einer der Lastwagen einmal aufsaß, hat er den Verkehr von ganz Augsburg lahmgelegt“, erzählt er schmunzelnd. Immerhin: Die Sonne geht auf, es verspricht ein sonniger Tag zu werden. „Hauptsache, es ist trocken“, sagt Stebel und erinnert sich an einen Aufbau in Gelsenkirchen vor zwei Wochen, als sein Team pitschenass wurde.

Im Bundesgebiet ist Michael Stebel ziemlich rumgekommen. Allein im vergangenen Jahr hat er 34 Häuser aufgestellt. Produziert werden sie in einer Manufaktur in Wangen im Allgäu. Die Nachfrage war angesichts des Andrangs von Flüchtlingen so hoch, dass die Gemeinde Murr monatelang warten musste. „Inzwischen hat der Andrang nachgelassen“, teilt eine Mitarbeiterin der Firma mit. Die meisten Kommunen hätten ihren Bedarf gedeckt. „Es gibt aber immer wieder Nachzügler, die noch Asylbewerber zugeteilt bekommen.“

Probleme mit Nachbarn soll es in Murr auf dem 2600 Quadratmeter großen Gelände nicht geben. Die Gemeinde reduzierte die Zahl der Flüchtlinge von 100 auf 40, weshalb nur drei statt fünf Fertighäuser in der Hindenburgstraße 15 gebaut werden. So kommen in zwei Häusern je 16 und im Obergeschoss des dritten Moduls acht Menschen unter. Im Erdgeschoss des dritten Hauses entsteht ein Sozialbereich, in dem unter anderem der als sehr engagiert geltende Arbeitskreis Asyl den Bewohnern hilfreiche Begegnungen ermöglicht.

Mit ganz anderen Problemen hat der Bauleiter Michael Stebel zu tun. „Der von uns angemietete Kran muss eine Last von 22 Tonnen bewältigen“, erklärt er. Notfalls müsse man eben hinten noch „Ohrenwatscherln“ als Gegengewicht aufsatteln. Zwar arbeite er regelmäßig mit Kränen, doch hätten die Fertighäuser neue Schwerpunkte und müssten anders aufgehängt werden.

Zwei Stunden später, gegen 9 Uhr, ist Stebel entspannter. Der erste Baukörper mit dem Wohn- und Schlafzimmer sowie der Küche steht schon. Das Team ist bei der Arbeit. „Sobald es einmal läuft, läuft’s“, sagt Stebel und springt schnell auf das Dach des zweiten Stockwerks, wo ein Mitarbeiter alleine überfordert wäre, die mächtige rote Plane hinunterzurollen. „Die Lastwagen müssen um 11 Uhr wieder wegfahren“, erzählt Stebel. Mit dem Platz auf der Baustelle sei man doch ganz gut ausgekommen.

Und auch am Nachmittag hält die gute Laune von Michael Stebel an. „Wir liegen voll im Plan“, berichtet er gegen 15 Uhr. Das Team schließe aktuell die Fassade und richte die Treppe aus. Außerdem setzten seine Männer die Türschwellen. Ein Arbeitstag dauere unterschiedlich lange. „Gestern haben wir bis halb acht gearbeitet, aber es hat auch schon Zeiten gegeben, da haben wir bis gegen zehn Uhr geschafft.“

Die Gemeinde Murr wiederum ist für die Erschließung und die Außenanlagen verantwortlich. Deshalb muss sie auch die Kosten von 700 000 Euro für die Anschlüsse und Außenarbeiten tragen, berichtet der Kämmerer Albrecht Keppler. Ob noch weitere Flüchtlinge nach Murr kommen, hänge auch von den Gesetzen zum Familiennachzug zusammen. „Deshalb ist die Lage im Moment etwas unklar“, erklärt der Beamte auf Nachfrage unserer Zeitung. Es lebten viele junge Männer hier. Man müsse damit rechnen, dass auf jeden von ihnen fünf bis sechs Familienmitglieder kämen.