Catherine Kern will den Steillagen-Anbau erhalten. Foto: factum/Granville

Die Grünen-Politikerin Catherine Kern ist als Lehrerin für Business-Englisch bei namhaften Unternehmen ein gern gesehener Gast, weiß sich jedoch auch im Widerstand gegen einen profitorientierten Turbo-Kapitalismus.

Mundelsheim - Mundelsheim - Beeindruckt lässt Catherine Kern ihre Blicke über die Weinberge schweifen. Die Öhringerin besucht Marbach – als Herzensort hat sie sich eine Steillage am Neckar gewünscht. Die Grünen-Bundestagskandidatin zeigt von der Anhöhe des Marbacher Krankenhauses aus auf die Trockenmauern am Benninger Ufer. „Solche Lagen sind wunderschön“, schwärmt sie, um gleich darauf umso realistischer einzuwenden: „Aber sie sind gefährdet, weil sie nicht gewinnbringend sind.“ Darin sieht die 55-Jährige ein Abbild unserer Gesellschaft. Es gehe darum, dem Turbo-Kapitalismus die Stirn zu bieten. „Nicht nur das, was Knete bringt, sollte erhalten werden“, empfiehlt sie und weist auf Werte wie Gerechtigkeit und Umweltschutz hin, die im Wahlprogramm ihrer Partei einen besonders hohen Stellenwert genießen.

Die Gesellschaftskritik ist der gebürtigen Britin praktisch in die Wiege gelegt worden. „Ich bin ein Kind der working class“, erzählt die 55-Jährige. Hässliche Industriebauten an der Mündung der Mersey bei Liverpool gruben sich tief in die Erinnerung der Politikerin ein, die 1980 zum ersten Mal nach Deutschland kam. Sie wurde in der Nähe von Reutlingen heimisch und hat die Landschaft am Neckar fast ebenso lieb gewonnen wie ihren deutschen Mann, den sie heiratete und mit dem sie inzwischen drei erwachsene Kinder hat. „Ich bin eine deutsche Britin“, sagt sie auf die Frage, ob sie sich als Engländerin oder Deutsche fühle. Den Zusammenhalt Europas wolle sie fördern – dazu sei wichtig, dass arme Länder wie Griechenland eine Chance bekommen, ihren Haushalt zu konsolidieren.

Politisch geworden sei sie in der Zeit des Thatcherismus. „Großbritannien ist ein Land der Banken und Versicherungen geworden“, sagt sie. Die harte Hand der damaligen Regierungschefin ließ die Schere zwischen Arm und Reich auseinandergehen. Die Studentin der Betriebswirtschaft rieb sich am neo-liberalen Kurs der Torys, und das bis heute. Dabei ist die Grünen-Politikerin in großen Wirtschaftsunternehmen wie Bosch und Mahle ein gern gesehener Gast, bereitet sie als Lehrerin für Business-Englisch doch deren Mitarbeiter auf Gespräche mit ausländischen Geschäftspartnern vor. Dass die Autoindustrie die Verbraucher getäuscht hat und deshalb in der Pflicht steht, die Kosten für eine Nachrüstung zu übernehmen, steht für Catherine Kern außer Frage. „Wir brauchen das Sammelklage-Recht“, sagt sie und plädiert dafür, neue Konzepte für die Mobilität zu entwickeln. „Es ist ein Prozess“, sagt sie und hält eine Mischung aus E-Mobilität, mehr ÖPNV, Carsharing, Rad- und Fußverkehr für das richtige Rezept.

Bodenständig und dennoch einer konsequenten Linie folgend, so hätte Catherine Kern vor zwei Jahren bei der Landtagswahl fast den Wahlkreis Hohenlohe für sich entschieden. „Am Ende fehlten nur 0,9  Prozent zum CDU-Kandidaten“, blickt sie zurück und verweist nicht ohne Stolz auf den Anstieg von 19 auf 27,1 Prozent der Stimmen. „Ich bin dort sehr bekannt“, sagt die Öhringer Stadträtin. Diesen Vorteil werde sie im neuen Wahlkreis Neckar-Zaber nicht haben, wo ihr Vorgänger, der Marbacher Andreas Roll, es vor vier Jahren bei einem Bundesdurchschnitt von 8,6 Prozent immerhin auf 10,1 Prozent brachte. „Ein gutes Ergebnis“, findet Kern und erinnert an Handicaps wie Pädophilie-Vorwürfe und das „Veggieday-Desaster“, die Stimmen gekostet hätten. Sie selbst gibt sich im Rennen um den Bundestags-Wahlkreis „sportliche“ Chancen.