Foto: Oliver von Schaewen

Peter Ludwig steht vor einer anspruchsvollen Aufgabe: Er baut ein uraltes marodes Gebäude um. Die Zehntscheuer soll in ein bis zwei Jahren fertig sein.

Murr - Als Architekt ist Peter Ludwig schon lange im Geschäft. Er weiß genau, wie er eine Mauer anpacken muss, damit sie umgebaut auch hält. Und er sieht schnell, welches Holz möglicherweise bald vom Schimmelpilz aufgeweicht sein könnte. Während andere bei einem Blick in die Murrer Zehntscheuer gleich davonlaufen würden, wirkt der 57-Jährige entspannt. Und das, obwohl viel Arbeit vor ihm liegt. „Ich mache es gerne und kann hier entspannen“, sagt der Do-it-yourself-Mann, der schon sein eigenes Wohnhaus nebenan, das Murrer Schlössle, 14  Jahre lang nach seinem eigenen Gusto umgebaut hat.

Folgt man dem Bauherrn in sein Reich, schweift der Blick sofort nach oben. Stattliche zwölf Meter sind es bis zum Dachfirst. Eine hölzerne Leiter lädt zum Aufstieg in die obere Etage ein. „Hier war früher das Finanzamt“, erklärt Ludwig schmunzelnd. Die Bauern lieferten den Zehnten ab, wodurch das 1557 errichtete Gebäude seinen Namen erhielt. Im oberen Stockwerk lagerten später nicht mehr Korn, sondern Arbeitsmittel der Weingärtner. „Die Scheune hatte früher mehrere Eigentümer – wir besaßen zwei der vier Viertel“, beschreibt Ludwig die Raumaufteilung. Inzwischen ist ein Teil des Daches beschädigt. Der Architekt überlegte nicht lange, er kaufte das Haus ganz und will es jetzt für seinen Sohn Christian umbauen. Der 30-Jährige soll, wenn alles gut geht, im nächsten Jahr einziehen. Die Bauzeit könnte sich aber auch auf zwei Jahre erstrecken, denkt Ludwig: „Man ist bei solchen Umbauten vor Überraschungen nie sicher.“

Bis dahin liegt aber noch ein weiter und steiniger Weg vor Vater und Sohn. Ein Blick auf das Mauerwerk außen zeigt, wie der Zahn der Zeit gewirkt hat. Tiefe Risse haben dem Muschelkalk und dem Sandstein zugesetzt. „Wir werden eine Wand ganz abbauen und wieder neu aufbauen müssen“, verrät Peter Ludwig, der den historischen Charakter des Gebäudes erhalten, aber auch vor allem mit großen Fensterflächen am Eingang, an der Seite zur Straße und mit einer Galerie in der oberen Etage moderne, lichteinlassende Akzente setzen will. Der Wind werde bestimmt nicht hereinpfeifen, versichert der Architekt auf Nachfrage. Mit einer Fußbodenheizung wolle er das Gebäude warm bekommen. Immerhin ist das Erdgeschoss 3,50 Meter hoch. Insgesamt müssen in beiden Stockwerken 200  Quadratmeter Fläche beheizt werden. Im Erdgeschoss entstehen entlang der markanten Holzträger Wohnzimmer, Esszimmer und Küche, im Obergeschoss neben einer Galerie Schlafzimmer, Bad und zwei Kinderzimmer.

Auch wenn Peter Ludwig über die Kosten seines Projektes schweigt, gibt er zu, dass er trotz Sanierungszuschüsse und steuerlicher Vergünstigungen erheblich tiefer in die Tasche greifen muss als beim Umbau eines normalen Hauses. „Ein Qua-dratmeter zu vermauern, kostet hier ein Drei- bis Vierfaches des Normalen.“ Allein für das Holzgebälk kalkuliert Ludwig mit einem Aufwand von 500 bis 600 Stunden. Ob er damit rechne, unter den Sandsteinblöcken, die als Boden dienen, noch einen Schatz zu finden? „Dann wäre die Finanzierung wohl gleich vom Tisch“, sagt Ludwig und schmunzelt.

Obwohl die Baugenehmigung noch nicht vorliegt, hat der Architekt im Voraus schon viele Dinge geklärt. Mit dem Landesdenkmalamt geht er d’accord, „dass das Gebäude in seinem ursprünglichen Zustand ablesbar bleiben muss“.

Bis zum Winter soll der Rohbau stehen, dann will er sich dem Innern widmen. Die eigentliche Arbeit liegt jetzt vor ihm: Nach dem Errichten des Rohbodens mit Beton und dem Anschluss an die Kanalisation will er das Dach neu ausrichten. „Erst dann kann man die Wände einbauen“, erklärt der Architekt. Stehe der Rohbau, sei das Schwierigste geschafft. Bis dahin wird Peter Ludwig noch so manche freie Stunde in seiner geliebten Zehntscheuer verbringen und dabei sein handwerkliches Geschick erproben.