In der Gemeinde Murr sollen mehr Sozialwohnungen entstehen, damit der Bedarf gedeckt wird. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Für 1,5 Millionen Euro sollen Wohnungen gebaut werden

Murr - Nicht immer werden Projekte schnell weiterverfolgt, die auf den letzten Seiten eines Haushaltsplans stehen. Trotzdem lassen die insgesamt 1,5 Millionen Euro, welche die Gemeinde Murr im Etat für das Schaffen von bezahlbarem Wohnraum in den Jahren 2019 bis 2021 vorgesehen hat, aufmerken. Der Gemeinde ist es offenbar ernst, sozial Schwächere mit einer günstigen Mietunterkunft zu versorgen.

Der Bürgermeister Torsten Bartzsch hat das Problem fokussiert. „Wir nehmen uns auf jeden Fall dieses Themas an“, erklärt er am Donnerstag auf Nachfrage. Bereits der Kauf der vier Wohnmodule für Flüchtlinge in der Hindenburgstraße und der Steinheimer Straße habe zum Ziel gehabt, günstigen Wohnraum anbieten zu können, falls die Flüchtlingswelle abebbe. Die Module sollen 80 Jahre lang halten. Im sozialen Wohnungsbau wolle man aber darüber hinaus tätig werden – wahrscheinlich mit dem 2019 neu gewählten Gemeinderat. Noch fehle eine größere zusammenhängende Fläche in der Ortsmitte, doch könne sich durch Grundstückskäufe schnell Chancen ergeben.

Der soziale Wohnungsbau hat in Murr eine gewisse Tradition, berichtet der Kämmerer Albrecht Keppler. Die Einwanderung von Russlanddeutschen oder der Fall der Mauer 1989 hätten die Gemeinde zum Handeln bewegt. So wurde im Jahr 1995 ein Teil des alten Schulgebäudes in der Zeppelinstraße zu sozialem Wohnraum umgewidmet. Auch heute unterhalte Murr rund 60  Wohnungen mit vergünstigten Mieten von 5,50 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter. Angesichts horrender Mieten, die sich auf dem Markt oft bei 11 Euro pro Quadratmeter bewegten, sehe man sich in der Pflicht.

Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, stellt sich als gesellschaftliche Aufgabe dar, sind sich Torsten Bartzsch und Albrecht Keppler sicher. Ein wesentlicher Faktor ist auch die demografische Entwicklung. Immer mehr Menschen werden älter und verfügen nicht über die Renten, mit denen sie sich teure Wohnungen leisten könnten. „Es wäre gut, wenn wir im Ortskern eine Fläche finden könnten“, sagt der Bürgermeister, der nicht nur an Senioren, sondern auch an junge Familien und Alleinstehende denkt, die vom Mangel an bezahlbaren Zwei- bis Dreizimmerwohnungen betroffen sind. Kürzlich habe auf Antrag der Kreis-SPD eine Info-Veranstaltung stattgefunden, zu der auch Bürgermeister eingeladen waren.

Nachdem die Gemeinde in den vergangenen Jahren besonders an der Hindenburgstraße und im Neubaugebiet Langes Feld viel für den Bau von hochwertigem Wohngebäuden getan hat, bestehe im Niedrigpreis-Segment ein gewisser Nachholbedarf, stellt Rainer Fröbel, Fraktionsvorsitzender der SPD, fest. Noch nicht klar sei, ob die Kommune selbst Geld in die Hand nehmen soll, um zu bauen oder ob sie einen Bauträger beauftragen sollte, um sich vertraglich in dem Gebäude ein Nutzungsrecht zu sichern. Denkbar sei über den Neubau hinaus auch, noch leer stehenden Wohnraum zu aktivieren.

Schon im nächsten Jahr will Eugen Hofmann, Fraktionsvorsitzender der CDU, in die Thematik einsteigen. „Bei uns läuft ja schon viel, was wir nicht so in die Öffentlichkeit tragen“, sagt er und meint damit die Sozialwohnungen, die es bereits gibt. Man müsse die weiteren Entwicklungen auf dem Grundstücksmarkt im Ort abwarten. In einer Klausur könne man sich über Steuerungsmöglichkeiten unterhalten.

Mit im Boot seien auch die Freien Wähler, verspricht deren Fraktionsvorsitzender Gunter Hekel „Wir können uns diesem Thema nicht verschließen.“ Im Ort heiße es, die Gemeinde baue für 1,5 Millionen Euro Flüchtlingsunterkünfte, „aber was tut ihr für unsere sozial Schwächeren, die sich zum Teil ehrenamtlich in den Vereinen miteinbringen?“ Hekel sieht das als Aufgabe für den nächsten Gemeinderat. Auch er ermutigt die Verwaltung, die Augen für ein Grundstück offenzuhalten, das sich mit einem eigenen kombinieren lasse.

Zufrieden mit der Resonanz im Rat ist die Grüne Ellen Mohr-Essig, die im Dezember den Antrag gestellt hatte, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Wir müssen uns um die Grauzone zwischen Kapitalstarken und sozial sehr Schwachen kümmern.“ Die Gemeinde habe die finanziellen Mittel und eine Chance, Geld hier absolut sinnvoll in die Hand zu nehmen.