Bärwurz und Filzhut dienen Autor Oliver Kern als Requisiten. Foto: Werner Kuhnle

Deftig-bayerische Kost hat der Krimi-Autor Oliver Kern seinen Zuhörern in der Murrer Ortsbücherei serviert. Der Schriftsteller las aus seinem Werk „Eiskalter Hund“.

Murr - Der erste Eindruck täuscht: die Ortsbücherei in Murr ist am Montagabend keinesfalls zur Degustationsstation für Hochprozentiges mutiert. Vielmehr gehören Blut- und Bärwurz sowie Bier und Bierdeckel genauso zur Requisite von Krimiautor Oliver Kern, wie sein grüner Filzhut und ein Geweih. Zutaten für die Kriminallesung von „Eiskalter Hund“, ein echter Lesespaß für Bayernfans und pointierten Humor. Im Kontrast dazu die persönliche Erscheinung des Schreibers: hochelegante gelbe Schuhe, die bei näherer Betrachtung weiße Minikaros aufweisen. Dazu noch grellrote Socken, Jeans, weißes Hemd und eine windschlüpfrig gestylte Frisur.

Obendrein gut gelaunt und ein wenig aufgeregt, präsentierte sich Oliver Kern seinem Murrer Auditorium. Er beschrieb zunächst etwas fahrig und mit teils nuschelnder Artikulation, dafür mit dem charakteristisch-rollenden „Rrrr“ der Bayern, den Werdegang zum Krimischreiber, der mit seinen Werken bereits mehrfach auf der Spiegel-Bestseller-Liste gelandet ist.

„Das war für mich der Ritterschlag“, so Kern, dessen Pseudonym für die Lissabon-Krimis, die mittlerweile reißenden Absatz finden, Luis Sellano ist. Doch dann, so teilte der Niederbayer, der „Teilzeit-Portugiese ist“, bei seiner Kurzbiografie mit, wollte er, in einer Art Rückbesinnung auf seine Wurzeln, sich schriftlich in der bayrischen Urheimat austoben. Denn Kern sei anfangs „bei der Oma“ aufgewachsen. „Etwa 20 Kilometer nordöstlich von Passau; dort, wo die Welt zu Ende war und in einer Bauernhofidylle, umgeben von Wald und Natur“.

Und da lässt sich scheinbar unendlich viel Inspiration finden. Denn eines wurde den Zuhörern bei der Lesung rasch klar: Oliver Kerns skurrile Beobachtungen, die schrägen Charaktere und natürlich die bayrisch-deftigen Dialoge speisen sich zu einem Gutteil aus den persönlichen Erfahrungen vor Ort.

Fellinger, sein Protagonist im Krimi „Eiskalter Hund“, ist dabei aber keineswegs Kriminologe. Ganz harmlos weist dieser sich als Lebensmittelkontrolleur aus und blickt als Ich-Erzähler mit bestem trockenen Humor auf das Geschehen. „Ein unbeliebter Beruf“, wie ihn der Krimi kennzeichnet, aber das ideale Sprungbrett für Kern, die Gastro-Szene auf seine ganz eigene Weise unsicher zu machen und geistige Blüten der besonderen Art treiben zu lassen. Die Lesung, ungemein vergnüglich, zeigt sich als köstliche Abendunterhaltung und macht ausnahmslos Spaß. Das liegt nicht nur am Buchinhalt, sondern auch an der Authentizität des Schriftstellers, der den bayrischen Charme nicht nur für seine Literatur nutzt, sondern ihn live auslebt.

Vieles kreist im Roman um „die Paragrafen drei bis acht LMHV“, die Lebensmittelverordnung. Und um eine Hygienemoral, die „am Boden ist“. Gewürzt mit ausdrucksstark gezeichneten Gaststättenbesitzer, denen Kern ein prägendes Profil gibt, das den Genuss beim Lesen ungemein steigert. Und all jenen, die auf Fellingers Sinnierereien und Vorahnungen mit Suchtcharakter reagieren, sei gesagt: Im März kommt schon der zweite Band der Krimireihe auf den Büchertisch.