Ulrich Raisch hat Wasser statt Wein als Mitbringsel gewählt – unter anderem auch wegen der verbundenen Symbolik. Foto: Werner Kuhnle

An der Weinbaugemeinde schätzt Ulrich Raisch vor allem die Gemeinschaft unter den Bürgern.

Nicht nur wegen der Vormittagsstunde hat Ulrich Raisch zum Interviewtermin keinen Wein mitgebracht, sondern eine Flasche Wasser: „Wasser ist eines der vier Elemente“, sagt er. „Das Leben kommt aus dem Wasser, Christen werden im Wasser getauft – das hat also eine tiefe Symbolik.“ Symbolik hat für ihn auch sein Geburtsdatum, der 23. Dezember, weil es so kurz vor Weihnachten liegt und weil Persönlichkeiten wie der verstorbene Altkanzler Helmut Schmidt, Königin Silvia von Schweden und Zar Alexander I. ebenfalls an diesem Tag geboren sind.

Schnell ist der Pädagoge und Erziehungswissenschaftler, der zudem ein paar Semester Geschichte, Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Soziologie studiert hat, bei seinem Thema: der Musik als wichtigem Baustein in der Erziehung des Menschen zu einem sozialen Wesen. „Mit Musik ist eine Kommunikation über Sprache nicht notwendig, man kann Menschen aus anderen Nationalitäten, die die Sprache nicht beherrschen, ebenso erreichen wie Menschen mit einer Behinderung. Musik macht man miteinander, nicht gegeneinander.“ Deshalb ist ihm die Einrichtung eines Musikkindergartens in Mundelsheim auch ein Hauptanliegen.

„Das ist der Nukleus für künftige friedliche, schöpferische Gesellschaften“, ist er überzeugt. Die Familie könne das nicht leisten, gemeinsame Werte könnten nur im Kindergarten vermittelt werden. Und das findet er umso wichtiger, weil er überzeugt ist, dass wir auf eine Krise zusteuern: „Die Herausforderungen an die Gesellschaft wachsen und sind nur in einem großen Akt der Gemeinschaft zu bewältigen.“ Wichtig sei auch, „die natürlichen Lebensgrundlagen, die uns der Schöpfer zur Verfügung gestellt hat“, für künftige Generationen zu bewahren.

An Mundelsheim gefällt ihm außer der einmaligen Lage in der Neckarschleife und dem dort noch gepflegten Kulturgut „Steillagen“, das er als ehemaliger Fellbacher zu schätzen weiß, genau diese Gemeinschaft, wie er sie beispielsweise im Anschluss an ein Konzert von Sing Your Soul erlebt hat, aber auch auf Festen wie der Sichelhenket. Auch das Bürgerbegehren zum Neubaugebiet „Seelhofen“ habe er verfolgt, erzählt er und findet: „Es spricht für sich, dass letzten Endes dem Gemeinderat gefolgt wurde.“ Wichtig sei, dass man trotz abweichender Meinungen gut miteinander arbeite.

Über seine mittlerweile 37. Bürgermeisterkandidatur im Landkreis und die 42. insgesamt sagt er, es bilde sich eine gewisse Routine heraus. Wenn er sich auf eine der ausgeschriebenen Stellen bewerbe, schicke er immer ein Begleitschreiben mit Best-Practice-Beispielen mit. Pflichtlektüre seien für ihn Haushaltsplan und Neubürgerbroschüre. Scheidenden Bürgermeistern stelle er zudem Fragen zur Gemeinde. „Da habe ich viel gelernt“, betont er.

Was reizt ihn am Amt des Bürgermeisters? „Es gibt kein Amt in dieser Demokratie, das eine derartige Machtfülle aufweist“, sagt er und definiert dann „Macht“ näher als „die Möglichkeit, gestalten zu können – vor allem, wenn man sich mit den Gemeinderäten gut versteht.“ Die Bürger wollten auch zu ihrem Rathauschef aufschauen, ist er überzeugt. Da sei man „primus inter pares“, Erster unter Gleichen.